Wir haben für uns beschlossen nicht die Werkzeuge von Tätern zu gebrauchen, wenn wir mit anderen oder innerhalb des Systems reden. Das bedeutet, dass wir keine Bestrafung als Beziehungswerkzeug verwenden. Es bedeutet auch, dass wir uns Mühe geben offen zu kommunizieren ohne Manipulation oder Triangulation. Diese Werkzeuge waren vielleicht einmal wichtig, als wir in einer missbräuchlichen Situation gefangen waren, heute aber beschädigen sie unsere Beziehungen. Sie sind Werkzeuge machtloser Menschen.
Welches Werkzeug benutzt dann eine machtvolle Person?
Wir haben beschlossen mit gewaltfreier Kommunkation zu arbeiten, wie sie von Marshall Rosenberg gelehrt hat.
Wut scheint von Natur aus die gewalttätigste Emotion. Lasst uns also anschauen, wie wir sie in etwas Gewaltfreies verwandeln können, was unsere Beziehungen vertieft statt sie zu zerstören.
Bevor wir mit Wut umgehen, sollten wir sicher gehen, dass wir nicht nur in einer Fight-Reaktion sind. Wenn wir uns beruhigt haben und immer noch Wut fühlen, können wir mit folgenden Schritten weiter machen:
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Auslöser und Quelle
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Verurteilen stoppen
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Bedürfnisse und Gefühle
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Ausdruck
Ich werde das genauer erklären.
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Andere Menschen können dich nicht kontrollieren. Sie können dich nicht wütend “machen”. Sie sind nicht die Quelle deiner Wut, sondern ihr Auslöser. Die Wut kommt von dir innen drin. Ich finde das ist eine gute Nachricht. Wenn andere meine Wut kontrollieren könnten, würde sich das sehr machtlos anfühlen. Wenn die Quelle in mir selbst liegt, bedeutet das, dass ich sie managen kann. Wenn wir verstehen, dass die andere Person etwas getan hat, was Wut in uns getriggert hat, kann die ganze Situation zu einer Quelle von Information für uns werden, während wir unsere Emotion regulieren. Sich dessen bewusst zu werden, bedeutet die Wut von der Person zu trennen und wieder in Kontakt mit uns selbst zu kommen. Wut hat die Tendenz uns die Verbindung verlieren zu lassen zu unseren Gedanken, Bedürfnissen und Gefühlen, die gleichzeitig stattfinden. Aber wenn wir es genau betrachten, sind es genau diese Dinge, die uns zu einer gewaltfreien Interaktion mit anderen führen.
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Zuerst müssen wir uns unsere Gedanken anschauen
Verurteile dich nicht dafür wütend zu sein. Wut ist nichts Schlechtes, es ist normal wütend zu sein. Du darfst auch solche Emotionen fühlen. Wut kann dir tieferes Verständnis von dir selbst geben.
Als nächstes höre auf die Person, auf die du wütend bist, zu verurteilen.
Gewaltfreie Kommunikation geht davon aus, dass Wut ein Produkt unseres Denkens ist, genauer gesagt unserer Bewertung von anderen. Jede Situation kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Vor kurzem saß ich mit einer Freundin im Auto, als ein anderer Fahrer sich ungewöhnlich verhielt. Wir reagierten beide gleichzeitig: sie war verstört, ich habe laut aufgelacht. Die Situation war die gleiche, aber unsere Interpretation war unterschiedlich. Wenn wir die andere Person verurteilen als schlecht, unmoralisch oder entgegen unserer Wertevorstellungen erschaffen wir Wut in uns, die wir ohne unsere Bewertung nicht hätten.
Wenn du deinen Gedanken identifizieren möchtest, versuche folgenden Satz zu vervollständigen: “Ich sage mir selbst, dass _______” Der erste Schritt mit Wut umzugehen, ist aufzuhören sie mit Bewertungen zu füttern und uns dem Gedanken zu öffnen, dass es mehr Erklärungen für Verhalten gibt, als das, was wir gerade gedacht haben. Dann können wir von der anderen Person weg schauen und uns statt dessen uns selbst zuwenden.
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Wieder mit uns selbst in Kontakt zu kommen bedeutet, sich der eigenen unbefriedigten Bedürfnisse bewusst zu werden. (Dein Bedürfnis ist NICHT, dass die andere Person sich anders verhalten hätte. Du kannst andere nicht kontrollieren). Dein Bedürfnis gehört zu dir, also solltest du bei dir selbst schauen um es zu finden. Lass alle Gedanken an andere für einen Moment los. Was ist es, was DU gerade brauchst?
Das kann eine schwierige Frage sein, wenn man nicht mit sich selbst in Kontakt ist. Hier ist eine Liste möglicher Bedürfnisse als Ideenstütze
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Sicherheit
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Annahme
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Verbindung
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Anerkennung
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Bedeutsamkeit
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Aufmerksamkeit
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Empathie
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Respekt
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Unterstützung
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Vertrauen
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Verständnis
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Zugehörigkeit
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Struktur
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Integrität
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Würde
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Grenzen
- Beitragen
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Wenn du in Kontakt kommst mit deinen unbefriedigten Bedürfnissen, wirst du auch beginnen andere Gefühle wahrzunehmen, als nur Wut. Hinter der verstecken sich immer noch andere Gefühle. Plötzlich bist du vielleicht mit Traurigkeit, Enttäuschung, Angst, Hilflosigkeit oder Verwirrung konfrontiert. Zur Erinnerung, wenn man das “ich fühle” mit einem “ich denke” ersetzen kann, ist es kein Gefühl, es ist vielleicht nur wieder eine Bewertung, ein Gedanke. Sich abgelehnt, missverstanden oder nicht respektiert “fühlen”, ist auch kein Gefühl, sondern eine Annahme darüber, was im Anderen vor sich geht. Hilfe um Gefühle zu identifizieren. Wir brauchen das tatsächliche Gefühl zusammen mit dem Bedürfnis, um mit dem nächsten Schritt weiter machen zu können.
Bitte pass auf, dass aktuelle Bedürfnis zu finden, nicht ein vergangenes. Mit PTBS/DIS stolpern wir manchmal über “alte” Bedürfnisse, die in der Vergangenheit nicht befriedigt wurden. Du kannst die Zeit nicht zurück drehen. Alte Bedürfnisse können heute so nicht befriedigt werden. Sie können aber betrauert werden. Wenn du alte Bedürfnisse in einen aktuellen Konflikt rein trägst, werden alle nur verwirrt sein. Das kann in dieser Interaktion nicht gelöst werden.
- Sich auf gewaltfreie Art auszudrücken braucht Übung und Mut. Statt zu versuchen den anderen zu kontrollieren oder zu bestrafen, werden wir in einer verletzlichen Art unsere Gefühle und Bedürfnisse kommunizieren. Dafür werden wir “Ich-Botschaften” verwenden. Eine Ich-Botschaft besteht aus verschiedenen Bausteinen.“Ich fühle” ________ (füge die Gefühle ein, die du identifiziert hast)“Wenn ich” ________ (Füge ein, wie du die Situation erlebt hast. Das “Ich” nach dem “Wenn” ist entscheidend. Du erklärst anderen nicht, was “sie” falsch gemacht haben, du erzählst ihnen von DIR)
“und ich brauche” ______ (füge dein Bedürfnis ein. Dein Bedürfnis ist nicht, dass sie sich auf eine bestimmte Weise verhalten, es ist in dir selbst.)
“Könntest du dir verstellen” _______ (füge deinen Wunsch ein. Dieser letzte Schritt ist optional. Wenn du mit einem Freund redest, der mehr als bereit ist, auf deine Bedürfnisse einzugehen und du vertraust ihm, kannst du es ihm überlassen, wie er dem Bedürfnis begegnet. Du könntest überrascht sein. Oft finden andere viel bessere Wege dem Bedürfnis zu begegnen, als worum wir gebeten hätten.)
Nimm dir Zeit um so klar zu kommunizieren wie du kannst. Es ist ok Leuten zu sagen, dass du eine kurze Pause brauchst. Sachen aufschreiben hilft, wenn man gerade erst beginnt mit diesem Werkzeug zu arbeiten. Es ist in Ordnung eine Situation zu verlassen um sich zu beruhigen und später zum Thema zurück zu kommen.
All das hier geht nicht um richtig oder falsch oder darum einen Streit zu gewinnen. Es geht darum Mensch zu sein im Kontakt mit einem anderen menschlichen Wesen. Der Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse war nicht der Baum des Lebens.
Wir du sehen kannst sind wir vom Ausdruck von Wut zu einem Ausdruck von Bedürfnissen gekommen. Das ist eine erfolgreichere Strategie um Bedürfnisse tatsächlich befriedigt zu bekommen. Der Ausdruck von Wut führt dazu, dass die andere Person versucht sich zu schützen, vielleicht zurück angreift oder sich unterwirft. Wenn Bedürfnisse nur mit widerstreben oder weil wir es erzwingen befriedigt werden, ist das nicht wirklich befriedigend. Tief in uns wissen wir, dass dieses Machtspiel auf beiden Seiten kein ehrlicher Ausdruck unseres Selbst ist und was wir bekommen weder Liebe noch Verbindung ist. Besonders mit einem Trauma-Hintergrund, wo Verbindung Heilung bedeutet, ist es wichtig zu lernen uns selbst auf eine gewaltfreie Art auszudrücken.
Mehr zu dem Thema in Was deine Wut dir sagen will und Gewaltfreie Kommunikation von Marshall Rosenberg.
Wie man Wut nutzen kann
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