Dissos früh entdecken, wenn man keine Gefühle hat

Um Dissos rechtzeitig entgegen wirken zu können, muss man sie auch früh genug erkennen können. Eben bevor man ganz weg und handlungsunfähig ist.

Das kann man lernen. Vor allem, indem man auf die eigenen Gefühle achtet und im Stresstoleranz-Fenster bleibt.

Was aber, wenn man seine Gefühle nicht wahrnimmt? Wie soll man denn dann rausfinden, wo man gerade steht und ob man eine Intervention bräuchte?

Keine Sorge. Auch wenn man die Gefühle und den Stresslevel nicht wahrnimmt, sind sie da, medizinisch messbar, weil der Körper auch darauf reagiert, wenn wir es nicht spüren.

Wir können uns also im Körper auf die Suche begeben und eine Sensibilität für körperliche Früherkennung von Dissos entwickeln.

Da lohnt es sich, einige Zeit zu investieren um sich selbst gut kennen zu lernen.

Ich benutze dafür eine Liste, auf der alle möglichen Körperteile aufgelistet sind (kann auch ergänzt werden). In bestimmten zeitlichen Abständen checke ich kurz mit mir, wie es gerade aussieht, gehe die Liste durch und vermerke ob ich die Körperteile jeweils spüren kann, wie intensiv meine Wahrnehmung ist und ob es irgendetwas Besonderes gibt, wie Kribbeln, Kälte, Enge usw.

Das mache ich immer wieder über den Tag verteilt, sodass auch eine Entwicklung sichtbar werden kann. Es hilft, sich die Uhrzeiten, aber auch die letzten Begebenheiten dazu zu schreiben. So lässt es sich leichter erkennen, was vielleicht vorher schon Anzeichen waren, auf die man hätte reagieren können. Das Protokoll ist erst mal nicht dafür da schnelle Ergebnisse zu bringen und Dissos sofort aufzuhalten, sondern mehr dafür, sich in allen Lagen kennen zu lernen und einen achtsamen Umgang mit dem Körper einzuüben.

So kann so ein Protokoll vielleicht aussehen:

Wenn man das Protokoll beendet hat, kann man sich einen groben Überblick über die Werte verschaffen. Extreme interessieren besonders. Dabei ist darauf zu achten, dass manche Werte trügen können. In diesem Beispiel habe ich nach dem Trigger das Gefühl den Beckenbereich besonders stark wahrzunehmen, weil ich einen Körperflashback habe. Was ich da fühle ist aber nicht „hier und jetzt“ sondert „dort und damals“, da bin ich schon nicht mehr ganz präsent.

Mein allererstes Zeichen, dass ich anfange zu dissoziieren, sind kalte Hände. Das ist ein sehr sehr frühes Warnzeichen bei mir und eines, auf das ich noch nicht reagiere. Zum einen bin ich eine Frau und habe ständig kalte Hände, zum anderen liegt das noch innerhalb meines Stresstoleranz- Fensters.

Das erste Anzeichen, auf das ich aktiv mit Skills reagiere, ist, wenn mit meiner Sicht oder den Beinen etwas nicht stimmt oder ich Druck an Hals und Brustkorb spüre (Angstreaktion). Solche Frühwarnsignale sind bei jedem unterschiedlich und können bei dir was ganz anderes sein.

Achtung, eine kleine Warnung: ein body scan, und das ist es was ich mit so einer Tabelle an sich mache, kann sich sehr unangenehm anfühlen. Manche Menschen spüren Angst, Schmerzen oder andere unangenehme Dinge, wenn sie versuchen bestimmte Körperregionen wahrzunehmen. Da ist ein achtsamer Umgang wichtig: wahrnehmen, nicht bewerten, und einfach weiter gehen mit der Aufmerksamkeit. Nicht stehen bleiben und nicht reinsteigern. Aber auch nicht ganz vermeiden, wenn das möglich ist. Es ist hier und heute und da passiert nichts Schlimmes, nur weil man da mal kurz hinschaut. Trotzdem bitte vorsichtig sein.

Es ist gar nicht so selten, dass man seinen Körper auch nicht gut spürt. Wir spüren zB Oberarme und Oberschenkel fast nie richtig. Nicht bewerten, einfach dokumentieren. Was man tun kann um die Körperwahrnehmung zu verbessern, dazu gibt es hier bald mehr zu lesen.