Wir haben uns schon ganz grundlegende Atemübungen angeschaut. Lasst uns jetzt ein bisschen weiter gehen.
„Köllnisch Wasser“-Atmen (4711)
Vielleicht musst du gleich zu einem schwierigen Treffen oder hast nur 2 Minuten Zeit, um dich zu entspannen. Atme ein, während du bis 4 zählst, dann atme langsam aus und zähle dabei auf 7. Wiederhole das 11 mal. Danach solltest du dich schon etwas ruhiger fühlen. Man merkt sich das leicht 4-7-11, wenn man einfach an Köllnisch Wasser denkt.
Zelten
Wenn wir angespannt sind, heben wir unsere Schultern und bilden damit eine waagrechte Linie, wie eine Mauer. Das sendet unserem Körper ein Stresssignal zurück und wir werden noch angespannter. Du kannst dir angewöhnen, deine Schultern fallen zu lassen, sodass sie statt dessen die Form eines Zeltes einnehmen. Jedes mal, wenn du ausatmest, lässt du die Schultern noch ein bisschen tiefer fallen. Das kannst du üben, während du läufst oder sitzt oder wartest. Mit der Zeit wird das natürlicher und hilft dabei, nicht so schnell gestresst zu werden.
Farben atmen
Überlege dir, wie du dich gerne fühlen würdest und welche Farbe dieses Gefühl wohl hätte. Dann kannst du dir vorstellen, dass du dich, indem du einatmest, selbst mit dieser Farbe füllen kannst. Wenn du willst, kannst du dir auch überlegen, was du gerne los lassen möchtest, dem eine Farbe geben, und es ausatmen. Das kannst du auch mit einer Lichtübung verbinden.
Wenn Farben triggern, kannst du auch Formen verwenden und zB Kreise einatmen oder Quadrate ausatmen.
Wenn das immer noch triggert, kannst du dir auch eine Szene oder ein Bild vorstellen, was dir gefällt und die Atmosphäre aus dem Bild einatmen und dich mit guten vibes füllen lassen.
Du kannst auch Schmerz ausatmen. Lass ihn immer ein kleines bisschen los, wenn du ausatmest.
Feder Atmen
Auf den Körper gerichtete Achtsamkeit während einer Atemübung ist vielleicht noch zu schwer und verursacht so viel Unwohlsein, dass es gar nicht beruhigt. Dann kannst du deine Vorstellungskraft benutzen, um dich beim Atmen zu unterstützen. Stell dir vor, du hältst beide Hände vor dich, die Handflächen nach oben, und da liegt eine leichte, weiße Feder auf einer Hand. Wenn du einatmest erhebt sie sich langsam in die Luft und während du ausatmest schwebt sie hinüber in die andere Hand. Lass die Feder für einige Minuten sanft hin und her schweben.
Wenn du Federn nicht magst, kannst du auch einen Schmetterling oder so etwas nehmen und wenn du dir nicht gerne deine Hände vorstellst, kannst du dabei innerlich auch einfach auf eine Landschaft schauen. Verändere solche inneren Bilder immer so, dass es gut für dich ist.
Wenn ihr Viele seid, möchte ich euch ermutigen, zusammen eine Atemübung zu machen. Jeder Anteil von euch, der gerne mitmachen möchte, kann achtsam aufmerksam sein für jeweils einen anderen Aspekt eures Atems. Einer kann vielleicht bemerken, wie sich der Bauch bewegt, eine andere beobachtet wie der Brustkorb sich hebt. Wenn jemand etwas Angst hat vor der Körpermitte, können die vielleicht prüfen, ob die Schultern sich bewegen oder wie sich die Luft anfühlt, wenn sie in die Nase eingesaugt wird. Die Anteile, die gar nicht auf den Körper achten wollen, können die Aufgabe übernehmen laut mitzudenken „einatmen – ausatmen“, im Rhythmus der Übung, oder mitzählen oder ein inneres Bild benutzen wie das der Feder oder eines Luftballons, der voll wird und wieder leer, im selben Rhythmus wie ihr atmet. Ziel ist es, dass jeder irgendwie bei der Übung mitmacht, so wie es eben geht.
Das ist am Anfang vielleicht etwas mühsam, wird aber leichter.
Dann könntet ihr anfangen eure Wahrnehmung miteinander zu teilen, wie ein Puzzle, indem ihr die Teile zusammenfügt, von Bauch, Brustkorb, Schultern, Nase usw… zu einer großen, integrierten Wahrnehmung von eurem Atmen und Denken.
Diese Übung ist nicht nur beruhigend und erfrischend, sie verbessert auch Co-Bewusstsein und hilft uns, unser Leben vollständiger zu erleben. Das sieht nur wie ein kleines Werkzeug aus, ist jedoch sehr durchschlagend im Erfolg.
Nebelhorn
Jetzt nehmen wir Geräusche zur Atmenübung dazu. Stell dir vor, du bist ein großes, altes Nebelhorn, das durch die weißen Wolken von Dissoziation hindurch tönen kann und zu einer sicheren Fahrt verhilft, in den Hafen der Realität und der Heimat. Ohne irgendetwas zu erzwingen, atme ein und dann langsam aus, während du das Nebelhorn erklingen lässt, mit einem langgezogenen „Wuuuuuu“. Das erzeugt ein tiefes Geräusch, was vielleicht etwas im Kehlkopf kribbelt und manchmal sogar bis in den Bauch runter. Lass es natürlich verklingen, wie dir die Luft dazu ausgeht. Der Körper macht normalerweise eine kleine Pause zwischen dem Ausatmen und dem wieder Einatmen und du kannst einfach erlauben, dass das passiert, ohne jeden Druck dabei. Wiederhole das, bis du dich besser fühlst.
Das klingt vielleicht etwas lächerlich und ist bei Innenkindern hoch beliebt, ist aber auch erstaunlich wissenschaftlich. Dabei wird den ventrale Vagus (alias ‘Bob’) aktiviert, der uns hilft, aus einer körperlichen Stressreaktion heraus zu kommen und uns zu beruhigen. Mehr dazu in der Polyvagal Theorie. Auch wenn ich nicht immer Atemübungen als erstes Mittel bei leichter Dissoziation empfehlen würde, diese empfehle ich gerade da.
Ich hoffe ihr habt wieder etwas Neues gefunden. Vergesst nicht zu atmen, das ist ganz schön wichtig.
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