Die Blätter im Fluss ist eine ACT Übung, die das Konzept von achtsamer Beobachtung mit Imagination verbindet. Der Grundgedanke ist der, zu lernen, etwas los zu lassen zB deine Gedanken.
[ACT kann eine wertvolle Ergänzung zu deiner Traumatherapie darstellen, besonders, wenn du auch mit anderen chronischen Problemen zu kämpfen hast. Sie ist aber für sich genommen wahrscheinlich kein ausreichender Ersatz für richtige Traumatherapie.]
Wenn du bereit bist zu üben etwas los zu lassen, könntest du jetzt eine angenehme Sitzposition einnehmen, in der du dich sicher und gut gestützt fühlst, aber auch wach und aufmerksam. Du könntest die Augen schließen oder deinen Blick weich werden lassen, während du dir Zeit nimmst für einige tiefe Atemzüge.
Dann kannst du vor deinem innere Auge eine Landschaft entstehen lassen und feststellen, dass es ganz in der Nähe einen Fluss gibt. Vielleicht ist er breit und langsam, eine Masse von Wasser, die sich vor dir vorbei schiebt. Oder aber lebendig oder schmal oder grünlich oder es gibt da große Steine im Wasser. Was immer dir in den Sinn kommt ist völlig in Ordnung.
Du kannst einen kleinen Spaziergang am Ufer entlang machen bis du den Ort findet, an dem du dich eine Weile niederlassen möchtest. Vielleicht gibt es da etwas Besonderes, wie eine Bank oder einen großen Stein, auf dem man sitzen kann, vielleicht führen Treppenstufen zum Wasser hinunter oder auch etwas völlig anderes, was dir sagt, dass hier der richtige Ort für dich ist.
Nimm dir Zeit den Fluss zu betrachten wie er an dir vorbei fließt und dem Geräusch von bewegtem Wasser zu lauschen. Dann fällt dir vielleicht irgendwann auf, dass immer mal wieder Blätter von einem Baum fallen und auf dem Wasser schwimmen. Sie werden getragen, vorbei an der Stelle, an der du sitzt, weiter fort, bis du sie aus dem Blick verlierst, der Fluss trägt sie weiter. Und dann treibt das nächste Blatt an dir vorbei. Du kannst ihm mit deinem Blick folgen, bis du es nicht mehr erkennen kannst. Nimm dir Zeit den Blättern zuzuschauen, wie sie vorbei treiben und außer Sichtweite.
Und wenn du möchtest kannst du einen Gedanken finden, den du gerade im Kopf hast und ihn an das nächste Blatt binden, was vorbei kommt. Vielleicht ist da ein Wort oder ein Satz, den du dir auf das Blatt geschrieben vorstellen kannst, vielleicht steckst du es dort fest oder schreibst es auf einen Post-it und klebst den auf das Blatt oder vielleicht auch etwas völlig anderes, was immer dir in den Sinn kommt und passend erscheint. Wenn dein Gedanke mit dem Blatt verbunden ist, kannst du ihm zuschauen, wie es weiter den Fluss hinunter treibt, weiter und weiter weg, bis du es nicht mehr erkennen kannst.
Bemerke dann den nächsten Gedanken, der dir in den Sinn kommt, befestige ihn an einem Blatt, lass es fort treiben. Und vielleicht sind da mehr als ein Gedanke gleichzeitig oder sie kommen sehr schnell hintereinander. Dann bringt der Fluss dir 2 oder 3 oder mehr Blätter, an die du deine Gedanken kleben kannst, sodass du ihnen zuschauen kannst, wie sie an dir vorbei schwimmen. Schau ihnen einfach zu, wie sie fort getragen werden und befestige jeden neuen Gedanken an einem neuen Blatt.
Und vielleicht fühlt sich dein Kopf auch leer an und da sind gar keine Gedanken und das ist auch völlig in Ordnung. Du brauchst gar nichts tun, schau einfach dem Fluss zu, wie er vorbei fließt und atme. Wenn ein Gedanke auftauchen sollte, sodass du ihn an ein Blatt kleben kannst, ist das gut und wenn nicht, dann ist das auch gut.
Nimm einfach geduldig deine Gedanken, verbinde sie mit Blättern, und lass sie los. Wenn der selbe Gedanke mehrmals auftauchen sollte, ist das gar kein Problem, nimm ihn einfach, verbinde ihn mit einem weiteren Blatt und lass es dann weiter treiben, wie alle anderen Blätter auch.
Und wenn du für heute genug von dieser Übung hast, kannst du dich vielleicht bei deinem Fluss dafür bedanken, dass er da war, um alle Blätter weg zu tragen und dich von deiner Landschaft verabschieden. Du kannst jederzeit wieder hier hin kommen, wenn du üben möchtest, etwas los zu lassen.
Nimm dir dann einen Moment, um wieder den Raum um dich herum zu spüren und wie sich dein Körper im Raum anfühlt, öffne deine Augen, wenn das nicht schon geschehen ist und verändere deine Haltung ein wenig, vielleicht mit einem Strecken. Und vielleicht kannst du dich bei dir bedanken dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, heute loslassen zu üben.
Audio weibliche Stimme
Ich betone das mit dem Üben so, weil das hier keine einfache Übung ist. Sie braucht viel Konzentration und ist nicht entspannend oder erfrischend wie andere Imaginationsübungen wie zB der Innere Garten oder das Bad im Wasser. Das hier ist richtig Arbeit.
Also warum sollte man sich die Mühe machen? Weil es dabei hilft los zu lassen. Das kann dir helfen aus Grübeln und Gedankenkreisen auszusteigen. Es kann dir helfen, dich nicht vor Sorge krank zu machen wegen einem bestimmten Thema. Es kann dich unterstützen, wenn es wirklich hart kommt und du eine Zeit lang sehr dunkle Gedanken denkst. Sie können den Fluss hinunter fließen und du musst nicht danach handeln.
Aber damit das hier ein Werkzeug wird, was du auch in ganz dunklen Zeiten verwenden kannst, musst du es üben, damit dein Verstand schon gewöhnt ist an die innere Bewegung des Gedanken loslassens. Das ist eine unschätzbar wertvolle Übung, wenn das mit dem Tresor aus irgendeinem Grund nicht klappt, aber damit es funktioniert, musst du es vorher einüben.
Antje says
Vielen Dank für diese schöne Imagination und das Einsprechen! Ich liebe diese Übung sehr.