Me, Not-Me, and We: A lived experience workbook for phased recovery from complex and relational trauma with dissociative identity response by Emma Sunshaw
Geschrieben von: Einem Mitglied der ISSTD, deren DIS erst später im Leben sichtbar wurde.
Geschrieben für: Menschen mit DIS, insbesondere solche, die noch ganz am Anfang sind
Besonderer Fokus: Grundlagen und Übungen für die Stabilisierungsphase
Was es nicht ist:
- ein ausführliches/tiefgehendes Arbeitsbuch
- voll von persönlichen Geschichten
- für Menschen, die Grundlagen schon kennen/können
- so dick wie es aussieht
- für Menschen mit schweren Symptomen
- über programmierte DIS
Sprache: Die Sätze sind kurz mit sehr einfachen Worten. Manchmal fühlt es sich an, als würde sie mit Kindern reden, was helfen könnte, weil jüngere Anteile sich mit eingeschlossen fühlen. Andere Anteile könnten sich bevormundet fühlen. Das Buch ist gerade erst erschienen und nicht übersetzt. Mit Grundkenntnissen in Englisch sollte man es aber verstehen können.
Zum Buch: Es sieht aus wie ein 450 Seiten Buch (und kostet so viel wie eins) aber die Schriftgröße ist wirklich groß und alles hat doppelten Zeilenabstand. Zitate aus dem Text sind riesig groß gedruckt wiederholt und viele Seiten sind einfach leer. Was auf den ersten Blick dicker aussieht als ‘Trauma-bedingte Dissoziation bewältigen’ ist vom Inhalt her viel viel weniger. Man hätte das auch auf 200 Seiten drucken können. Das ganze Buch ist in einer Schriftart, die wie Handschrift aussehen soll, was es schwer zu lesen macht.
Überblick
Das Buch erklärt Bindungstrauma und die Auswirkungen von Bindungsbrüchen und wie man sich in den USA Hilfe holen kann. Es spricht Grundlagen wie Sicherheit, Grounding, Bewältigungsstrategien, Selbstfürsorge und Helferbeziehungen an. Grundlagen Übungen wie der Sichere Ort und Containment werden vorgestellt. Es gibt Ideen zum Tagebuch schreiben, innere Landkarte erstellen, Team Treffen und wie man innere Kommunikation starten könnte. Persönliche Grenzen und Beziehungen online und offline werden erklärt. Trauer ist als Bestandteil des Heilungsprozesses mit eingeschlossen.
Am Ende jedes Kapitels stehen praktische Übungen aus 4 Kategorien: Reflektieren, achtsame Bewegung, kreativ und Beziehungsarbeit. Diese Übungen beziehen sich spezifisch auf dieses Buch und die meisten davon finden sich eher nicht in anderen Büchern.
Nach dem Lesen:
Als erstes sind mir die wirklich guten Content Notes zu Beginn jedes Kapitels aufgefallen. Sie fassen den Inhalt kurz zusammen und bereiten gut darauf vor, was man gleich lesen wird. Der Text ist so frei von Triggern, wie das nur menschlich möglich ist.
Das beste an diesem Buch sind die Metaphern. Fast jedes Kapitel beinhaltet ein Bild oder eine kleine Geschichte, die die Situation erklärt und diese Metaphern helfen sehr zu verstehen, was passiert und wie man die eigene Erfahrung verständlich machen kann. Alleine für die Metaphern würde es sich lohnen, das Buch zu lesen.
Ich würde es nicht wegen der Grundlagen Übungen kaufen, weil die sehr kurz und knapp gehalten sind. Den Übungen am Ende der Kapitel kann man leichter folgen. Mir ist aufgefallen, dass wirklich sehr oft vorgeschlagen wird zu tanzen. Die allgemeinen Vibes kann ich nur als ‘girly’ und ‘sweet’ beschreiben und wer sich nicht als sehr feminin identifiziert, könnte ein bisschen abgeschreckt sein.
Mich als Anteil hat die Sprache gestört, weil ich mich wie ein Kleinkind behandelt gefühlt habe oder so als würde die Autorin nicht an meine Fähigkeiten glauben oder mich vor zu schwierigen Erfahrungen beschützen müssen. Unsere andere Host hat in den selben Worte mehr Sanftheit und Fürsorge gelesen. Es wird wohl vom persönlichen Stil abhängen, ob ihr das mögt oder nicht.
Die Schriftart und der Zeilenabstand sind mutwillig so und das ist auch erklärt. Das soll helfen, dass man nicht zu schnell liest. Ich will das nicht zu sehr kritisieren, weil es genau das macht und zwar effektiv. Nach jedem zweiten Kapitel gibt es zusätzlich eine kleine Übung oder ein Bild zum ausmalen und auch das hilft auf sehr schlaue Art mit dem Pacing. Man sollte es nur einfach wissen, weil man sonst frustriert ist.
Aus einem mir nicht ersichtlichen Grund sind manche Inhalte in den Anhang verschoben worden. Die Listen von Grounding Skills oder anderen Ratschlägen sind so enttäuschend kurz, dass die auch im Kapitel nicht gestört hätten.
In diesem Buch werden ‘Plural’ Ressourcen empfohlen. Ich möchte euch dringend davon abraten. Die Vermischung mit Menschen die auch Viele sein wollen aber ohne eine DIS zu haben bringt meist nur Frust und Verwirrung. Ich hab mit der Autorin selbst drüber geschrieben und sie hat ihre Meinung inzwischen geändert und empfiehlt auch, die Communities so weit es nur geht zu trennen.
Ich muss gestehen, dass ich zu hohe Erwartungen an dieses Buch hatte und nach dem lesen enttäuscht bin. Es ist wirklich für Menschen ganz am Anfang gedacht. Außer den Metaphern ist da nichts, was nicht woanders (auch auf dieser Webseite) besser erklärt wäre. Alles ist sehr oberflächlich gehalten. Menschen, die Trost und Verständnis und sanfte Worte brauchen, wenn sie ihren Weg gerade starten, könnten sich gut unterstützt fühlen. Für Kopf-lastige Menschen (wie mich) ist es eher nicht so überzeugend. Ich würde das Buch nicht noch mal kaufen, werde es aber behalten, um die Metaphern nachschlagen zu können.
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