Bei früher Traumatisierung bekommen wir nicht wirklich die Chance, uns in allen Aspekten unseres Wesens ordentlich zu entwickeln, das betrifft auch mentale Prozesse. In der Regel haben wir Probleme die innere von der äußeren Realität zu trennen und den Unterschied zu erkennen zwischen:
- unserer Wahrnehmung und der Realität, was wir wahrnehmen scheint alles zu sein, was es gibt
- unseren Gedanken und der Realität, wir glauben alles, was wir denken
- unseren Gefühlen und der Realität, wir glauben alles, was wir fühlen
- unseren inneren Bildern und der Realität, wir glauben, was wir uns vorstellen sei wahr
- unseren Erinnerungen und der Realität, deswegen stecken wir in TraumaZeit fest
- unseren Vorstellungen und der Realität, die Zukunft scheint uns besser oder schlechter als sie ist
- unseren Beurteilungen von anderen und der Realität, so kann unser Trauma Mindset unsere Beziehungen beeinflussen
- unserer Innere Welt und der Realität, sodass wir verwirrt sind und in Trance Logic fest stecken
Ein Achtsamkeits-Werkzeug, was uns helfen kann, das auseinander zu halten, ist das Bewusstseins-Kontinuum.
In dieser Übung bilden wir kurze Sätze, die unser inneres Erleben in diesem Moment beschreiben. Wir sehen die Welt nicht wie sie ist, sondern wie wir sind. Wenn wir uns das Bewusstseins-Kontinuum anschauen, hilft das zwischen den inneren Prozessen und der Außenwelt zu trennen, sodass sie nicht vermischt werden und sich dann überwältigend anfühlen.
Wir beginnen, indem wir das Wort ‘Ich‘ sagen,
nur um sicher zu gehen, dass wir wissen, dass wir es sind, die gerade etwas erleben und andere bestimmt eine andere Wahrnehmung haben. Das hier ist begrenzt auf uns, keine allgemeine Wahrheit.
Als nächstes sagen wir ‘bemerke in meinem Bewusstsein‘
So drücken wir aus, dass wir achtsam sind und die Dinge, die wir beobachten innerhalb unseres Bewusstseins passieren. Zu wissen, dass etwas in unserem Bewusstsein ist, schafft eine Distanz zu dem rohen Gefühl einer Erfahrung. Wir sind nicht die Erfahrung, wir sind uns ihrer bewusst.
Als nächstes nennen wir eine Körperwahrnehmung, eine Emotion, ein Bild oder einen Gedanken + worüber es dabei geht.
Körperwahrnehmung betrifft alles, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können.
Zum Beispiel ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein die Körperwahrnehmung ein schwarzes Auto auf dem Parkplatz zu sehen’ oder ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein die Körperwahrnehmung meinen Wecker klingel zu hören’.
Emotion beinhaltet Gefühle und Stimmungen, Impulse, inneres Drängen und Wünsche.
Zum Beispiel ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein ein Gefühl von Traurigkeit’ oder ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein den Wunsch ein Eis zu essen’.
Bilder betreffen Erinnerungen (Vergangenheit) und Vorstellungen (Zukunft) und ‘Gedanken-lesen’ (Vorstellungen davon was in anderen Leuten vor sich geht). Es geht dabei um mentale Bilder, nicht um Dinge, die wir gegenwärtig sehen, die gehören zu Körperwahrnehmungen.
Zum Beispiel ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein ein Bild von damals, als A. mir Blumen gekauft hat’ oder ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein, wie ich mir vorstelle, dass du denkst ich bin jämmerlich’.
Insbesondere unser Gedanken-lesen zu benennen als ‘Ich bemerke wie ich mir vorstelle’ kann einen großen Unterschied machen bei schambehafteten Situationen. Uns unserer Bilder bewusster zu werden, reduziert den Effekt von maladaptivem Tagträumen.
Gedanken benennen einfach nur, was wir zu der jetzigen Situation denken.
Zum Beispiel ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein den Gedanken, dass ich noch Brot kaufen muss’ oder ‘Ich bemerke in meinem Bewusstsein den Gedanken, dass ich gerade keinen Gedanken wahrnehme’.
Die Übung geht nur wenige Minuten, nicht mehr als 5 und wir achten dabei auf unser Bewusstsein. Wir sprechen dabei laut und sagen, was wir bemerken. Wir benutzen nur einen Aspekt pro Satz, aber wir fügen mehr und mehr Sätze hinzu, sobald etwas neues in unser Bewusstsein tritt. Wir folgen einfach dem Bewusstseins-Kontinuum und sprechen laut zu uns selbst, was da auftaucht.
Zum Beispiel
Ich bemerke in meinem Bewusstsein die Körperwahrnehmung eine Frau zu sehen, die die Straße runter gelaufen kommt.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein, wie ich mir vorstelle, dass sie hier her kommt.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein das Gefühl von genervt sein und Ablehnung.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein den Gedanken, dass ich sehr schnell urteile.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein die Vorstellung, dass es meine Mutter ist.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein den Gedanken, dass das unmöglich ist.
Ich bemerke in meinem Bewusst sein die Körperwahrnehmung die Frau jetzt klarer zu sehen.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein den Gedanken, dass ich sie nicht kenne.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein das Gefühl von Erleichterung, dass es nicht meine Mutter ist.
Ich bemerke in meinem Bewusstsein das Körpergefühl von Entspannung.
Wir üben zuerst mit neutralen Situationen. Später können wir das Bewusstseins-Kontinuum verwenden,wenn wir etwas Abstand zu einer Erfahrung brauchen, entweder weil wir uns schlimme Dinge ausmalen oder weil ein Gefühl überwältigend wird oder unsere Gedanken kreisen und stecken geblieben sind.
Wann immer es so scheint, als würde die Realität das, was wir Selbst sind, überrollen, brauchen wir mehr Distanz. Es ist nämlich meist gar nicht die Realität, die uns so zu schaffen macht, sondern unsere Über-Identifikation mit der Erfahrung.
(adaptiert aus RO-DBT, Lynch)
Sylvia says
Ich möchte mich sehr für Eure Hilfe bedanken. ❤
Sylvia & Team