Der Grundgedanke hinter dem Trauma Prozessieren ist, dass Trauma Erinnerungen zwar gespeichert, aber nicht richtig in das Gedächtnis integriert wurden. Sie sind nie Teil unserer Lebensgeschichte geworden und wenn sie hoch kommen, fühlt es sich an, als würde das jetzt gerade passieren. Komplett vereinfacht kann man sagen, sie haben ihren Platz im Gedächtnis nicht gefunden.
Wenn wir eine Erinnerung bearbeiten, erinnern wir sie mutwillig und in einem kontrollierten Setting. Eine Erinnerung so wieder hochzubringen öffnet ein Zeitfenster, in dem sie beeinflusst werden kann. Die Traumatherapie Werkzeuge, die unsere Ts verwenden, sind eine Art Intervention, die hilft, die Erinnerung aus der ungünstigen Position zu lösen, in der sie stecken geblieben ist. Sie kann dann angestoßen werden, sich neu einzufügen. Im Idealfall wird das dieses Mal als eine Szene aus der Vergangenheit abgespeichert und die Erinnerung wird in unsere Lebensgeschichte integriert. Das wird nicht irgendwie wundersam eine andere Erinnerung. Das ist weder das Ziel noch liegt es innerhalb der Möglichkeiten von Traumatherapie.
Es ist nicht nötig, die ganze Erinnerung bei voller Intensität noch mal zu durchleben, um sie zu verarbeiten, aber wir müssen das hoch holen, sodass es aktiviert wird, sonst haben die Interventionen nicht die Wirkung, die wir uns erhoffen. Das muss aus der ungünstigen Position gelöst werden, damit es eine Chance hat, sie neu einzusortieren.
Forschung zu Erinnerungen und Memory Reconsolidation weist darauf hin, dass es ein Zeitfenster von einigen Stunden nach der Aktivierung der Erinnerung gibt, in dem sie beeinflusst werden kann. Einen Teil dieser Zeit verbringen wir mit der Therapiestunde selbst. Dann bleibt danach noch eine Verletzlichkeit, wo Dinge, die wir erleben, einen Einfluss darauf haben können, wie die Erinnerung sich einfügen wird. Deswegen muss man sich nicht verrückt machen. Wir machen nicht alles kaputt, wenn wir was tun, was nicht optimal ist. Trotzdem können wir unseren Prozess in den Stunden nach dem Trauma Prozessieren vor ungewollten Einflüssen beschützen.
Der nützliche Punkt, den wir im Kopf haben sollten, ist dass der Prozess noch nicht beendet ist, auch nachdem wir alle Schritte der Therapietechnik durchlaufen sind. Wir haben das aufgeschüttelt und gelöst und es muss sich noch neu wieder festigen.
Mögliche Szenarien nach dem Trauma Prozessieren
Wir haben keine perfekte Kontrolle über die Erinnerungen, die wir hoch bringen, wie sie sich einsortieren oder was genau wir dabei hochwirbeln. Wenn sich Traumaszenen ähneln, holen wir vielleicht mehr als die Szene hoch, die wir eingeplant haben. Sind Anteile involviert, haben sie vielleicht unerwartete Reaktionen. Und wenn wir mit Körperstellen arbeiten, die viel Trauma gesehen haben, kommt was anderes, was auch mit uns passiert ist, möglicherweise mit hoch.
Wenn alles gut geht
Wenn alles nach Lehrbuch geht, erleben wir in der Regel, wie wir auf verschiedenen Ebenen durch einen zusätzlichen Prozess gehen. Vielleicht bemerken wir, dass die Erinnerung immer wieder in Wellen hoch kommt, die immer kleiner werden, während wir an unserem Grounding arbeiten und sich irgendwann ganz legen. Manchmal durchlaufen wir eine Reihe von Emotionen wie Verletztheit, Wut, Traurigkeit bis wir bei Trauer über die Vergangenheit ankommen. Der Körper kann alte Körpergefühle noch mal hoch holen. Manchmal hat man auch körperliche Reaktionen wie Übelkeit, Schwindel, man zittert oder hat erhöhte Temperatur. Das können Anzeichen sein, dass sich im Körper die alte Survival Energie löst. Wir arbeiten die Erinnerung auf verschiedenen Ebenen durch. Das ist völlig normal und Teil des Prozesses, den wir wollen. Es gibt keinen Grund, das zu unterdrücken. Wir können das geschehen lassen und mit unserer Aufmerksamkeit die verschiedenen Phasen verfolgen. Es ist selten, dass alles davon passiert, aber etwas davon zu erleben, ist wahrscheinlich.
Während der Traumatherapie Sitzung finden wir normalerweise eine Art Auflösung. Bei EMDR ist das vielleicht die positive Überzeugung, mit der wir das beenden. Wenn wir mit Rescripting Verfahren arbeiten, gibt es vielleicht einen Schlüsselmoment, der uns zeigt, dass wir jetzt sicher sind. Es kann auch ein Körpergefühl oder eine Bewegung sein, die uns geholfen hat, aus der Szene herauszutreten. Was auch immer es ist, wir können diese Auflösung verwenden, um uns in dieser Phase des Prozesses zu unterstützen. Wir holen dafür die Erinnerung an die Auflösung in der Therapiestunde wieder hoch und behalten sie präsent, während wir auch den Ablauf von inneren Erfahrungen bemerken, die ablaufen. Die Auflösung ist die erste Ressource, auf die wir zurückgreifen, zusammen mit einfachem Grounding. Wir unterstützen uns erst mal damit, bevor wir andere Optionen wie Ablenkung verwenden. So bleiben wir beim Prozess und wenden uns nicht davon ab. Mehr hilfreiche Aktivitäten nach dem Trauma Prozessieren
Die erste Begegnung mit einem Trigger nach dem Prozessieren ist ein wichtiger Moment. Wenn alles gut gegangen ist, bemerken wir den alten Trigger und er zieht unsere Aufmerksamkeit mit mehr Intensität auf sich als etwas Neutrales. Wir sind wachsamer und orientieren uns in Richtung des Triggers. Wir behalten dabei auch unser Bewusstsein für die Umgebung und die Welt heute, die den früheren Trigger rahmen und uns bemerken lassen, dass er nicht gefährlich ist. Manchmal bleibt uns diese Reaktion mit erhöhter Aufmerksamkeit für einen Reiz erhalten und das wird immer passieren, wenn wir den alten Trigger bemerken. Diese Reaktion kann mit der Zeit auch abflachen, bis uns der alte Trigger nicht mehr als etwas besonderes auffällt. Beides sind gute Resultate. Wir können warten, bis uns der Trigger im ganz alltäglichen Leben begegnet, um zu sehen, wie gut wir ihn integriert haben. Ich habe es zu schätzen gelernt, die erste Begegnung damit innerhalb der ersten Woche nach dem Prozessieren zu haben aber nicht direkt danach. Die erste Begegnung mit dem Trigger ist Teil des Prozesses, und wenn es nur dazu dient, ein Gefühl von einem Abschluss und einer neuen Sicherheit zu bekommen. Das zeigt uns, ob die Erinnerung sich günstig neu gefestigt hat.
Andere Dinge, die auch passieren können
Mehr Details zur Szene kommen hoch
Es ist nicht ungewöhnlich, dass man sich an mehr Details erinnert, während die Erinnerung in Wellen noch einmal hochkommt. Manchmal sind diese Details besonders schwer zu ertragen. Sie waren für unser Bewusstsein verschlossen, weil schon die Grund-Erinnerung zu schwierig war. Machen wir mehr inneren Raum frei, indem wir einen Teil der Erinnerung integrieren, bekommen solche Details Platz in unserem Bewusstsein. Wenn das passiert, erinnern wir uns daran zu atmen und arbeiten an Grounding. Es hilft, sich Notizen zu machen und aufzuschreiben, was hoch kommt, ohne da tiefer einzusteigen. Stattdessen holen wir immer wieder die Erinnerung an die Auflösung für die Szene hoch. Die gilt auch für diese Details. Wir können mit Micro-Rescripting arbeiten, um auch diesen Fragmenten eine Auflösung zu geben. Es besteht die Möglichkeit, dass sie sich mit dem Rest der Erinnerung neu einfügen. Wenn sie das nicht tun, verwenden wir Containment und bringen das mit in die nächste Therapiestunde.
Ähnliche Erinnerungen kommen hoch
Haben wir eine Reihe ähnlicher Dinge erlebt, kommen vielleicht andere Szenen hoch, die irgendein Element mit der aktuell bearbeiteten Szene teilen. Das ist kein guter Zeitpunkt, um damit zu arbeiten. Wir können bemerken, was hoch kommt, es aufschreiben, die Ähnlichkeiten bemerken und warum das völlig logisch ist, dass es jetzt mit hochkommt und es dann containen. In manchen Fällen, zB wenn wir in einer Klinik sind mit mehreren Therapiesitzungen in der Woche, ist es vielleicht möglich, sehr ähnliche Dinge in einem kurzen Zeitraum zu prozessieren. In regulären Settings ist es eher nicht möglich, diese Aktivierung der Erinnerung sinnvoll zu nutzen und wir müssen sie containen, bis wir uns darum kümmern können. Manchmal berichten Menschen, dass die Auflösung einer Szene auch geholfen hat, eine ähnliche Szene aufzulösen. Da können wir uns nur nicht drauf verlassen. Manchmal ist das eben einfach nur getriggert. Sicherheit geht immer vor und wir gehen nur Schritte, die wir auch gehen können. Eine Erinnerung zu integrieren ist schon viel. Wir können den Prozess auch sabotieren, wenn wir zu viel auf einmal wollen.
Neue oder andere Anteile wurden getriggert
Mit einem Anteil durch den Therapie Prozess zu gehen, kann andere verletzte Anteil näher nach vorne holen. In manchen Fällen fügen sie Details zur Szene hinzu, die bei ihnen gespeichert waren. Wir fügen diese Erinnerungen in das Puzzle ein und laden diese Anteile ein, an unserer Auflösung teilzuhaben oder wir verwenden Micro-Rescripting, um ihnen ihre eigene Auflösung zu geben. Alle unsere Methoden, um uns um verletzte Kindanteile zu kümmern, können hier hilfreich sein, um ein Gefühl von Fürsorge und Sicherheit für sie zu schaffen. Das kann innerlich geschehen durch Imaginationen oder im äußeren, indem wir ihren Bedürfnissen in kleinen Handlungen begegnen. Sind sie noch nicht in der gegenwärtigen Realität orientiert, kann das ein wichtiger Schritt sein, damit sie sich besser fühlen. Grundsätzlich dokumentieren wir, wann immer Anteile Erinnerungen zu uns bringen und kümmern uns dann so gut wir können, indem wir ihre Aufmerksamkeit weglenken von den Erinnerungen und hin zu einem spürbaren Gefühl gesehen zu werden und Hilfe und Schutz zu bekommen. Dieser Teil des Prozesses dreht sich oft darum, Bedürfnissen mit Bezug zur Trauma Szene zu begegnen. Wie man neue Anteile integriert
Feindselige Anteile tauchen auf
Die Tatsache, dass wir uns von der Vergangenheit und von Tätern wegbewegen und hin zu einem neuen Leben mit neuen Freiheiten, kann für manche Anteile schwierig sein. Sie fühlen sich vielleicht mit Tatpersonen verbunden oder finden ein Gefühl von Sicherheit in der Vergangenheit. Da weiß man wenigstens, was auf einen zukommt. Möglicherweise sind sie auch nicht orientiert genug, um zu wissen, dass es jetzt sicher ist, mit dem Leben weiterzumachen und sie versuchen das System zu beschützen, indem die Veränderungen sabotieren. Solche Anteile können nach dem Trauma Prozessieren mit erheblicher Intensität auftreten und versuchen, uns zurück zu halten oder zu beschränken. Es ist nicht leicht, mit ihnen zu arbeiten und wenn uns damit die Erfahrung fehlt, ist es das beste, das zügig in die Therapie zu bringen. Es braucht Geschick, um zu erklären, warum es heute sicher ist, altes zurückzulassen, warum das nicht bedeutet, dass wir die Vergangenheit vergessen oder die Menschen von früher, wie etwas Neues auch etwas Gutes sein kann usw. Ihr kriegt eine Idee davon, was für eine Art Arbeit dafür benötigt wird, wenn ihr euch anschaut, wie Täter-loyale und Täter-imitierende Anteile sowie Anteile mit einer Mission integriert werden können.
Unser wichtigstes Ziel in solchen Situationen ist es, uns vor Schaden zu bewahren. Feindselig Anteile mehr in unserer Realität zu orientieren ist ein zusätzlicher Schritt, den wir so schnell und so leicht vielleicht nicht erreichen können. Es braucht dafür Integrative Handlungen wie Realisation von Seiten des Anteils und die brauchen immer zusätzliche Kapazität. Deswegen ist es das Beste, das Trauma Prozessieren mit solchen Anteilen schon vorher zu besprechen. Trotzdem kann es immer auch passieren, dass wir was übersehen haben. Unsere beste Strategie ist dann, den aktuellen Prozess von dem feindseligen Anteil zu trennen und zu erklären, dass wir das für jemand anderen gemacht haben und sie aber an ihren Erfahrungen festhalten dürfen. So eine Grenze ist in ihrer Natur nicht integrativ, aber sie reduziert das Gefühl von Bedrohung für beide Seiten. Die Dinge müssen sich nicht für alle gleichzeitig verändern. Es ist fair, anderen Anteilen zu erlauben, ihre eigenen Entscheidungen für Veränderung zu treffen und im Gegenzug respektieren wir auch, dass andere Anteile diese für sich nicht wollen.
Die Erinnerung ordnet sich nicht neu ein
Manchmal funktioniert das Prozessieren nicht. Es ist schwer zu sagen, warum, aber Studien bestätigen diese Tatsache. Wir holen die Erinnerung hoch und irgendwie löst sie sich nicht aus der ungünstigen Position und sortiert sich nicht neu ein. Sie wird nur aktiviert und bleibt dann auch über Tage aktiviert und wir ringen mit einer Flashback Erfahrung, die sich nicht leicht stoppen lässt. Eine chaotische Mischung aus Erinnerungen, Gefühlen, Körpergefühlen und Stressreaktionen droht, uns zu überwältigen. Wenn das passiert, wird das von manchen als Retraumatisierung gezählt. In solchen Situationen ist unser Fokus, die Ohnmacht bzw das Überwältigt werden zu verhindern und die Situation zu managen. Dafür folgen wir all den Grundlagen-Schritten, die wir schon vom Symptom-Management her kennen. Sicherheit schaffen. Orientierung und Grounding. Realitäts-Check. Diskriminieren. Containen.
Unsere erste Aufgabe dabei ist, die Stressreaktion zu regulieren. Die gibt uns über den Körper nämlich ein ständiges Signal, dass es einen guten Grund geben muss, so getriggert zu sein. Wir benutzen unsere Sinne, um eine Verbindung mit der sicheren Welt um uns herum aufzunehmen und lassen sie auf uns wirken. Sobald wir unser Gehirn wieder besser verwenden können, verwenden wir unser bestes Containment und unsere beste Ablenkung, um die Gehirnaktivierung wegzubewegen von der Trauma Erinnerung. Wir müssen den Prozess nicht mehr schützen. Der ist schon misslungen.
Bemerken wir, dass wir die Situation mit unseren normalen Werkzeugen nicht unter Kontrolle bringen, ist es Zeit, Bedarfsmedikation zu nehmen. Das ist in dem Fall der richtige Weg, mit der Situation umzugehen und kein Zeichen von Versagen. Wenn überhaupt etwas versagt hat, dann die Therapietechnik. Wir wissen, dass es Zeit ist, ein zugreifen, wenn wir trotz aller Bemühungen nicht die Kontrolle über unsere Dissoziation gewinnen, trotz allem nicht aus dem Wieder-Erinnern aussteigen können, wenn wir ernsthaft suizidal werden oder die Kontrolle über selbstzerstörerische Impulse verlieren.
Unser erster Versuch uns zu helfen ist immer, unseren Bedürfnissen zu begegnen und uns sanft in die Gegenwart zu bewegen. Wenn das nicht klappt, nehmen wir Interventionen auf einer höheren Ebene dazu. Und wenn unsere eigenen Fertigkeiten nicht effektiv genug sind, holen wir Hilfe von außen. Wir sollen uns in solchen Fällen bei unseren ts melden und wir sollen Hilfe dazu holen. Das ist kein Fehler oder irgendwie falsch. Wir schreiben all diese Optionen in unseren BDA Plan, um sicher zu gehen, dass wir wissen, was zu tun ist. Das ‘Danach’ beim BDA Plan ist sehr wichtig und sollte nie übersprungen werden.
Gründliche Stabilisierung macht das Prozessieren einfacher und erhöht unsere Chancen auf Erfolg. Wir können eine Über-Aktivierung der alten Szene vermeiden, indem wir den Therapieprozess vernünftig pacen, uns in den Pausen Zeit für die Regulation nehmen und indem wir verlässliche Kooperation zwischen Anteilen aufbauen. Solide Vorbereitung führt zu solideren Resultaten. Wir brauchen nicht mal neue Werkzeuge, um die Schwierigkeiten rund ums Trauma Prozessieren zu managen. Tatsächlich brauchen wir alle unsere Standard-Werkzeuge und je besser wir die beherrschen, desto sicherer wird unser Fortschritt sein. Das zu meistern, was dann hoch kommt, kann sich fast natürlich anfühlen, wenn es für uns natürlich geworden ist, unseren Stress zu regulieren und getriggerten Anteilen zu helfen. Weil die Situation außergewöhnlich ist, fühlt es sich etwas schwieriger an als sonst, aber wir fallen auf altbekannte Methoden zurück, die sich machbar anfühlen. Insbesondere wenn wir uns dafür entscheiden, Trauma außerhalb einer Klinik zu verarbeiten und wir keinen Zugang zu mehr Hilfen haben, brauchen wir ein grundsolides Verständnis von Stabilisierungstechniken, das wir bis in unsere Knochen spüren. Selbst wenn alles nach Plan verläuft, brauchen wir zumindest ein bisschen davon, eben weil der Integrations-Prozess so funktioniert, wie er es tut. Meistens gibt es dabei einen integrativen Prozess, der außerhalb der Therapiestunde stattfindet. Es ist gut, zu wissen, was passieren kann und wie man dann damit umgeht.