Wenn du mit jemandem befreundet bist, die dissoziiert, möchtest du vielleicht lernen, wie du ihr helfen kannst, sollte das in deiner Gegenwart passieren. Hier sind verschiedene Interventionen, die du verwenden kannst, um Dissoziation zu unterbrechen und Grounding zu unterstützen.
Sag ihr, dass sie dissoziiert. Man merkt das selbst oft nicht. Wenn du ihr einen Hinweis gibst, kann sie sich vielleicht selbst helfen.
Ändere das Thema, was sie gerade getan hat oder womit sie beschäftigt war und lenke sie ab, indem du sie in ein Gespräch verwickelst, Fragen stellst oder ihr etwas zeigst.
Halte sie in Bewegung. Lass sie sich nicht hinsetzen, um abzuwarten, dass sie sich besser fühlt. Bewegungslosigkeit bestärkt Dissoziation. Selbst wenn ihr nur zusammen den Flur rauf und runter lauft, ist das schon eine Hilfe.
Spiele ein Spiel. Am besten eines, was die Koordination von Händen und Füßen erfordert. Das kann auch einfach das hin und her werfen von einem Gegenstand sein. Es hilft, wenn der Gegenstand eine Oberfläche hat, die den Tastsinn anspricht und nicht gut in der Luft liegt. Wirf sogar mutwillig schlecht, um das Fangen schwieriger zu machen. Verwickle sie beim Spielen in ein Gespräch.
Eine Minute wildes rumtanzen kann den selben Effekt haben.
Mach einen Witz und versuche sie zum Lachen zu bringen. Lachen ist ein natürliches Anti-dissoziativum. Sie kann nicht gleichzeitig lachen und dissoziieren. Das Gehirn macht das nicht mit.
Wenn du sie nicht zum lachen bringen kannst, kannst du sie vielleicht nerven. Ein bisschen Ärger wirkt Wunder im Angesicht von Hilflosigkeit. Du könntest auch mutwillig kleine Fehler machen, zB den Namen von ihrem Hamster falsch sagen oder mit ihrem Alter daneben liegen. Menschen haben ein tiefes Bedürfnis so etwas zu korrigieren. Manchmal kriegt man so wieder Kontakt.
Ermutige sie ein Lied mit dir zu singen. Das hilft, sich auf Rhythmus, Worte, Timing etc zu konzentrieren, aktiviert zwischenmenschliche Regulation und reguliert zusätzlich noch den Atem.
Spielt „Spiegel“. Schneide lustige Grimassen und fordere sie auf, das nachzumachen. Das hilft nicht nur, weil es lustig ist (siehe Lachen), die Gesichtsmuskeln so zu bewegen beansprucht auch das Gehirn anders und hilft zu erden.
Manchmal kann ein lautes Geräusch, wie ein in die Hände klatschen direkt neben dem Ohr, jemanden aus einer leichten Dissoziation aufschrecken.
Es gibt eine ganze Reihe von Spielen rund um Achtsamkeit und Denksport.
Bestehe darauf, dass sie Worte verwendet und ausspricht. Das aktiviert Regionen im Gehirn, die bei Dissoziation gewöhnlich runter gefahren werden. Es kann ein echter Kampf sein Worte und Namen zu finden. Ermutige sie trotzdem nicht aufzugeben.
Manchmal dissoziieren Menschen in traumatische Erinnerungen hinein. Sie stecken fest in einem endlosen Flashback. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sie nach ihrem Erleben zu fragen oder sie erzählen zu lassen, was sie da wieder-erleben (echte Trauma-Arbeit passiert nicht dissoziiert. Es gibt keine Heilung in diesem Zustand). Jetzt ist der Zeitpunkt sich stur zu weigern zu verstehen, worüber sie da redet. Sie muss jetzt in Raum und Zeit orientiert werden.
Spielt das 54321 Spiel. Es gibt verschiedene Varianten davon, aber in der Regel geht das etwa so: nenne 5 Dinge, die du sehen kannst, 4 Dinge, die du anfassen kannst, 3 Dinge, die du hörst, 2 Dinge, die du riechst und eine Sache, die du schmeckst. Auch hier kann es schwierig sein, Worte zu finden, aber das macht es umso wichtiger.
Stelle Fragen, die ihr helfen sich zu orientieren. Frag zB nach
-
ihrem vollen Namen
-
der aktuellen Adresse
-
Arbeitsplatz oder Beruf
-
aktuelles Alter
-
Datum und Wochentag
-
Name des Gebäudes, in dem ihr seid
-
was es zum Mittagessen gab
-
Namen von Kindern oder Partner
-
….
Was immer sie braucht, um sich daran zu erinnern, dass sie erwachsen ist und heute lebt.
Hilf ihr durch die 5 Schritte um Flashbacks zu stoppen. Ermutige sie sehr gründlich mit der Diskriminationsübung zu sein. Hilf ihr zu trennen, was jetzt gerade passiert und was sie nur wieder-erlebt. An dieser Stelle nutzen wir gerne eine bisschen Mathe und rechnen aus, wie lange die schlimmen Dinge schon her sind.
Bitte deine Freundin, die Situation so zu verändern, dass sie sich von der unterscheidet, in der sie den Flashback hatte/dissoziiert ist. Ändere 3 Dinge:
-
Haltung: Bitte sie eine andere Haltung einzunehmen als die, in die sie dissoziiert ist
-
Ort: Bitte sie den Raum zu wechseln oder sich wenigstens an einen anderen Platz im Raum zu begeben.
-
Thema: Was immer sie beschäftigt hat, hat sie in diese Situation gebracht. Sie sollte jetzt an etwas anderes denken.
Zur Vorbereitung auf eine mögliche Hilfestellung kannst du deine Freundin fragen, was für DBT Skills sie verwendet und wie ihre Skillkette anfängt. Lass dir zeigen, wo sie ihren Skillkoffer aufbewahrt. Dann kannst du ihr, wenn sie es braucht, den ersten Gegenstand der Skillkette reichen.
Redet über die Option von Berührung. Wäre es in Ordnung, wenn du sie berührst, wenn sie dissoziiert? Und wo? Berührung kann sich manchmal mit dem Flashbackerleben vermischen, deswegen solltest du vorsichtig sein. Halte sie nicht an den Handgelenken fest!
Es kann helfen, wenn du ihre Hand in deine nimmst und leicht drückst und sie bittest, das zu erwidern. Das kann wie ein Ankerpunkt sein, von dem aus sie sich aus der Dissoziation ziehen kann.
Du kannst auch leicht an ihrer Hand ziehen, während du sie mit der andere Hand auf ihrer Schulter stabilisierst. Bitte sie, sich vorzustellen, du würdest sie aus dem Nebel der Dissoziation in die Realität ziehen (man kann so auch einen Switch unterstützen).
Bitte sie, dir in die Augen zu schauen und Blickkontakt zu halten. Menschen neigen dazu beim dissoziieren nach unten zu schauen. Etwas an Augen hält unsere Aufmerksamkeit fest. Mit etwas Übung kann dein Blick zu einem Anker werden, der zwischenmenschliche Regulation fördert und in der Gegenwart erdet. Unterstütze das, indem du ruhig redest, ihr erklärst, was gerade passiert und mit deinem Tonfall, deiner Körpersprache und deinen Worte Sicherheit ausdrückst. Bleibe ruhig. Das ist ansteckend.
Wenn deine Freundin völlig abschaltet, musst du die Taktik ändern. Ihre Sinne sind dann größtenteils abgestellt. Sie kann wahrscheinlich nicht sehen, hören oder etwas spüren. Sie kann dann auf keines der Werkzeuge reagieren, was ich bisher beschrieben habe. Du wirst Ammoniak Ampullen brauchen. Das stinkt furchtbar, aber sie senden eine Schmerzreiz durchs Gehirn, der praktisch Tote aufweckt, selbst wenn man das gar nicht riechen kann. Wenn die Dissoziation tief ist, kann es etwas dauern und du brauchst vielleicht mehr als ein Stäbchen, aber mit Geduld wirkt das immer. Halte das so, dass sie es einatmen muss. Frage deine Freundin, wo sie ihr Ammoniak aufbewahrt. Sie sollte das bei sich tragen, wie Diabetiker Traubenzucker dabei haben. Mach dich bereit mit den Orientierungs/Grounding Übungen weiter zu machen, sobald sie wieder zu sich kommt.
Welche Art der Intervention du wählst, hängt von der Schwere der Dissoziation ab und davon was du zur Hand hast. Für gewöhnlich kombiniert man mehrere der Übungen. Das wichtigste ist immer, Sicherheit zu vermitteln.
Wenn du unsicher bist, übe das mit deiner Freundin, während sie gut geerdet ist und nur Dissoziation vorspielt. Das gibt dir eine größere Sicherheit in deine Fähigkeiten und sie wird auch wissen, dass sie in dir einen sicheren Helfer hat.
Manchmal wirst du versagen. Manchmal will deine Freundin dissoziiert bleiben. Das ist vielleicht einfacher, als in dem Augenblick ihr Gefühle wahrnehmen zu müssen. Wenn das passiert, gib auf und lass sie dissoziieren. Sie kann gerade nicht besser damit umgehen. Du kannst niemanden gegen seinen Willen erden.
Manchmal ist es auch schwierig Dissoziation zu stoppen, weil da mehr als ein Anteil der Person dissoziiert oder der Anteil, dem es nicht gut geht nicht der ist, der gerade Vorne ist. Lies mehr darüber wie man einem DIS System beim Grounding hilft.
Leave a Reply