Es gibt einen Grund, warum Menschen Gefühle wahrnehmen und es ist nicht, um uns zu quälen.
Unser Gehirn ist mit verschiedenen ‘Ebenen’ ausgestattet. Grob vereinfacht gibt es einen Teil, den wir mit Reptilien gemeinsam haben, für Reflexe und Instinkte, einen Teil, den auch Säugetiere haben, der für Emotion verantwortlich ist und einen Teil, den es nur beim Menschen gibt, mit dem wir unser komplexes Denken bewerkstelligen.
Diese Hierarchie hat sich als nützlich erwiesen für unser Überleben. Während unser Neokortex gut ist im Denken, ist er auch sehr langsam im Vergleich zu den anderen Systemen in unserem Hirn. Wenn wir sehen, wie ein Löwe auf uns zu läuft, brauchen wir keine Pro&Contra Liste, wie am besten darauf zu reagieren ist. Wir brauchen etwas, was uns in Bewegung setzt. Und das ist Emotion.
Emotionen geben uns Informationen über uns selbst, unsere Beziehungen oder die Welt um uns herum. Sie unterstützen das Überleben, helfen uns, Verbindung in unseren sozialen Gruppen zu navigieren und beschützen unsere Grenzen.
Emotionen sind nicht nur Gefühle und es macht wenig Sinn, sie uns losgelöst von den dazugehörigen anderen Elementen anzuschauen.
Ereignis
Gefühle sind eine Reaktion auf eine Form von Ereignis. Sie passieren nicht einfach ohne einen Kontext. So ein ‘Ereignis’ kann etwas sein, was um uns herum passiert wie
- Verhalten
- Situationen
- Worte
Diese Ereignisse sind leichter zu erkennen und manchmal finden wir auch einen Trigger, der zusätzlich zu den aktuellen Gefühlen auch alte mit hoch bringt.
Ereignisse können auch innerlich sein wie zB
- Gedanken
- Erinnerungen
- Vorstellungen
- Sorgen
- Annahmen
- Erwartungen
- Wünsche oder
- andere Gefühle
Körperwahrnehmungen, die Emotionen auslösen können sind
- Schmerzen
- Haltung
- Atmung
- Mimik
- Muskelspannung
- Blutdruck
- Hormone
- Blutzuckerspiegel
- Stoffwechsel
- Müdigkeit
Wenn ihr Viele seid, können auch innere Ereignisse mit Anteilen Gefühle auslösen, wie
- Gespräche und Meinungen
- emotionaler Ausdruck
- Austausch
- Bedürfnisse
- Konflikte
Körperwahrnehmung
So spüren wir Gefühle überhaupt erst. Verschiedene Gefühle zeigen sich in verschiedenen Sets von Körperempfindungen, die wir dann als ein bestimmtes Gefühl identifizieren. Wenn wir taub sind für unseren Körper, wird es schwierig überhaupt Gefühle wahrzunehmen. Wir müssen vielleicht erst eine Toleranz für unsere Körperwahrnehmung entwickeln, bevor wir die Taubheit für Gefühle auflösen können. Ein Körpergefühl ist ein Hinweisreiz, der eine Interpretation benötigt.
Gedanken
Unsere Gedanken sind mit unseren Gefühlen eng verflochten. Sie sind ein Werkzeug, um unsere Körperwahrnehmung zu interpretieren. Sie können ein Gefühl auch unterstützen und die Intensität beeinflussen. Versuche zeigen, dass wir bei uneindeutigen Gefühlen das Ereignis als eine Orientierungshilfe für unsere Interpretation nutzen. So wird unspezifische Erregung je nach Situation als Aufregung, sexuelle Anziehung oder Angst ausgelegt.
Handlungsimpuls
Wir brauche eine Reaktion zu unserer Situation, eine schnelle Entscheidung soll gefällt werden. Das Gefühl führt zu einem Drang, sich diesem entsprechend zu verhalten. Wenn wir Angst spüren, haben wir den Drang uns zu verstecken oder weg zu rennen. Wenn wir angeekelt sind, lassen wir die verdorbene Nahrung fallen und vermeiden es, sie zu essen. Wenn wir glücklich sind über unsere Gesellschaft, werden wir öfter lachen, um soziale Hinweise zu geben, die ein Gefühl von Verbundenheit bestärken.
Verhalten
Wir managen eine Situation indem wir reagieren. Im Idealfall erfüllt unser Verhalten unser Bedürfnis, was im Ereignis zutage gekommen ist und die Emotion wird automatisch reguliert, wenn unsere Handlung befriedigend war. Aber unser Verhalten stimmt nicht immer mit dem Handlungsimpuls überein und sollte das auch nicht. Wenn mein Impuls ist, meinem Chef eine Ohrfeige zu geben, werde ich meinen Job verlieren, wenn ich ohne Filter handle, und das entspricht nicht meinen langfristigen Bedürfnissen. Normalerweise sind es nur Kinder, die alleine aus ihrem Impuls heraus handeln, ohne das gedanklich noch einmal zu filtern. Weil es heute nicht mehr um Leben oder Tod geht, können wir uns Zeit nehmen, unsere Handlungen noch einmal zu überprüfen.
Wie ihr sehen könnt, geht es bei Emotionen um mehr, als nur darum ein Gefühl zu haben. Das ist ein komplexer Mechanismus, der dazu gedacht ist, uns zu helfen die verschiedensten Bedürfnisse zu befriedigen.
Wenn wir es mit Emotion zu tun haben, ist es hilfreich sich auf ihren Zweck und ihre Bedeutung zu konzentrieren, statt auf eine Beurteilung nach gut oder schlecht. In Wirklichkeit gibt es so etwas nämlich nicht. Es gibt angenehme Gefühle (die uns zeigen, was wir weiterhin tun sollen) und unangenehme Gefühle (die uns zeigen, dass wir etwas verändern sollen), aber letztendlich sind sie alle hilfreich darin gut durchs Leben zu kommen.
Emotionen sind unwillkürlich. Das bedeutet, wir können uns nicht aussuchen, wie wir uns fühlen wollen und uns dann so fühlen. Es tut mir Leid, wenn euch das so beigebracht wurde, denn da ist Versagen vorprogrammiert. Man kann Emotionen zwar nicht aussuchen, aber wir können sie definitiv in die eine oder andere Richtung beeinflussen, sie verstärken oder abschwächen und Verhaltensweisen finden, die uns helfen sie zu regulieren.
Emotionen sind nicht von Dauer. Es fühlt sich vielleicht nicht so an, aber sie flauen irgendwann ab. Wenn sie sehr lange anhalten, tun wir vielleicht etwas, um sie am Leben zu erhalten, zB immer wieder Gedanken hinzufügen, die sie weiter schüren.
Emotionen sind kein Problem. Wenn sie in der Gegenwart verwurzelt sind, weisen sie uns auf wichtige Handlungen hin. Das Problem, was wir bei PTBS erleben ist emotionales Hijacking. Emotionen, die durch Traumakreisläufe verstärkt sind, überwältigen unser Denken und Handeln, sodass wir in Flight/Fight geraten, ein primitives Reaktionssystem, was unser grundlegendes Bedürfnis nach überleben sichert. Mehr
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