Es ist normal, dass traumatisierte Personen ihre Wahrnehmung von Emotionen vermeiden. TraumaZeit hat und gelehrt, dass sie zu groß sind, um damit umgehen zu können. Da wir aber nicht mehr in TraumaZeit leben und Emotionen wichtig sind, um sich lebendig zu fühlen, ist es jetzt Zeit wieder Kontakt zu unseren Gefühlen aufzunehmen,
Das Maß von struktureller Dissoziation macht hier kaum einen Unterschied; Wir werden unser Recht Emotionen wahrzunehmen verhandeln müssen mit den Anteilen von uns, die eher kontrollierend, logisch und distanziert sind.
Solche Verhandlungen sehen für jede/s Person/System anders aus, deswegen versuchen wir euch vor allem beizubringen wie das geht.
Ist das überhaupt sicher?
Nehmt Kontakt auf mit den Anteilen von euch, die glauben Emotionen sind nicht sicher. Erlaubt ihnen sich zu äußern und ihre Meinung mitzuteilen. Es gibt einen Grund, warum sie existieren, sie waren früher wichtige Beschützer, deswegen möchte ich, dass ihr genau und respektvoll zuhört.
Schreibt alle Argumente und Bedenken auf. Wir dürfen das nicht ignorieren und einfach versuchen trotzdem Emotionen zu fühlen, das führt nur zu einem Kräftemessen.
Einige häufige Gedanken zu Emotionen sind dass
- wir irgendwie dafür bestraft werden
- wir schwach aussehen und verletzt werden
- das Körpergefühl unerträglich ist
- alles, was unsere Eltern uns über Gefühle beigebracht haben, wahr sein wird
- Gefühle einen überrollen und das immer so sein wird
- wir die Kontrolle verlieren
- wir Angst haben vor dem Unbekannten
- wir an negativen Emotionen festhalten, weil sie bekannt sind und sich damit sicherer anfühlen
- Emotionen weh tun
- wir nicht funktionieren können mit Gefühlen
- sie sinnlos und nutzlos sind
- sie nur im Weg sind
- ….
- ….
Wenn wir alle Gedanken zu Emotionen gesammelt haben, die uns sagen, dass Fühlen doof ist und wir es vermeiden sollten, können wir eine Pause einlegen und uns sehr gut erden und orientieren.
Gewöhnlich gehören unsere Gedanken zu 3 große Gruppen
- Fehlannahmen
- veraltete Informationen basierend auf TraumaZeit
- akute Probleme mit extremen Gefühlen
Fehlannahmen
Lernt über Emotionen. Sie sind in der Regel eine Reaktion auf eine Situation. Sie haben 4 Seiten (Gefühl, Körperwahrnehmung, Gedanken, Handlungsimpulse) die wir wahrnehmen können und sie weisen uns auf Bedürfnisse hin. Indem wir Bedürfnissen begegnen, können wir Emotionen auflösen. Angenehme Gefühle zeigen uns, womit wir weiter machen sollten, unangenehme Emotionen sagen uns, dass wir etwas ändern sollten. Somit sind sie wichtige Hinweise. (Mehr…)
Vermischt nicht Fehlannahmen mit veralteten Informationen, sonst wird es unmöglich das zu verhandeln. Emotionen, die in TraumaZeit feststecken sind nicht in dem Sinne nützlich, aber auch sie können mit Hilfe einer T aufgelöst werden.
Ohne Emotionen fühlen wir uns nicht lebendig. Darum führt Taubheitsgefühl auch oft zu Selbstverletzung; wir brauchen es, etwas zu fühlen.
Emotionen wahrnehmen umfasst auch Empathie für andere Menschen und ein Gefühl von Verbundenheit mit ihnen. Wissenschaftler sind sich recht sicher, dass das, was unser Leben glücklich und lebenswert macht, unsere Beziehungen sind (zusammen mit Sinnfindung). Ohne Emotionen sind wir nicht gut mit Beziehungen. Ja, manche Gefühle sind unangenehm, aber auch die gehen vorbei. Und komischerweise tragen auch die dazu bei, dass wir uns lebendig und vollständig fühlen. Es ist es also wert, es zu probieren.
Veraltete Informationen
Diese Annahmen sind einmal wahr gewesen, also können wir sie nicht einfach ignorieren. Aber wir müssen sie an ihren rechtmäßigen Ort im Zeitstrahl unseres Leben bringen. Sie gehören ganz da hinten hin, wo wir Kinder waren und schlimmes erlebt haben.
Das bedeutet, dass die Anteile von uns, die diese Überzeugungen haben, hartnäckig im hier und jetzt geerdet werden müssen. Wir können die klassische Diskriminationsübung anpassen, um damit zu erforschen, was in der Vergangenheit einmal wahr gewesen ist und was jetzt wahr ist. Unsere T nennt es die ‘Regeln des Krieges’ und die ‘Regeln des Frieden’. Ein Anteil von uns, der sehr gut geerdet ist, kann dabei helfen alte Überzeugungen zu konfrontieren und vielleicht sogar etwas zu provozieren, wenn unsere Beziehung dafür standfest genug ist. Zeigt die offensichtlichen logischen Fehler auf, wo Dinge einfach nicht mehr wahr sind für einen ausgewachsenen Menschen, der 2019 lebt. Oft sind die Anteile von uns, die so argwöhnisch Emotionen gegenüber sind, auch Anteile, die sehr viel von ihren mentalen Fähigkeiten und ihrem Intellekt halten. Wir können ihnen helfen diese Stärke zu nutzen, um alte Annahmen doppelt zu überprüfen. Sie sind schlau, sie finden das raus. Ich persönlich bin empört, wenn man mir unlogisches Denken vorwirft, sodass ich mich besonders anstrenge eine Wahrheit zu erkennen, die ich bisher übersehen habe. Manchmal müssen wir mutig sein und etwas in einem sicheren Rahmen ausprobieren, um zu testen, ob etwas wahr ist. Denken ist manchmal nicht genug, wir brauchen eine sichere Erfahrung.
Extreme Emotionen
Das ist eine begründete Angst, die oft auf aktueller Erfahrung beruht. Unsere Trauma Kreisläufe von Vermeidung und Getriggert-sein verringern unsere Toleranz für Emotionen, während unsere Gefühle immer intensiver werden (Mehr…) Diese Erfahrung ist auch heute sehr real und wir können lernen, damit umzugehen.
Die Schlüssel, um unsere Toleranz für Emotionen zu erhöhen, sind Achtsamkeit, Containment und kleine Schritte.
In der Achtsamkeit nehmen wir eine beobachtende Position ein, die nichts zu Emotionen hinzufügt. Wir vermeiden nicht die Erfahrung, wir erlauben ihr zu geschehen und vorüber zu gehen (ausführlich hier). Das verhindert, dass wir davon überrollt werden und uns ohnmächtig fühlen.
Containment ist eine Imaginationsübung, in der wir schwierige Erfahrungen in einen Behälter stecken, sodass wir kontrollieren können, wann und wo wir uns damit auseinandersetzen. Wir können unseren Behälter so anpassen, dass er uns eine Möglichkeit gibt zu kontrollieren, mit wie viel von einem Gefühl wir umgehen wollen. Das geht vielleicht mit einem Ventil oder wir füllen einen kleinen Teil in einen kleineren Behälter, den wir uns dann anschauen. Besonders ‘alte’ Gefühle sollten sicher aufbewahrt werden, bis ihr sie mit eurer T zusammen anschauen könnt. Versucht das nicht alleine.
Kleine Schritte sind ein muss und ohne sie klappt das alles nicht. Wir müssen diesen Punkt finden, wo wir herausgefordert sind, aber nicht überfordert. Wenn Anteile von uns fordern, dass wir alles komplett und JETZT fühlen sollen, müssen sie mehr Geduld aufbringen. Grenzen können immer nur von innerhalb des Stresstoleranzfensters geweitet werden. Wenn wir zu schnell machen, haben wir genau die Erfahrung, die wir vorhergesehen haben: extreme Emotionen führen zu Kontrollverlust. Und das ist weder angenehm noch hilfreich.
Die Anteile von uns, die deswegen Emotionen vermeiden wollen, dürfen mutig sein und ihre Angst überwinden und kleine Schritte nehmen. Ein Löffel voll, ein Tropfen, einen Atemzug lang. Es ist nicht gefährlich, wenn wir bei den kleinen Schritten bleiben.
Wenn Anteile von uns nicht so mutig sind, könnten sie anderen Anteilen dabei zuschauen, wie sie die kleinen Schritte nehmen und beobachten, was passiert. Ich persönlich finde es unfair andere Anteile davon abzuhalten ihre Erfahrungen zu machen, nur weil ich noch nicht bereit dazu bin. Wenn ich damit nicht umgehen kann, erhöhen wir die dissoziativen Barrieren, bis ich es versuchen möchte. Besonders innerhalb eines Systems sollten wir gute Grenzen miteinander haben und respektieren, dass andere Anteile woanders stehen, ein anderes Stresstoleranzfenster haben und ihre eigenen Entscheidungen zu Emotionen treffen dürfen.
Ihr könnt eure Experimente jederzeit abbrechen und wieder taub werden. Die Option verschwindet nicht. Die Hoffnung wäre, dass ihr sie mit der Zeit nicht mehr so oft braucht.
Uns Emotionen zu erlauben ist ein Weg, das Schlechte nach draußen zu lassen und das Gute herein zu lassen. Wenn wir andere Erfahrungen machen wollen als in TraumaZeit, müssen wir uns die Chance lassen, diese Erfahrungen zu haben. Sonst bleiben wir stecken mit negativen Gefühlen und verpassen die positiven. Der Schlüssel zu Glück und Zugehörigkeit besteht darin, aus ganzem Herzen zu Leben. Ohne Emotionen fühlen wir uns nicht vollkommen lebendig.
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