Insbesondere am Anfang unserer Therapie werden uns immer wieder Situationen begegnen, wo es wichtig wäre, mit anderen Anteilen zu reden und zu verhandeln, aber es geht nicht, weil wir noch keinen Kanal haben, über den wir kommunizieren können. Wir hören diese Anteile nicht und sie haben auch keine Art uns zu erreichen, außer vielleicht indem sie Symptome im Körper verursachen. Diese physischen Symptome sind meist unspezifisch und es ist unmöglich zu erraten, was sie bedeuten sollen. In solchen Fällen werden unsere Ts wahrscheinlich Finger Signale einführen, um Anteilen eine Option für Kommunikation zu geben.
Die Technik ist aus der Hypnotherapie abgeschaut, wir brauchen aber keine Hypnose damit das bei uns funktioniert. Alles was wir tun müssen, ist die Kontrolle über unsere Hände lockern. Betreffende Anteile haben vielleicht schon bewiesen, dass sie ein gewisses Maß an Einfluss auf den Körper haben, auch wenn wir eigentlich Vorne sind. Unsere Ts sprechen dann zu ihnen durch und bitten sie, die Hände zu bemerken. Dann können sie sich einen Finger zum heben oder eine andere spezifische Bewegung damit aussuchen, die Ja bedeutet. Unsere Ts bitten sie, zu zeigen, was sie sich ausgesucht haben und zu bestätigen, dass was wirklich Ja bedeutet. Dann können sie sich ein Zeichen für Nein und für Stopp aussuchen und das auch noch mal bestätigen. Es ist wichtig, Anteilen die Möglichkeit zu geben, Fragen in eine bestimmte Richtung zu stoppen, damit niemand überfordert wird. Oft heben Anteile verschiedene Finger als Signale. Manchmal machen sie auch Gesten mit der Hand, wie ein Winken oder eine Faust. Ich hab auch schon gesehen, wie was völlig anderes, was nicht auf Hände beschränkt war, fürs Stopp verwendet wurde. Es ist allerdings einfacher zu bemerken, wenn wir unsere Aufmerksamkeit alleine auf die Hände konzentrieren können.
Wenn unsere Ts diese Technik mit uns verwenden, sind die in der Regel darin geschult, wie man das richtig anwendet, ohne dabei unsere Antworten zu beeinflussen. Eben weil sie nur Ja-oder-Nein Fragen stellen können, könnte man ihnen sonst schnell Suggestion vorwerfen und dass sie uns unsere Schlussfolgerungen eingeredet hätten. Selbst wenn sie eine starke Vermutung haben, dass es sozusagen Colonel Mustard im Billardzimmer mit dem Kerzenständer war, werden sie nicht fragen ‘War es Colonel Mustard im Billardzimmer mit dem Kerzenständer?’ Sie sind geschult in alle Richtungen zu fragen, auch Unwahrscheinliches mit einzuschließen und es dann präziser werden zu lassen. Bevor das Billardzimmer auch nur erwähnt wir, fragen sie nach dem Wintergarten, der Bibliothek, dem Arbeitszimmer und dem Musikzimmer. So können alle etwas Erfahrung sammeln mit den Signalen und Sicherheit damit finden, dass so kommuniziert werden kann und die Antworten stimmen.
Normalerweise hört ihr eure Ts, wie sie die Finger Zeichen übersetzen, indem sie die Antwort laut wiederholen und für den Anteil sprechen, der Zeichen gibt. So könnt ihr die ganze Unterhaltung hören, auch wenn ihr die Augen vielleicht geschlossen habt oder nicht hinschaue wollt. Das gibt den Anteilen auch die Chance sich noch mal zu korrigieren, sollte ein Signal verwechselt worden sein.
Ts brauchen Übung und Kreativität für ihre Fragen, damit Konflikte oder Bedürfnisse erforscht werden können und wir verstehen, wie wir einem bestimmten Anteil helfen können. Trotzdem ist diese Methode weit besser, als gar keinen Weg zu haben, um zu kommunizieren. Es ist ein erster Schritt, um Zugang zu kriegen und Hilfe anzubieten. Wenn wir ein bisschen Erfahrung damit gesammelt haben, könnten wir das vielleicht auch selbst anwenden, bis es anders geht. Es ist aber um Welten einfacher, wenn Ts das Gespräch anleiten und in einer vermittelnden Rolle Fragen stellen. Im Grunde ist es kein Selbsthilfe Werkzeug. Ich möchte aber, dass ihr wisst, dass sowas in der Therapie auftauchen kann und das nichts verrücktes ist, was eure Ts sich gerade ausgedacht haben. Finger Zeichen werden sehr regelmäßig verwendet, wenn Kommunikation anders nicht möglich ist.
Es ist unangenehm zu sehen, wie sich Finger bewegen und das nicht mutwillig zu machen. Die Reaktionen sind oft leicht verzögert, als würden wir schlafwandeln und das ist ein Zeichen, dass alles richtig läuft. Nicht völlig die Kontrolle über den Körper zu haben, kann beängstigend sein. Den Beweis zu sehen, dass wir nicht alleine im Körper sind und jemand anderes Fragen beantwortet, zu denen wir selbst die Antworten gar nicht kennen, ist herausfordernd. Aber was für eine Erleichterung, kommunizieren zu können und endlich zu verstehen, was bei dem anderen Anteil überhaupt los ist und warum wir die Symptome haben, die wir haben. Finger Zeichen sind in dieser sehr spezifischen Situation, wo wir keine andere Methoden zu kommunizieren haben, absolut Gold wert.
Ihr findet Infos zu Finger Signalen in einigen Büchern zur DIS Behandlung. Am ausführlichsten wohl in Die Trauma Trinität – Enaktive Traumatherapie von Ellert Nijenhuis, Kapitel 33, wir ihr ein vollständiges Transkript mit Kommentaren findet.
Mehr zur Arbeit mit Händen bei DIS
Leave a Reply