Es ist Teil der Traumatherapie, problematische Gedanken und Überzeugungen anzuschauen. Die halten uns in leidvollen Emotionen gefangen oder stören unsere Beziehungen zu uns selbst oder anderen. Was wir glauben, zeigt sich darin, wie wir leben und welche Entscheidungen wir treffen. Oft kann es keine Veränderung geben, wenn wir nicht die Art und Weise ändern, wie wir denken.
Standard-Ansatz
In der Verhaltenstherapie werden unsere Ts uns über kognitive Fehler aufklären, um uns zu helfen, festgefahrene Überzeugungen zu ändern. Die zu erkennen, schafft ein Bewusstsein für Extreme im Denken, die uns zurück halten. Ein Überblick über die gängigen kognitiven Fehler:
- Katastrophale Vorhersagen: Wir glauben, dass alles schlimm enden wird, dass Dinge schief laufen werden, Menschen uns verlassen werden, dass wir versagen werden…
- Gedankenlesen: Wir erfinden Geschichten darüber, was in den Köpfen oder Herzen anderer Menschen vor sich geht, obwohl sie nichts davon tatsächlich geäußert haben
- Generalisierung: aufgrund einer Erfahrung glauben wir zu wissen, dass es nichts anderes gibt, es wird immer und überall bei jedem genau so sein
- Mentales Filtern: wir konzentrieren uns auf ein Detail und verlieren das große Ganze aus den Augen. Das heißt, wir verlieren den Kontext, der der Erfahrung ein Gegengewicht geben könnte. Unser Gehirn tut das automatisch, wenn wir gestresst sind.
- Übertreibung: wir machen ein Problem größer, als es ist, besonders wenn wir irgendwo versagt haben, und stellen uns riesige Konsequenzen vor, wenn es in Wirklichkeit keine große Sache ist
- Voreilige Schlüsse: Wir denken, dass wir genau wissen, was vor sich geht, obwohl uns wichtige Informationen fehlen. Annahmen füllen die Lücken entsprechend den persönlichen Überzeugungen.
- Alles-oder-Nichts/ Schwarz-oder-Weiß-Denken: Wir springen von einem Extrem zum anderen. Wenn die Dinge nicht perfekt laufen, geben wir ganz auf oder sehen keinen Sinn mehr darin, uns anzustrengen.
- Emotionales Denken: Wir lassen unsere Emotionen unsere Realität definieren. Wenn es sich so anfühlt, muss es auch so sein, auch wenn es nicht in der Realität begründet ist.
- ‘Hätte-Sollte-Müsste’-Aussagen: Wir sagen uns all die Dinge, die wir anders hätten machen sollen, aber das bringt uns nicht weiter, weil wir es nicht so getan haben und es jetzt vorbei ist.
Was als emotionales Hijacking bezeichnet wird, kann manchmal von kognitiven Fehlern getrieben werden.Wenn schmerzhafte Emotionen mit der Zeit nicht abflauen, füttern wir sie wahrscheinlich mit dysfunktionalen Gedanken. Das hält uns im Leiden fest. Dann ist es Zeit für einen sorgfältigen Realitäts-Check, insbesondere für die Suche nach diesen kognitiven Fehlern.
Manchmal sind wir so an diese Art des Denkens gewöhnt, dass es Ts braucht, um uns auf die Fehler hinzuweisen. Das ist so sehr Teil unserer Erfahrung geworden, dass wir vielleicht blind dafür sind.
Sobald wir einen Irrtum erkennen, können wir uns alternative Glaubenssätze ausdenken, die weniger extrem sind, und einen alten Glaubenssatz gegen eine neue austauschen. Es hilft, gezielt Erfahrungen zu suchen, die den alten Glaubenssatz als falsch enttarnen. Das kann sich beängstigend anfühlen, aber Erfahrung ist effektiver beim Ändern von Überzeugungen als Reflexion allein.
Wenn die Standardübung versagt
Es ist nicht selten, dass Traumatisierte mit der einfachen VT-Lösung nicht zurecht kommen. Gedanken und Überzeugungen mit Traumabezug lassen sich nicht so leicht ändern. Ein wesentlicher Grund dafür ist strukturelle Dissoziation. Die Anteile, die die korrigierende Erfahrung machen, sind nicht dieselben Anteile wie die, die an dem schmerzhaften Glaubenssatz festhalten. Es kann passieren, dass wir jeden Tag korrigierende Erfahrungen machen und es nicht realisieren. Es hilft, dafür zu sorgen, dass die richtigen Anteile die neue Erfahrung bemerken. Und auch dann können wir immer noch feststecken. Hier sind weitere Möglichkeiten zum Ausprobieren:
Bottom-up statt Top-down
Ein chronisch dysregulierter Körper sendet Feedback an unser Gehirn, und das kann einen starken Einfluss darauf haben, was wir denken können. Wir können keine Dinge glauben, die der Körper nicht durch Erfahrung glaubt. Das ist der Grund, warum der Ausdruck “felt sense” in der Traumatherapie so wichtig geworden ist. Wenn ein Körper im Shutdown feststeckt und vom sozialen System abgekoppelt ist, wird der Körper Gedanken produzieren, dass wir in der Welt verlassen/allein sind, dass wir versagen und dass wir sterben wollen.
Chronisches Hyperarousal führt zu Misstrauen und Feindseligkeit, urteilenden Gedanken oder der Überzeugung, dass nichts sicher ist. Das ist, was der Körper uns über die Welt mitteilt, wenn wir uns im Flucht- oder Kampfzustand befinden. Um die Brille zu ändern, die unsere Welt verfärbt, müssen wir aus chronischer Dysregulation herauskommen. Unsere Gedanken könnten sich automatisch ändern, sobald wir regulierter und verbundener sind.
Bewältigungsstrategien
Oft waren Glaubenssätze Teil unserer Bewältigungsstrategien in der TraumaZeit. Das Festhalten an bestimmten Glaubenssätzen hat uns beschützt vor der rohen Intensität des Traumas und es erträglicher gemacht (Beispiel). Wir können oft feststellen, dass Glaubenssätze zusammen mit den Anteilen, die sie halten, dissoziiert wurden und diese sich gegen Veränderungen wehren, als hinge ihr Leben davon ab. Das ergibt völlig Sinn, wenn wir es im Kontext des spezifischen Traumas betrachten. Das Denken muss sich oft in scheinbar irrationale Formen verdrehen, aber sie ergeben einen Sinn. Wir sind nicht verrückt oder therapieresistent, wenn wir an Gedanken festhalten, die uns so sehr in die Quere kommen. (Mehr zur Logik des Überlebens)
Man kann nicht einfach zu einem traumatisierten Anteil gehen und ihm seine Bewältigungsstrategie wegnehmen. Sie sehen es vielleicht als ihre Identität und ihre einzige Möglichkeit zu überleben.
Das Ändern eines solchen Glaubenssatzes beginnt mit wirklich gutem Grounding. Die Anteile müssen wissen, dass die vergangenen Erlebnisse vorbei sind und dass die Welt heute anders aussieht. Sie müssen auch erkennen, dass die Menschen aus der Vergangenheit nicht mehr die Kontrolle haben und dass die neuen Menschen heute anders sind als die alten. Es kann Zeit, Tests und neue Erfahrungen brauchen, um die Unterschiede zu erkennen. Manchmal reicht das schon aus, um ihre Meinung zu ändern.
Manchmal ist es aber immer noch zu schwierig loszulassen, weil Veränderung beängstigend sind und es immer noch das Gefühl gibt, dieses Denken zu brauchen. In solchen Fällen setzen wir die Werkzeuge der Radikalen Offenheit ein. Die Idee ist, nicht alle Antworten zu haben, warum es unmöglich ist, sich zu ändern, sondern stattdessen gute Fragen zu finden, die wir uns stellen können.
Einige Fragen, die wir hilfreich finden:
- Wie dient mir das Festhalten an dieser Überzeugung?
- Welcher Wahrheit müsste ich mich stellen, wenn ich diesen Gedanken aufgeben würde?
- Wie schützt mich dieser Glaubenssatz?
- Wie sorgt dieser Glaubenssatz für meine Sicherheit?
- Warum war dieser Glaubenssatz zur TraumaZeit nützlich?
- Zu wem macht mich dieser Glaube als Person/Anteil in meiner Familie/meinem System?
- Wie macht mich dieser Glaube besser als andere Menschen/Anteile?
- Inwiefern würde mich eine Veränderung dieses Glaubenssatzes in der Zukunft in Gefahr bringen?
- Wie hilft mir dieser Glaubenssatz, mich in meinen Beziehungen sicher zu fühlen?
- Was muss ich durch diesen Glaubenssatz nicht wissen/erkennen, was schmerzhaft wäre?
- ….
Ich würde empfehlen, sich darauf zu konzentrieren, die Frage zu finden, die innerlich eine Resonanz erzeugen, und nicht zu sehr zu versuchen, sie zu beantworten. Normalerweise kennen wir die Antwort intuitiv. Es braucht nur die Erkenntnis, dass es das ist, was wir eigentlich tun: Wir benutzen den Glaubenssatz irgendwie für einen verstehbaren Zweck. Anteile von uns versuchen immer noch, uns vor dem Trauma und der Welt, in der wir aufgewachsen sind, zu schützen. Trauma-Gedankenmuster dienten früher einem Zweck, und wir müssen den Zweck verstehen, um weiterzukommen. Das kann eine weitere Runde Realitäts-Checks starten, eine wichtige Fertigkeit, die weit unterschätzt wird.
Wahrheiten verhandeln
Anteile können sehr in ihre Überzeugungen investiert sein. Manchmal ist ihre ganze Welt darauf aufgebaut, und dieses Fundament zu erschüttern, wäre für sie zu schwer zu verkraften. Anstatt zu versuchen, sie davon zu überzeugen, dass ihre Gedanken falsch ist und sie etwas anderes glauben müssen, arbeiten wir erfolgreich mit dem Konzept von parallelen Wahrheiten. Die Anteile können Recht haben und dann gibt es noch eine andere Möglichkeit, die gleichzeitig auch wahr sein kann. Was die Täter gesagt haben, könnte wahr sein. Und es könnte auch wahr sein, dass sie mit dem, was sie gesagt haben, ihre eigene Agenda hatten. Wenn wir eine zweite Wahrheit einführen, bedroht die nicht die Überzeugungen der Anteile; die Glaubenssätze stehen nur für eine Weile nebeneinander und Anteile können mit diesem Gedanken vertrauter werden. Mit der Zeit kann der neue Gedanke wichtiger werden und vielleicht die alte Überzeugung ersetzen. Parallele Wahrheiten sind der sanfteste Weg, um andere Optionen einzuführen. Wir nehmen nichts weg, wir fügen nur etwas hinzu.
Etwas davon funktioniert normalerweise, zumindest in einer akuten Situation, die Leid verursacht. Einige Kernüberzeugungen, wie eine tiefe Unfähigkeit, Menschen zu vertrauen, weil sie nicht vertrauenswürdig genug sind, können eine lange Zeit brauchen, um sich zu ändern. Selbst wenn wir in einer Situation Argumente finden können, wird es wahrscheinlich in der nächsten wieder ein Thema sein. Wenn kPTBS so einfach zu überwinden wäre, würde niemand damit so ringen. Ihr seid nicht irgendwie zu blöd dazu, um euch zu ändern. Therapie hat einfach noch keine besseren Werkzeuge und es gibt Grenzen für das, was Reflexion ändern kann. Wir können unser Bestes tun, indem wir Trauma-fokussierte Techniken zur normalen Verhaltenstherapie hinzufügen, aber es gibt keine Wunderlösung, die garantiert und einfach funktioniert.
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