Wir neigen dazu von PTBS als einer psychischen Krankheit zu denken, wo doch große Teile davon physisch sind. Es ist nicht nur unsere Weltanschauung, die Muster in unserem Denken und unseren Beziehungen die PTBS ausmachen, es ist auch Hyper/Hypoarousal, Hypervigilanz, die flight/fight Reaktion, chronischer Stress und intensive Emotionen, alles körperliche Erfahrungen.
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Es gibt verschiedene Richtungen, von denen man sich PTBS nähern kann.
Eine Herangehensweise ist es top-down zu arbeiten und unser Denken zu benutzen, was neuere Regionen unseres Gehirns wie den präfrontalen Cortex beansprucht . Wir lernen zu reflektieren, Muster zu erkennen, Bewältigungsstrategien und wie wir unsere Emotionen mit Hilfe von Skills oder Ablenkung regulieren können. Wir versuchen unsere Glaubenssätze, die uns nicht mehr dienlich sind, auszutauschen und unsere Emotionen zu verstehen. Dieser Ansatz bedient sich der Gesprächstherapie. Besonders bei schwer traumatisierten Patientin hat Gesprächstherapie ihre Grenzen. Manche Dinge kann man unmöglich glauben, ohne sie erlebt zu haben. Vieles kann nicht mit Worten ausgedrückt werden.
Der andere Ansatz ist bottom up mit dem Körper zu arbeiten, manchmal sogar ohne dafür Worte zu verwenden. Dafür benutzen wir ältere Teile unseres Gehirns; älter, weil sie sich historisch gesehen früher entwickelt haben, aber auch weil wir sie als Kinder als erstes verwenden, noch bevor wir logisches Denken meistern. Das umfasst unseren Tastsinn, körperliche Handlungen und Bewegungen. Sie werden zu einer Eingangstür zu unseren Emotionen und Erinnerungen. Manche Dinge sind so einfacher zu erreichen als durch unser Denken.
Ich halte es für weise beide Ansätze zu nutzen. Für manche Patienten ist Körperarbeit der Schlüssel für ihren steckengebliebenen Heilungsprozess.
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Wenn der Körper zum Trigger wird
Überlebende befinden sich manchmal in einem schrecklichen Kreislauf von Vermeidung und Wiedererleben. Wir haben früh gelernt, dass den Körper wahrnehmen nicht sicher ist und eine Quelle von Schmerz darstellt, also vermeiden oder dissoziieren wir ihn. Aber körperliches Erleben kommt immer wieder durch und erinnert uns an unseren versehrten Körper. Das wirft uns vom nicht genug erleben direkt ins zu viel erleben, einen Flashback. Als Reaktion darauf vermeiden oder dissoziieren wir noch mehr, distanzieren uns von unserem Körper immer weiter . Das kann automatisches Verhalten sein, das uns davon abhält zu erkennen, dass wir auf ein körperliches Erleben reagieren, das im Moment gar nicht passiert. Es bedeutet auch, dass wir unseren Körper dazu verdammen für uns und vor uns Geheimnisse zu bewahren: die Trauma Informationen, die nie genug prozessiert wurden, um verbale Erinnerung zu sein, die in unseren Körper Erinnerung gespeichert sind. Ohne diese Information bleiben wir in der Heilung vielleicht stecken.
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Sicherheit in unserem Körper
Das erste Ziel in der Traumatherapie ist ein Gefühl von Sicherheit zu etablieren. Es ist unmöglich innerhalb dieses Kreislaufs ein so ein Gefühl zu entwickeln. Wir können diesen Einfluss nur reduzieren, indem wir die Vermeidung unseres physischen Erlebens aufheben und uns erlauben neue und sicherer Erfahrung mit unserem Körper zu haben. Das kann uns helfen sicheren Grund zu finden, wo unsere Erfahrung mit dem Hier und Jetzt verbunden sind statt mit dem dort und damals. Wenn der Körper erlebt, dass er sicher ist, werden wir fähig sein uns zu beruhigen. Wir können kein Gefühl von Sicherheit in unserem Verstand erzeugen, das unabhängig ist von unserem Körper.
Grounding
Mit dem Körper zu arbeiten bedeutet präsent und involviert zu sein statt dissoziiert oder in Erinnerungen versunken . Es wird zu einer Hier-und-Jetzt-Therapie, die hilft, mit den aktuellen Symptom umzugehen, ohne dafür unbedingt auf traumatische Erlebnisse zurückschauen zu müssen. Manche Patienten sind schlicht nicht stabil genug für so etwas, aber sie können ihr Erleben heute verbessern.
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Selbstregulation
Anspannungszustände sowie intensive Emotionen sind körperliche Erlebnisse. Wir können uns Ihnen durch Körperarbeit nähern, um uns zu helfen, uns selbst zu regulieren. Das könnte Bewegung umfassen, um Stress abzubauen und Balance zu finden, aber auch Berührung für Trost und zwischenmenschliche Regulation. Unseren Atem zu verlangsamen wird uns helfen den ganzen Körper zu beruhigen.
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Selbstwert und Selbstwirksamkeit
Wenn wir mit unserem Körper arbeiten, können wir körperlich erleben, dass wir heute Kontrolle über unseren Körper haben. Wir spüren, dass wir eine Entscheidung treffen können und danach handeln, um Veränderung zu bewirken . Es macht einen Unterschied das mit dem Verstand zu wissen oder mit dem Körper. Das wird unser Gefühl von Sicherheit im heute erhöhen und die Art und Weise, wie wir uns selbst in der Welt sehen, verbessern.
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Gedanken und Glaubenssätze
Es ist harte Arbeit unsere Gedanken zu verändern und uns selbst in einen neuen Glaubenssatz hineinzudenken. Körperarbeit kann uns Wahrheiten offenbaren, die wir mit unserem Verstand nicht erfassen konnten, aber unser Körper hilft uns die zu fühlen und das kann unser Denken verändern . Schon eine Erfahrung, die einen Glaubenssatz widerlegt, ist genug, um diesen zu verändern.
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Wenn wir bei unserem Körper bleiben, können wir lernen ihn uns zu eigen zu machen, in ihm zu leben, ihn sogar zu lieben und gut zu versorgen . Er ist ein Teil von uns . Wir müssen ihn nicht mehr bekämpfen, wir sind ein Team . Das bedeutet, dass wir unseren Körper zuhören können und uns unsere Bedürfnisse bewusst werden dürfen.
Abwehr überwinden
In der Gesprächstherapie sehen wir uns manchmal mit mentalen Barrieren und Abwehrstrategien konfrontiert wie z.b. Intellektualisierung zur Vermeidung schmerzhafter Emotionen. Ein nonverbaler Körper fokussierter Ansatz könnte helfen diese zu überwinden.
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Unaussprechlich
Und manches an Trauma kann einfach nicht in Worte gefasst werden. Da sind Erlebnisse, die schwer auszudrücken sind und manchmal wurden Erinnerungen nicht ausreichenden prozessiert und hinterlassen uns nur eine diffuse Wahrnehmung, statt eine Situation, die wir beschreiben können. Auch dem kann man sich durch Körperarbeit nähren und Erleichterung erfahren.
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Körperarbeit kann unsere Vorbereitung für die Trauma Bearbeitung unterstützen, weil sie uns hilft bei uns zu bleiben, was unsere Fähigkeit Erinnerung zu integrieren beeinflusst und uns zu regulieren, was uns davon abhält in der Exposition retraumatisiert zu werden.
Aber selbst wenn Exposition gar nichts für dich ist kann Körperarbeit dir helfen deine Symptome signifikant zu reduzieren. Sie kann helfen deine körperlichen Erinnerung mit Schichten um Schichten neuer Erinnerungen zu überschreiben, bis zu dem Punkt wo dein Gewahrsein von der Gegenwart ein starkes Gegengewicht zu jedem Flashback darstellt, den du erlebst. Du musst präsent sein, damit das passieren kann, weil unser Gehirn keine richtigen Erinnerungen erschaffen kann, während wir dissoziieren. Das wird die Flashbacks nicht stoppen, es kann ihren Einfluss aber reduzieren und helfen, dass du dich schneller erholst.
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Ich habe eine Liste von verschiedenen Arten von unspezifischer Körperarbeit zusammengestellt, die für andere Überlebende schon hilfreich gewesen sind.
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Bewegung
- Yoga
- Qi Gong
- Kampfsport (nicht als eine Vorbereitung für den Kampf, sondern wegen des Fokus auf Selbstbeherrschung)
- Tanztherapie
- Selbstverteidigung
- Kinästhetik
Sensorische Integration
- Massage
- Kraniosakraltherapie
- Feldenkrais
- funktionale Entspannung
Anderes
- Theater
- Rhythmus und Trommeln
- Chor/Gospel/ Choral singen
- Atemtherapie
Ich werde mit der Zeit Artikel zu einigen davon hinzufügen. Bitte seid geduldig.
Mehr zu trauma-spezifischer Körperarbeit bald.
tigerkatze says
Seit knapp zwei Jahren mache ich erste Erfahrungen mit Körperarbeit und bin positiv überrascht. Qigong finde ich sehr hilfreich, ebenso Tanztherapie. Derzeit taste ich mich vorsichtig an traumasensitives Yoga ran.
Ich kann nur empfehlen, Körperarbeit auszuprobieren, denn so gibt man sich selbst die Möglichkeit, wirklich hilfreiches zu entdecken.