Berührung ist ein Grundbedürfnis und trotzdem ist sie für manche angsteinflößend, triggernd und unerträglich.
Berührung ist auch eine der wichtigesten Arten wie wir Trost wahrnehmen können: Im Kontakt mit einer anderen Person, durch eine Umarmung oder gehalten werden. Das ist wichtig. Es wird dringend benötigt. Und trotzdem ist es oft unmöglich.
Versuch mir zu folgen wenn ich erkläre wie wir diesen Effekt imitieren können, ohne dafür eine andere Person zu benötigen oder Kontakt mit bloser Haut.
Auf der Suche nach Wegen um überstimulierten autistischen Kindern zu helfen, haben Forscher herausgefunden dass “deep pressure touch” (ich habe keine schöne Übersetzung dafür gefunden, es geht um die Tiefensensibilität der Haut) hilft, ihren Anspannungslevel zu regulieren.
Der Grundgedanke ist von außen leichten Druck auf den Körper auszuüben, dafür werden gewichtete Decken oder gewichtete Westen verwendet, und damit das Gefühl einer Umarmung zu imitieren.
Die Körperchemie reagiert auf besondere Art, wenn die Tiefensensibilität der Haut angesprochen ist und dabei scheint es keinen Unterschied zu machen, ob das durch gehalten werden passiert oder durch Gewichte am Körper.
Tiefendruck hat einen positiven Einfluss auf Endorphine (Glückshormone) und Oxytocin (ein positives Beziehungshormon, was auch Stress reduziert), und Dopamin und Serotoninspiegel (fröhliche Neurotransmitter). Alles Dinge die wir wollen.
Unter anderem mindert das: Angst, Stress, Hyper- und Hypoarousal, Unruhe, Nervosität, Anspannung, Herzschlag, Blutdruck….
Und erhöht: Körperwahrnehmung (auch der Körpergrenzen), Erdung und Präsenz, Konzentrationfähigkeit, Aufmerksamkeit und Fokus, innere Ruhe
Zuerst wurde das ganze für Autismus verwenden, dann auch bei ADHS und Angststörungen, aber wegen des deutlichen Effekts auf Anspannungslevel macht es vollkommen Sinn, das auch für PTBS zu benutzen. Gerade wegen der sensorischen Ingetration, die gefördert wird, ist es besonders nützlich bei Dissoziation um auch die Körperwahrnehmung zu verbessern.
Und zu all dem tröstet es auch noch.
Der Körper reagiert genau so wie er das tun würde wenn du von einem geliebten Menschen getröstet werden würdest. Natürlich ist es am Besten jemanden zu haben, mit dem man reden kann, aber wenn da ein großes Loch in dir ist und du einfach trost-los bist, ist das hier das Beste was du tun kannst um dich selbst über den Körper zu trösten.
Leg dir ein bisschen Gewicht zu.
Es gibt verschiedene Arten das zu tun. Die gängigsten sind wohl gewichtete Decken. Die kann man in verschiedenen Größen kaufen (von Bettdecke bis Schoßkissen) oder man kann sie auch selbst nähen. An sich ist das eine Decke mit lauter aufgenähten quadratischen Taschen, in die man (kleine Säckchen mit) Plastikperlen, Bohnen, Kerne o. ä. rein macht.
Ich habe eine gekaufte gewichtete Decke. So sieht die aus:
Bei manchen traumatisierten Menschen können Gewichte den Eindruck erwecken bewegungsunfähig zu sein und sie können das Gefühl einfach nicht ertragen. Da ist jeder unterschiedlich. Deswegen macht es Sinn, bevor man Zeit oder Geld investiert, mal mit einer improvisierten Variante zu testen, wie man selbst denn reagiert. Man kann den Effekt sehr leicht herstellen, indem man vielleicht Stoff über eine Körperregion ausbreitet (optional) und leichte Gewichte darauf legt (sowas wie Kirschkernkissen eigenen sich besonders gut).
Eine große Bettdecke ist schon recht intensiv für Anfänger. Wir empfehlen mit einer kleinen Decke für den Schoß anzufangen, die man auch über die Schultern legen kann oder einer gewichteten Weste. Sowas bedeckt einen kleineren Teil des Körpers und man fühlt sich nicht so in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt (gewichtete Westen gibt es in Läden für Autisten, aber auch im gut sortierten Sporthandel. Das braucht nur kleine Gewichte!)
Ich empfehle immer, das im sitzen auszuprobieren, weil eine liegende Position schnell mal traumatische Erinnerung anstoßen kann und man sich, wenn die Beine völlig bedeckt sind, leichter bewegungsunfähig fühlt. Was auch immer du tust, es sollte sich für dich sicher anfühlen.
Mach es dir nicht zu schwer. Es sollte sich in etwa anfühlen, als säße da ein süßes, kleines Kätzchen auf deinem Schoß. Ich kann schwer
Gewicht empfehlen, weil das von Körpergröße, Gewicht und Alter abhängt. Du machst es genau richtig, wenn
es sich im ersten Moment, wenn du die Gewichte auflegst, nicht schwer anfühlt und das Schweregefühl erst so langsam in den Körper einzieht, während der sich immer weiter entspannt.
Hab etwas Geduld. Der Effekt braucht ein paar Minuten um sich voll zu entfalten. Wir empfehlen mindestens 10 Minuten zur Beruhigung und um Angst zu reduzieren und etwa 30 Minuten für Entspannung und Trost. Der Körper gewöhnt sich daran und nach einer Weile entspannt er immer schneller.
Wir würden es nicht empfehlen tatsächlich unter einer gewichteten Decke zu schlafen. Das hat sich bei autistischem Kindern als sehr hilfreich erwiesen, aber das birgt ein recht hohes Risiko von Albträumen und Flashbacks. Am besten ist es wach und präsent zu sein, wenn man eine Decke verwendet. Im Halbschlaf kann das Gewicht leicht falsch interpretiert werden.
Wir sind der Meinung dass jeder Notfallkoffer eine gewichtete Decke enthalten sollte. Kliniken könnten damit Grounding unterstützen und viel an Medikamenten sparen.
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