Grenzen sind ein Schlüssel zu gesunden Beziehungen. Sie trennen uns gleichzeitig von anderen Menschen und ermöglichen Verbindung. Nur die Grenze zwischen zwei Personen macht es für sie möglich miteinander in Beziehung zu treten. Sie drückt außerdem das Limit aus von dem, was wir gewillt sind zu tun oder zu teilen und weist Menschen darauf hin, wie weit diese Beziehung gehen kann.
Eine Grenze definiert
- wer wir sind – und wer wir nicht sind
- was wir mögen und wollen – und was wir ablehnen
- was uns gehört – und mit wem wir es teilen wollen
- unsere Meinung – die andere nicht teilen müssen
- unsere Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche und Ziele – unabhängig davon, was andere fühlen, brauchen oder wünschen
- unser Recht an unserem Körper – und wie wir Berührung annehmen
- den Zugang zu unseren ‘unsichtbaren’ Ressourcen wie Zeit, Energie oder Aufmerksamkeit – die wir frei verwalten können, wie wir das wollen
- unseren Verantwortungsbereich – im Kontrast zu dem, wofür andere verantwortlich sind
Wenn wir in einer verstrickten Familie aufgewachsen sind, müssen wir vielleicht erst die Grundlagen davon lernen, wer wir sind, bevor wir gute Grenzen setzen können (Mehr…) Es könnte auch helfen, uns herauszufordern neue Dinge auszuprobieren, um herauszufinden, was wir wirklich mögen.
Zäune und Tore
Wir können uns Grenzen vorstellen wie einen Zaun, der um das Grundstück unserer Persönlichkeit herum verläuft. Er hält das Schlechte draußen und das Gute drinnen. Eine gute Grenze hat ein Tor, wo ein Austausch mit der Außenwelt stattfinden kann, sodass mehr Gutes nach Innen kann und der Schmerz, den wir noch aus TraumaZeit mit uns tragen nach draußen kann.
Was ist das Schlechte, was du draußen halten willst?
Was ist das Gute, was du Innen behalten willst?
Gibt es etwas, wo du dir einen Austausch wünschst?
(Klassische Probleme mit Grenzen)
Wir setzen Grenzen durch unsere Worte und unser Verhalten.
Das grundlegendste Grenz-Wort ist „Nein“. Weil uns Überschreitungen zu TraumaZeit gelehrt haben, dass unser Nein bedeutungslos ist, müssen wir es heute einüben und erleben, dass es einen Unterschied macht. Weitere Beispiele für verbale Grenzen sind
- Ich stimme nicht zu
- Das werde ich nicht
- Ich entscheide mich dagegen
- Lass das
- Das ist verkehrt
- Ich mag das nicht
- Ich möchte das nicht
- ….
- ….
Wir können unser „Nein“ in unseren tragenden Beziehungen üben, um mehr Sicherheit darin zu entwickeln, wie wir Grenzen setzen.
Grenzen und Konsequenzen
Wenn unsere Grenzen überschritten werden, müssen wir das kommunizieren. Um einer Konfrontation Gewicht zu verleihen, fügen wir Konsequenzen hinzu. Menschen sind frei zu entscheiden, was sie tun wollen, wir versuchen sie nicht durch Strafe zu kontrollieren. Wir informieren sie nur vorher schon darüber, was wir tun werden, wenn wir mit einem bestimmten Verhalten konfrontiert werden.
Sobald wir jemandem sagen, was er tun soll, machen wir es verkehrt. Wir können andere Menschen nicht kontrollieren. Wir können nur uns selbst kontrollieren. Eine Grenze mit Konsequenzen bedeutet genau genommen ein Aufgeben jedes Versuches Verhalten zu kontrollieren und überlässt es der anderen Person, die Konsequenzen zu überdenken und dann zu entscheiden.
Wir sollten darauf acht geben unsere Konsequenzen nicht aufzuheben oder zu verwässern, weil sie eine Motivation für Veränderung schaffen. Wenn andere genau wissen, dass wir nicht durchziehen, was wir angekündigt haben, gibt es für sie keinen Grund uns ernst zu nehmen und sie werden die Grenze einfach weiter überschreiten. Eine Konfrontation alleine ist nicht genug. Es braucht Konsequenzen und sie müssen innerhalb unsere Fähigkeiten liegen sie durchzusetzen.
Beispiele für Konsequenzen
- ich werde dich nicht mehr übernachten lassen, wenn du bekifft bist
- ich nehme ein Taxi nach Hause, wenn du betrunken fährst
- ich werde den Raum verlassen, wenn du mich anschreist
- Ich treffe mich mit dir nur an öffentlichen Orten, wenn du keinen angemessenen Abstand hältst
- Ich übernachte bei meiner Tante und sage ihr warum, wenn du mich noch einmal schlägst
- Ich werde dir kein Geld mehr leihen, bis ich zurück bekommen habe, was du mir schuldest
- Wenn du deine Hausaufgaben nicht fertig machst, gibt es keinen Nachtisch
- Ich fahre um 5:30 Uhr los, mit oder ohne dich
Wenn wir vorhaben eine neue, schwierige Grenze mit jemandem zu setzen, mit dem wir eine ungesunde Beziehung haben, ist es wichtig ein Team von unterstützenden Personen um uns zu haben. Verantwortungslose Menschen mögen keine Grenzen und sie mögen keine Konsequenzen (Hilfe um Grenzen zu verteidigen) Es ist unmöglich sich der Auseinandersetzung (und vielleicht sogar Aggression) zu stellen, die als Reaktion auf unsere neue Grenze auftreten können, wenn wir und nicht durch andere geschützt und unterstützt fühlen.
Ja, Grenzen kosten uns vielleicht Beziehungen. Aber was für eine Beziehung ist das, wenn wir darin nicht respektiert und frei sein können? Und ja, wir mögen die Konsequenzen, die es braucht, um sicher zu sein, vielleicht nicht, aber sie sind das einzige Druckmittel, was wir haben. Und manchmal bleibt nichts anderes übrig als ein Kontaktabbruch.
Austausch und Verantwortung
Interaktionen zwischen Menschen basieren oft auf dem Wunsch nach einem Austausch positiver Dinge. Wenn wir einen Wunsch oder ein Bedürfnis an jemanden heran tragen wollen, ist der erste Schritt, das direkt zu kommunizieren, sozusagen an ihre Tür zu klopfen. Wir benötigen weder Manipulation noch Kontrolle (über den Zaum steigen). Wir können einfach sagen, was wir möchten. Und wir müssen ein „Nein“ respektieren, was uns in Freiheit gegeben wurde und nicht versuchen es zu ändern. Wir sind verantwortlich für unsere Bedürfnisse und wie wir damit umgehen. Wir können anderen keine Schuld geben an unserem Mangel an Regulation. Glaube niemals, einen Anspruch auf etwas zu haben. Wir können nicht erwarten, dass andere sich um unsere Verantwortlichkeiten kümmern oder uns die Konsequenzen unseres Verhaltens abnehmen. Nicht mal unser Trauma gibt uns ein Recht auf Hilfe. Es war nicht unsere Schuld, aber es ist jetzt unsere Verantwortung.
Wenn wir etwas bekommen, können wir das mit Dankbarkeit tun, statt eine Liste zu führen wer gegeben und wer empfangen hat. Wenn es keine Bedingungen gab, schulden wir nur ein „Dankeschön“.
Wenn jemand zu uns kommt mit der Bitte um Hilfe, können wir wählen, wie wir das beantworten. Wir sind nicht verantwortlich dafür das Problem zu lösen, es gehört uns ja nicht. Wir sind aber verantwortlich, wie wir unsere Ressourcen verwalten und das sollte unser Fokus sein, bevor wir Ja sagen. Wenn das Problem unseres Freundes eine Konsequenz seines verantwortungslosen Verhaltens ist, tun wir ihm vielleicht keinen Gefallen, wenn wir ihn da raus hauen. Unsere Fehler anzunehmen und auszubaden führt zu mehr Reife. Ständig gerettet zu werden lässt uns ‘machtlos’ zurück.
Jeder Austausch braucht eine klare Definition von Verantwortlichkeit, indem Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen zwischenmenschlich getrennt werden um Drama zu vermeiden. Wenn wir uns mit dem anderen über-identifizieren und Verantwortung vermischen, führt da zu Co-Abhängigkeit oder Kontrolle, aber nicht zu Freiheit und Liebe. Gesunde Beziehungen wachsen nur zwischen voneinander getrennten machtvollen Personen.
Anzeichen, dass unsere Grenzen besser werden:
- wir ärgern uns über Sachen, die wir früher nicht mal bemerkt haben
- wir verlieren das Interesse an bestimmten Beziehungen
- wir fühlen uns hingezogen zu Menschen mit gesunden Grenzen
- unsere Werte ändern sich, wir bekommen Priorität
- unsere Selbstfürsorge wird besser
- Selbstwert steigt
- wir fühlen uns schuldig (=Gefühl etwas falsches zu tun), weil unsere neuen Grenzen sich fremd und unbekannt anfühlen. Das legt sich mit der Zeit
- wir schätzen ein „Nein“ von Freunden, als ein Zeichen, dass wir beide frei sind
- im Zweifel sagen wir erst mal Nein
Zu lernen wie man Grenzen setzt braucht Zeit und Geduld. Trauma hat unsere Fähigkeiten in dem Gebiet verletzt und diese Fähigkeiten sind ohnehin schon nicht leicht zu lernen. Selbst viele Nicht-Traumatisierte haben damit Probleme. Aber wenn wir es lernen, wird das unsere Beziehungen sehr verbessern und alte Trauma Muster lösen.
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