DIS bedeutet nicht, dass da mehrere Personen in einem Körper drin stecken. Wir sind alle Teile einer Person, aber wir unterscheiden uns auch voneinander. Ohne die Anerkennung dieser Unterschiede, der Trennung, der Abspaltung, können wir nicht heilen. Wir brauchen Grenzen zwischen Anteilen, um unser Ziel von Verbindung zu erreichen. Diese Realität zu vermeiden und zu versuchen einfach alle Anteile zu verquirlen reduziert unsere Fähigkeit zur Selbstregulation dramatisch. Es nimmt die Hoffnung auf Integration.
Wenn wir uns die Grenzen zwischen Anteilen anschauen, werden wir erkennen, dass sie sich nicht sehr unterscheiden von den Grenzen mit anderen Menschen. Statt zu sagen „Das bin ich und das bin ich nicht“, müssen wir zugeben „Das bin ich, und das bin ich auch, nur eben ganz anders“.
Zu lernen was jeder Anteil mag und verabscheut, braucht und wünscht, wird uns bei der SystemArbeit helfen. Das macht es möglich uns gegenseitig lieb zu haben. Wir können uns gegenseitig um Bedürfnisse kümmern und Zuneigung zeigen, indem wir auf Wünsche eingehen. Es ist möglich, und gesund, auch gegenüber Menschen außerhalb des Systems Bedürfnisse auszudrücken, aber das müssen wir in einer Team Sitzung besprechen. Erwachsenen Anteilen ist es oft unangenehm, wenn die kindlichen Bedürfnisse von Innenkindern in unseren Außen-Beziehungen ausgedrückt werden. Um da eine gemeinsame Linie zu finden, wäre es das Beste mit unserer T darüber zu reden, wo da die gesunden Grenzen sind.
Wenn es Gegenstände gibt, die einem bestimmten Anteil gehören, ist es wichtig, diese Grenze zu respektieren und nicht ohne Erlaubnis ran zu gehen. Etwas kaputt machen ist eine ernsthafte Angelegenheit und braucht Versöhnung. Es hilft, die Grenzen bestimmter Anteile auch Außen-Personen mitzuteilen, wenn die Gefahr besteht, dass sie überschritten werden. Erwachsene können Innenkinder unterstützen, die zu scheu sind selbst etwas zu sagen. Respekt in diesem Bereich vermehrt Vertrauen, Liebe und Fürsorge zwischen Anteilen. Wir fühlen uns viel mehr beschützt, wenn unser Besitz auch beschützt ist.
Mit DIS braucht es besonderen Respekt für unsere persönlichen Grenzen, weil wir zu Übereinkünften kommen müssen, um unser äußeres Leben zu managen. Unsere Team Sitzungen sind Orte, wo wir Wertschätzung zeigen können für unsere unterschiedlichen Meinungen und wo wir es üben können, einander Grenzen zu setzen. Jeder Versuch von Kontrolle endet in einem Machtkampf. Wir kommen in eine Pattsituation, weil das, was für Menschen außen gilt, auch für Anteile wahr ist: Wir können uns gegenseitig nicht kontrollieren. Wenn einer versucht den anderen zu dominieren, bedeutet das Krieg, wir kämpfen vielleicht darum wer Vorne ist und dissoziieren, sodass unser Leben zu einem Stillstand kommt. Zu lernen mit klaren Grenzen zu verhandeln ist eine Kernkompetenz für die DIS SystemArbeit. Das Ergebnis unserer Verhandlungen sollte in Einheit präsentiert werden, um Doppelbindungen zu vermeiden.
Die komplexen Emotionen, die wir als System wahrnehmen, zu regulieren, ist einfacher, wenn wir gute Grenzen haben. Sie trennen die Gefühle von einem Anteil von denen des Anderen. Das schafft die Art von Desidentifikation, die andere Leute durch Achtsamkeit und den distanzierten Beobachter erschaffen. Wir können bei dem Anteil sein, der Probleme hat, aber außerhalb ihrer emotionalen Krise bleiben, sodass wir Hilfe und Unterstützung beim Stabilisieren leisten können. Wenn diese Grenze schwach ist, wir uns mit dem Anteil über-identifizieren oder ihre Verantwortung sich selbst zu regulieren auf uns nehmen, machen wir uns selbst hilflos im Angesicht starker Emotionen.
Unsere körperlichen Grenzen zu managen ist eine Frage von Verhandlungen und Respekt. Verschiedene Anteile werden da unterschiedliche Wünsche haben. Ganz besonders, wenn es um Berührung geht, ist das ein sensibles Thema. Ihr könnt verhandeln, was ok ist und was nicht und ihr könnt euch auch darauf einigen, dass einige Anteile sich manchmal verstecken müssen, sodass sie den Körper nicht wahrnehmen. Aber ihr solltet niemals ein Level von Intimität verlangen, zu dem ein Anteil nicht bereit ist. Unsere Freunde und Partner können uns unterstützen, indem sie fragen, was in einem bestimmten Moment ok ist.
Unsere unsichtbaren Ressourcen (Zeit, Kraft, Aufmerksamkeit usw) sind begrenzt und sie scheinen nie für alle auszureichen. Um Verstimmungen oder Machtkämpfe zu vermeiden, muss es unser Ziel sein, eine Balance zu finden und den Bedürfnissen und Ansprüchen jedes einzelnen Tages zu begegnen. Eine grundsätzliche Tagesstruktur zu verhandeln kann da helfen. Unsere Ressourcen zu verwalten braucht gute Kommunikation und die Bereitschaft zu teilen. Unsere Ressourcen gehören nicht einen Anteil alleine, nicht mal der Frontfrau. Es ist richtig eine Grenze zu setzen, wie viel Zeit Innenkinder oder Erwachsene über den Tag oder auch in der Therapie zur Verfügung gestellt kriegen. Das ist der einzige Weg um miteinander in Frieden zu leben.
So wie bei den Gefühlen ist es auch einfacher unser Leben zu managen, wenn wir unsere Verantwortlichkeiten klar aufteilen. Dabei geht es nicht nur darum zu vermeiden, dass Innenkinder sich für erwachsene Aufgaben verantwortlich fühlen und vielleicht damit ein Trauma-Muster wiederholen, es geht vor allem darum, dass jeder Anteil selbst verantwortlich ist für sein eigenes Wachstum und seine Entwicklung. Nur der Anteil, der am kämpfen ist, kann sich durch seine Probleme und sein Trauma durch arbeiten. Die anderen können unterstützen, aber sie können diese Aufgabe nicht übernehmen. Jeder Versuch davon verhindert sogar Heilung. Wir können unsere Anteile nicht vor ihrem Erleben, ihren Gefühlen, Leiden oder ihrer Geschichte retten. Sie müssen selbst lernen damit umzugehen, ohne überwältigt zu werden. Niemand sonst kann Verantwortung für ihr Erleben übernehmen. Kein anderer Anteil, kein Partner, nicht mal die Therapeutin. Das klingt vielleicht hart, aber selbst Innenkinder können lernen sich selbst zu regulieren, zu kommunizieren und Bedürfnisse auszudrücken, statt die Kontrolle über sich zu verlieren und in eine Krise zu gehen. So werden sie reifer. Die Erwachsenen können helfen, aber ohne die Verantwortung abzunehmen. So kann Vertrauen zwischen uns wachsen.
Der Umgang mit Konsequenzen kann manchmal kompliziert sein. Das ganze System muss gerade stehen für Verhalten, das in der Außen-Welt statt findet. Dann ist es wichtig heraus zu finden, wie das System da hin gekommen ist und Konsequenzen weiter zu reichen an den Anteil, der sich daneben benommen hat. Das bedeutet, dass wir manchmal als Team die äußeren Konsequenzen tragen und Innen eine eigene, andere Konsequenz mit dem Anteil durchsetzen, der schwieriges Verhalten zeigt. Wir können nur Grenzen durchsetzen, die innerhalb unserer Macht liegen. Wenn wir versuchen eine Grenze mit Konsequenzen zu setzen, für die es den Körper braucht, kann es sein, dass das zu einem Machtkampf darüber führt, wer den Körper kontrolliert. Wenn unsere Ankündigung, dass es keine Schokolade mehr geben wird, dazu führt, dass wir schwer dissoziiert im Supermarkt stehen, weil wir darum ringen wer Vorne ist, dann bringt das so nichts. Nehmt euch Zeit über Konsequenzen nachzudenken, die unabhängig sind und in eurer Mach liegen.
Wenn unsere Anteile mit ihren Konsequenzen ringen spüren wir das vielleicht, und auch einen Drang ihnen das zu erleichtern. Es ist das emotionale Leiden an einer Konsequenz, was zu einer Veränderung im Verhalten führt. Wenn wir das weg nehmen, limitieren wir auch die Möglichkeit von persönlichem Wachstum für diesen Anteil. Wir können statt dessen bei ihnen sein und sie mit Empathie unterstützen darin ihre eigenen Gefühle zu managen.
Ich hoffe, dass ihr sehen könnt, dass Grenzen für ein Gefühl von Sicherheit und Schutz sorgen, für Verbindung und Frieden, Vertrauen und Unterstützung. Mit anderen Worten, die Frucht von Grenzen ist Liebe.
Manchmal können wir Dinge in der Sicherheit unserer SystemArbeit lernen und sie dann in unserem Alltag mit Außen-Personen nutzen. Manchmal ist es zu schwierig den Lernprozess mit unserem eigenen System zu beginnen und es ist das Beste, Grenzen erst mal mit Freunden und Helfern zu üben und sie dann mit dem System zu probieren. Wie auch immer wir da ran gehen, wir können es nicht vermeiden gut zu werden mit Grenzen, wenn wir heilen wollen und uns geliebt und verbunden fühlen.
Leave a Reply