Das Herstellen einer Inneren Landkarte ist eine Übung, die oft früh in der Therapie für DIS und Subformen eingeführt wird. Das Ziel ist es, einen Überblick zu schaffen, der die verschiedenen Anteile im System zeigt und wie sie zueinander stehen. Am Anfang sind solche Karten nicht vollständig. Sie wachsen, so wie unser Bewusst-Sein für unser Innenleben wächst und ein gewisses Maß an raten wird uns begleiten, bis wir es genauer wissen. So eine Karte ist nicht eine einmalige Angelegenheit, das sollte regelmäßig immer mal wieder gemacht werden, weil sich Dinge im Verlauf der Therapie verändern. Deswegen macht es auch Sinn, unsere Karten mit einem Datum zu versehen und ab und zu mal zu vergleichen.
Es gibt nicht ‘den einen Weg’ eine Karte von einem System zu machen. Ihr könnt machen, was euch passend erscheint.
Was solche Karten zeigen könnten:
- verschiedene Anteile
- ihr Alter oder eine Schätzung ihrer Entwicklungsstufe
- Namen, Spitznamen oder kurze beschreibende Aussagen
- ihre Rolle im System oder während TraumaZeit
- wie Anteile zueinander stehen
- welche Fähigkeiten sie haben oder fehlen
- oft gezeigtes Suvival Verhalten
- signifikante Bedürfnisse
- Zeit, die Vorne verbracht wird
- andere wichtige Information
- ….
Keine Karte kann all diese Dinge abbilden. Neue Erkenntnisse können später auch hinzugefügt werden oder wir machen separat noch andere Karten zu Themen, an denen wir gerade in der Therapie arbeiten. Ich werde euch verschiedene Arten vorstellen, wie man Innere Landkarten gestalten kann. Eine ist nicht besser als die andere, die unterscheiden sich nur etwas darin, was betont wird. Sie können also leicht unterschiedlichen Zwecken dienen.
Kreise
Verschiedene Anteile können als Kreise von unterschiedlicher Größe und Farbe dargestellt werden, wobei der Abstand zwischen den Kreisen auf die Beziehung zwischen den Anteilen hinweist.
Manche verwenden große Kreise für Erwachsene, mittlere für Teenager und kleine für jüngere Anteile. Die Farben der Kreise könnte für eine bestimmte Rolle stehen oder dafür wie viel Trauma ein Anteil kennt. Man könnte einen Rahmen um einen Kreis machen oder einen Punkt oder Stern in die Mitte oder farbige Muster. Macht euch eure eigene Legende und bleibt bei den Symbolen, die ihr euch ausgedacht habt.
Manche behalten auch im Auge, wer wie viel Vorne ist und geben Anteilen dem entsprechend größere oder kleinere Kreise. Es kann spannend sein, über längere Zeiträume Entwicklungen zu beobachten.
Es gibt da keine Regeln, kein Richtig oder Falsch. Woran auch immer ihr gerade in Therapie arbeitet, könnte der Fokus einer Karte werden. Ich würde allerdings einfach anfangen, nur mit Anteilen, vielleicht ihren Rollen, und wie sie zueinander stehen.
Hilfreiche Fragen könnten sein:
- Welche Anteile sind bisher bekannt?
- Wer vermeidet wen?
- Wer hilft wem?
- Wer versucht wen zu kontrollieren oder zu bestrafen?
- Wer übernimmt Verantwortung?
- Wer kennt/kennt kein Trauma?
- Wer ist nah/weit weg?
- Gibt es Gruppen von ähnlichen Anteilen?
- Gibt es bestimmte Rollen oder Aufgaben?
- Wo ist Kommunikation oder Co-Bewusstsein möglich?
- ….
System Baum
Anteile können auch als Äste an einem Baum dargestellt werden. Die Länge, Dicke, Farbe und die Position am Baum könnten sich unterscheiden. Ein Baum kann gut zeigen, dass Anteile nicht völlig unabhängig sind voneinander sind; sie sind nur voneinander getrennt und teilen sich einen Stamm und die Wurzeln. Manche verwenden den Baumstamm wie einen Zeitstrahl. Die unteren Äste repräsentieren dabei die frühsten Anteile. Je höher desto später haben sich Anteile entwickelt. Es ist hier möglich zu zeigen, wo ein Anteil sich vielleicht noch mal aufgespalten hat, wo etwas sich überschneidet oder zusammen ‘gewachsen’ ist. Wir können auch Blätter oder Früchte an Ästen hinzufügen, als Zeichen für was immer gerade wichtig erscheint, Brücken zwischen Äste malen usw. Auch hier gilt: macht daraus, was immer ihr wollt.
Symbolische Gegenstände
Man kann Anteile auch durch Gegenstände darstellen, die ihre Eigenschaften symbolisieren, wie kleine Figuren, Dinge aus der Natur oder Haushaltsgegenstände. So ist es einfach zu sehen wer zB zarter ist oder widerstandsfähiger oder gruselig. Wenn wir uns Gegenstände ausgesucht haben, können wir sie in einem vorgegebenen Rahmen aufstellen, um so Beziehungen oder Konflikte sichtbar zu machen. Wir können dazu eine Sandkiste verwenden oder auch Lego, um die Arbeit sicher einzugrenzen, oder wir benutzen den ganzen Raum mit dem Boden, Möbeln, Ecken, Verstecken usw. Mit dieser Technik können wir 3 Dimensionen nutzen statt nur 2, was helfen kann komplexe Beziehungen oder unterschiedliche Lagen im System darzustellen. Eine Sandkiste kann permanent genutzt werden, um tägliche Stimmungen oder Herausforderungen sichtbar zu machen und irgendwo stehen, wo sie uns daran erinnert, mal nach Innen zu schauen wie es läuft. Das ist eine flexible Art, eine solche Innere Landkarte in den Alltag zu integrieren.
Vielleicht liegen euch Bilder und Symbole so gar nicht. Dann könntet ihr ein Büchlein anlegen, wo verschiedene Anteile eigenen Seiten haben, mit Beschreibungen und allem, was wichtig erscheint. (Mehr zu einem SystemBuch)
Wir haben eine Liste von Anteilen mit den wichtigsten Informationen, wie so ein Überblick von Charakteren in Büchern, für Situationen, wo wir mit neuen Helferpersonen zu tun haben. Das ist einfacher als eine komplexe Landkarte zu erklären.
Achtung trickreich!
Das Konzept von Inneren Landkarten ist simple, sie dann aber zu machen kann schwierig sein. Mit Amnesien müssen wir uns was ausdenken, um die anderen kennen zu lernen. Was immer es braucht um zu kommunizieren: schreibt Nachrichten, macht Gruppen Chats, benutzt ein Whiteboard, Sprachnachrichten, Video usw.
Es ist völlig normal die Konzentration zu verlieren, zu vergessen was wir machen wollten, ruhelos und zu angespannt zu werden, um Innen zuzuhören, abzudriften oder sonst wie Probleme zu haben.
Anteile sind was sehr verstecktes. Das sichtbar zu machen, kann für alle stressig sein. Frontpersonen fühlen sich vielleicht überfordert davon, sich mit Innen zu beschäftigen, Beschützer halten das nicht für sicher so offen zu sein und verletzte Anteile fühlen sich vielleicht schutzlos und noch verletzlicher. Manche Anteile versuchen vielleicht, uns aktiv davon abzuhalten, alles sichtbar zu machen und manchmal geht es nicht weiter, weil uns die Stresstoleranz fehlt. Innere Perfektionisten können unzufrieden sein, weil die Möglichkeiten zum Ausdruck so begrenzt sind und es nie eine perfekte Repräsentation geben wird. Nehmt euch Zeit, seid nett zu euch und pushed nichts, was nicht natürlich kommt. Wenn ihr in Verleugnung rein rutsch, war es wahrscheinlich ein bisschen zu viel oder zu schnell.
Grenzen
Nicht alle Systeme lassen sich in Karten darstellen. Das sag ich nicht, um euch zu entmutigen, sondern um den Druck von denen zu nehmen, die keinen Weg finden, der funktioniert.
Die Realisierung davon, wie ein System aufgebaut ist, kann einen auch überrollen. Dann hilft das ja nicht.
Manche Systeme sind einfach zu groß oder zu komplex, um das in 2 oder sogar 3 Dimensionen erfassen zu können.
In machen Systemen haben zu viele Anteile die selben Namen und eine Karte mit 13 Susannes und 8 Susies bietet nicht mehr die Differenzierung, nach der wir streben. Das hört auf sinnvoll zu sein.
Und dann gibt es programmierte Systeme, die ihre eigenen Blockaden haben, wenn es ums Karten machen geht. Wenn etwas oder jemand Innen uns aktiv versucht davon abzuhalten eine sichtbare Repräsentation des Systems zu erschaffen, ist es am Besten, erst mal diesen Konflikt zu lösen und die Übung nicht mit Gewalt durchzusetzen. Das ist am Ende nicht so wichtig, dass es die Konsequenzen wert ist.
Innere Welt
Systeme mit komplexen Inneren Welten profitieren manchmal davon, diese auch aufzumalen. Anteile könnten dann an den Orten eingezeichnet werden, wo sie oft zu finden sind. Das kann neue Möglichkeiten eröffnen Innen miteinander zu interagieren oder uns an innere Ressourcen erinnern, die dort zugänglich sind.
Die Arbeit mit einem System ist möglich, ob wir davon jetzt eine Innere Landkarte haben oder nicht. Das alles kann helfen Sachen wie Rollen, Konflikte oder Möglichkeiten sich gegenseitig zu helfen sichtbarer und klarer zu machen und verschiedene Karten über einen längeren Zeitraum können Fortschritte abbilden. Manche finden das sehr hilfreich, andere können damit nichts anfangen oder kriegen es nicht hin. Am Ende ist es eine Einladung. Ihr entscheidet, was ich damit macht und was für euch gut ist.
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