Du braucht gar nicht gleich DIS zu haben, um innerlich jüngere Anteile wahrzunehmen, die manchmal unruhig, verängstigt, verwirrt oder gestresst sind. Das zu ignorieren und stur weiter zu machen, wird das Problem nicht langfristig lösen. Du braucht Dissoziation, um das überhaupt möglich zu machen und Innen wird die Verzweiflung nur größer.
Innenkinder zu beruhigen ist gar nicht so schwer, wie du vielleicht denkst, wenn du erst mal die Angst davor überwunden hast, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Ich werde dir einige Schritte beschreiben, die du gehen könntest. Das kann dir eine Idee davon geben, was zu tun ist, bis du lernst, was bei dir am Besten funktioniert.
Schritt 1: Nimm dir Zeit
Du solltest eine Pause einlegen und dir Zeit nehmen, um dich richtig um das zu kümmern, was Innen los ist. Mach eine Toilettenpause. Geh in das Nebenzimmer. Beende das Gespräch. Geh spazieren. Vermeide deine Vermeidung deines inneren Erlebens. Wenn du sehr gestresst bist, achte darauf dich selbst erst einmal zu beruhigen, bevor du mit Schritt 2 weiter machst, vielleicht mit einer Atemübung.
Wenn es nicht möglich ist, dich gleich darum zu kümmern, sprich zu deinem Innenleben und lass deine Anteile wissen, wann du das tun wirst. Du kannst das nicht ewig hinauszögern, bis du anfangen musst zu dissoziieren, um die Intrusionen draußen zu halten. Keine Grounding Übung der Welt hilft gegen Dissoziation, die du benutzt, um innere Kommunikation zu vermeiden.
Schritt 2: Problem Analyse
Sprich mit deinen unruhigen Anteilen und frag, was los ist und was sie brauchen. Selbst wenn man keine DIS hat ist es völlig ok mit sich selbst zu reden und Fragen zu stellen. Die Antworten könnten dich überraschen. Einige Beispiele für typische Probleme:
Im Bezug zur aktuellen Situation
- ihr alle braucht eine Pause und ein Teil von dir nimmt das besser wahr als du
- es gibt ein spezifisches Bedürfnis (zB Hunger) was ein Teil von dir besser wahrnimmt als du
- du bist in einer beängstigenden oder stressigen Situation und ein Teil von dir spürt euer Unwohlsein damit besser als du
- du bist in Gesellschaft gefährlicher Menschen (zB übergriffige Familienangehörige) und ein Teil von dir ist sich dessen bewusster als du
- ein Teil von dir trägt ein spezifisches Gefühl zur Situation für euch alle und kriegt das ohne Unterstützung nicht reguliert
- es gibt Konflikte zwischen Anteilen (dich eingeschlossen), die dir nicht bewusst waren
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Mit Trauma Bezug
- ein kindliches Bedürfnis wurde angestoßen. Das sind „alte“ Bedürfnisse, die als Reaktion auf eine Situation im Außen hoch kommen, aber weil sie nicht in Verbindung mit Heute stehen, können sie innerhalb dieser Situation nicht gelöst werden.
- „alte“ Gefühle wurden getriggert. Die kommen in Verbindung zur aktuellen Situation hoch, die Wurzeln liegen aber in der Vergangenheit, wo das Gefühl nicht integriert werden konnte.
- Traumatische Erinnerungen wurden getriggert
- ein Anteil, der in TraumaZeit feststeckt wird dir bewusster
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Schritt 3: Problemlösung
Hoffentlich hast du jetzt in etwa eine Idee davon, was Innen vor sich geht. Dann kannst du eine Intervention aussuchen, die zum Problem passt. Wenn du dir noch nicht sicher bist, was das Problem ist, kannst du der Reihe nach alle Interventionen ausprobieren, bis etwas hilft. Das alles ist ein Lernprozess und es ist ok, wenn man nicht alles gleich versteht.
Interventionen zur aktuellen Situation
Höre aufmerksam zu. Vielleicht ist es Zeit Feierabend zu machen. Vielleicht solltest du dir eine Pause für Entspannung nehmen. Zumindest kannst du Sachen gamifizieren.
Vielleicht kann der Anteil an seinen Sicheren Ort gehen oder du erschaffst einen Sicheren Ort um sie herum, sodass sie die stressige Situation nicht mitbekommen muss.
Vielleicht könnte die Gesellschaft eines Inneren Helfers Stress reduzieren.
Vielleicht beruhigt eine Imaginationsübung. Du kannst auch Magie verwenden oder etwas, was du im Magischen Laden findest, um das Gefühl von Sicherheit zu erhöhen.
Unterstütze dabei, Emotionen zu bewältigen. Alles was richtigen Außenkindern hilft, die gestresst sind, kann dir mit deinen inneren Kindern auch helfen. Das könnte vielleicht singen sein, sich eine Melodie oder Geschichte anhören, ein Kuscheltier berühren, was du in deine Handtasche steckst, ein stim toy verwenden, malen etc.
Kümmere dich um das Bedürfnis. Es gehört nicht nur zu diesem Anteil, der Anteil ist sich dessen nur für euch alle bewusst.
Diskutiert die Situation und eure Sicherheit. Achte darauf, dass du dich nicht nur sicher fühlst, weil dir das bewusst-sein von Gefahr fehlt.
Verhandelt Gründe Zeit mit schwierigen Personen zu verbringen. Ich hab immer gedacht, ich müsste für meine Familie zugänglich sein, aber als ich den Kontakt abgebrochen habe, hat sich das als Segen heraus gestellt und alle konnten sich endlich entspannen. Manchmal haben die Innenkinder recht und die Erwachsenen sind Idioten.
Löst Konflikte mit einem Mediator oder in einer Inneren Teamsitzung.
Vielleicht gibt es sogar einen helfenden Anteil, der sich um so was kümmern kann, während du das Außen weiter managst.
Interventionen bei Traumabezug
Es ist nicht zu spät sich um alte Bedürfnisse zu kümmern, sodass Anteile in der Gegenwart erleben, dass jetzt Bedürfnisse befriedigt werden. Das löscht nicht die Erinnerung an Vernachlässigung, aber es kann ihnen helfen im Hier und Jetzt zu sein. Du kannst dich um Bedürfnisse kümmern, indem du dir vorstellst, das Innen zu tun zB indem du dir vorstellst Anteile zu halten, um sie zu beruhigen. Du übernimmst die Rolle eines Elternteils, den sie nicht hatte und gibst ihnen das Erleben, was sie brauchen. Das ist nicht so schwer, wie es klingt. Ich bin mit Außenkindern gar nicht gut. Aber alleine, dass ich Aufmerksamkeit schenke, mich mit ihnen beschäftige und da bin, statt zu ignorieren oder weg zu stoßen, ist ausreichend. Weil die Innenkinder nicht gewohnt sind überhaupt etwas zu bekommen, ist schon das bisschen, was ich geben kann, sehr viel für sie. Du kannst die Zeit nicht zurück drehen. Manches muss betrauert werden. Aber manches kann man auch heute noch erleben und das hilft ein bisschen.
„Alte“ Gefühle kommen oft mit großer Intensität hoch. Sie zu regulieren klappt vielleicht nicht, weil sie mit Hyperarousal gepaart sind und der Anteil kognitiv nicht in der Lage dazu ist. Du selbst fühlst dich vielleicht hineingesaugt und hast Probleme dich zu regulieren. Dein erster Schritt muss also ein Schritt zurück sein, um etwas Distanz zwischen dir und den Anteilen zu schaffen, die du unterstützen willst. Vielleicht hilft dir dabei die Position des distanzierten Beobachters.
Dann kannst du versuchen ihre Aufmerksamkeit zubekommen. Beginne, sie beim Grounding anzuleiten. Lass sie durch deine Augen raus schauen, Dinge benennen, die sie sehen. Lass sie mit deinen Händen fühlen, während du verschiedene Oberflächen anfasst. Binde sie darin ein Bewegungen zu spüren. Hör nicht auf laut zu sprechen und die Dinge um dich herum zu erklären. Mehr zum Grounding dissoziativer Anteile mit DBT Skills.
Dein Ziel ist es, sie von alten Gedanken und Gefühlen abzulenken und sie auf die Gegenwart aufmerksam zu machen, wo sie sicher sind. Vielleicht hilft es auch, sie durch eine Diskriminationsübung zu führen, um ihnen zu helfen zu erkennen, dass die aktuelle Situation anders ist als die Vergangenheit. Wir benutzen eine bestimmte Mischung von ätherischen Ölen, von der die Innenkinder gelernt haben, dass sie bedeutet, dass wir sicher sind.
Wenn traumatische Erinnerungen getriggert wurden, hast du nach dem Grounding zwei Möglichkeiten. Du kannst ihnen erlauben ein bisschen von ihren Erinnerungen mit dir zu teilen, um zu zeigen, dass das wichtig ist und du sie damit nicht alleine lässt. Manchmal ist alles, was Innenkinder wollen, gehört zu werden. Sie könnten das in einer Sandkiste oder einem Bild machen, wo es sicher eingegrenzt ist. Das macht nur Sinn, wenn die mentalen Kapazitäten ausreichen, um sicher geerdet und im Heute zu bleiben, während sie etwas mitteilen. Im Idealfall wäre deine T dabei.
Die andere Möglichkeit ist die Anteile in einer Form der Tresorübung anzuleiten. Innenkinder haben oft Spaß an der hüpfenden Kiste. Das bedeutet nicht, dass du dir die Erinnerungen nie anschauen musst, sondern dass du den Zeitpunkt dafür selbst wählst und das mit deiner T sicher gestalten kannst. Wenn Erinnerungen sicher verwahrt sind, könntest du übergehen zu Ablenkung oder entspannenden Imaginationsübungen.
Wenn du es mit einem „neuen“ Anteil zu tun hast, der noch in TraumaZeit feststeckt, bitte deine T dir damit zu helfen oder gehe ähnlich vor wie oben beschrieben; Aufmerksamkeit gewinnen, Grounding, beruhigen. Das Wichtigste ist es, den Anteil in Kontakt mit der Gegenwart zu bringen, wo keine schlimmen Dinge mehr passieren. Als erste Hilfe könntest du einen Sicheren Ort und Innere Helfer anbieten. Die Erkenntnis, dass Zeit vergangen ist, kann ein Schock sein und du solltest vorsichtig vorgehen, um eine Krise zu verhindern. Das löst man nicht in einer Toilettenpause! Bitte deine T darum, das mit dir zu machen. Mehr
Ich hoffe das gibt dir ein paar Ideen, wie du damit anfangen könntest gestresste Innenkinder zu beruhigen. Mit der Zeit wirst du raus finden, was für dich persönlich am besten klappt. Das hier ist nur der Anfang.
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