Die Art von Erziehung, die wir erlebt haben, formt in uns ein Muster, wie wir mit anderen Menschen in Beziehung treten. Trauma zerstört unser Gefühl von Sicherheit und bringt Hilflosigkeit in unser Leben. Wie wir heute unsere Grenzen setzen ist eine Folge dieser Erlebnisse.
Gesunde Grenzen helfen uns die guten Dinge innen zu behalten und die schlechten Sachen draußen zu halten. Sie sind wie ein Zaun rund um das „Grundstück“ unsere Person, mit einer Tür, an die Menschen klopfen können, sodass wir einen positiven Austausch mit ihnen haben können.
Es gibt einige klassische Muster, nach denen traumatisierte Menschen ihre Grenzen stecken. Für gewöhnlich zeigen wir eine Mischung von allen.
Besänftigung/Appeasement
Diese Taktik zeichnet sich durch ein Nachgeben und Einwilligen aus, gegenüber allem, was an uns heran getragen wird. Wir haben keinen Zaun. Jeder kann einfach kommen und wir können nicht Nein sagen. Tatsächlich hören wir uns „ja“ sagen zu allen möglichen negativen Dingen, weil wir zu viel Angst haben, dass wir andernfalls abgelehnt, verlassen oder bestraft werden. Das heißt, dass wir anderen Menschen uneingeschränkten Zugang zu unsere Ressourcen gewähren und verletzlich sind für noch mehr Missbrauch.
Als Kind war das eine gute Taktik, um zusätzliche Probleme zu vermeiden. Heute schadet es uns. Wir können lernen einen Zaun aufzustellen, indem wir ein sicheres „Nein“ einüben, mit der Unterstützung von engen Freunden und Helfern. So können wir lernen, dass Grenzen setzen nicht zu Strafe oder Beziehungsverlust führt. Probiere ein „Nein“ mit schwierigeren Personen erst aus, wenn du Menschen hast, die dich mit Akzeptanz und Liebe unterstützen. Eine Grenze ohne emotionalen Beistand durchzusetzen, ohne jemanden, der hinter dir steht, kann überfordernd sein.
Vermeidung
Manche Menschen sind sehr gut darin Nein zu den schlechten Dingen zu sagen und sie draußen zu halten, aber ihre Grenze ist eine Mauer, kein Zaun, und hält auch alles Gute draußen. Sie haben keine Tür und erlauben keinen positiven Austausch. Hinter einer Mauer lebt es sich sicher, aber es ist auch sehr einsam und verzweifelt. Wir müssen unsere zwischenmenschlichen Bedürfnisse vermeiden oder sogar dissoziieren, aus lauter Angst vor unserer eigenen Verletzlichkeit. Das macht um Hilfe bitten unmöglich.
Wir können unsere Mauern in Zäune verwandeln, indem wir Vertrauen lernen. Dazu müssen wir uns ein klein wenig öffnen und anderen Menschen eine winzige Chance für einen Austausch geben. Wenn wir ihnen nicht erlauben uns zu beweisen, dass sie vertrauenswürdig sind, können wir diese Erfahrung auch nicht machen. Es kann sehr beängstigend sein eine Mauer abzubauen und es ist in Ordnung das in kleinen Schritten zu tun, zu testen ob es sicher ist, und dann die Grenze entsprechend anzupassen.
Eine Variante davon das Gute nicht rein zu lassen ist das Schlechte nicht raus zu lassen. Wir klammern uns an unseren Schmerz, weil der uns vertraut ist und Veränderung Angst macht. Wir wissen nicht, wer wir ohne den Schmerz sind, der uns definiert. Das ist auch eine Form der Vermeidung. Wir vermeiden Heilung, indem wir Mauern aufbauen gegen jeden Versuch unser Leid zu verringern.
Vertrauen und zwischenmenschliche Verbundenheit kann uns den Mut geben unseren Griff zu lockern, Schmerz los zu lassen und zu sehen was passiert. Wir schaffen das nicht alleine.
Kontrolle
Hier liegt die Schwierigkeit nicht darin Nein zum Guten zu sagen oder Ja zum Schlechten, sondern darin das Nein eines anderen zu hören, sodass Grenzen nicht respektiert werden. Kontrolle basiert auf dem Gedanken, dass mein Problem gelöst werden kann, wenn ich nur jemand anderen dazu bringen kann, sich für mich darum zu kümmern. Oft geht es da um unsere Verantwortung, Bedürfnisse und Gefühle. Wenn wir noch nicht wissen, dass wir machtvoll sind, versuchen wir Manipulation zu nutzen, um unser eigenes Gefühl von Kontrollverlust zu reduzieren. Unsere Angst vor Ablehnung hält uns davon ab unsere Bedürfnisse direkt zu kommunizieren und so versuchen wir die Grenzen anderer zu umgehen, um an das Gute heran zu kommen, was sie haben.
Um aus diesem Muster herauszukommen müssen wir lernen uns verletzlich zu machen und direkt zu kommunizieren, an die Tür zu klopfen statt über anderer Leute Zäune zu steigen. Und wir sollten lernen uns zu regulieren, wenn wir ein Nein erhalten. Es gibt noch andere Menschen, die wir fragen können. Und manchmal können, und sollten, wir uns sogar selbst um uns kümmern. Wir sind nicht machtlos darin uns selbst zu managen.
Unverbindlichkeit/Verbindungsabbruch
Bei diesem Grenzproblem haben wir Mühe damit auf ein Klopfen an unsere Tür zu reagieren und das Gute, was wir haben, mit anderen Menschen zu teilen. Unsere Begegnungen sind kein Austausch. Wir nehmen nur, ohne zu geben. Das mag furchtbar egoistisch und kritisch aussehen und spiegelt einen Fall wieder, der heutzutage oft als ‘narzisstisch’ bezeichnet wird von Menschen, die nicht wissen, was das eigentlich bedeutet. Menschen, die sich von einem Austausch abtrennen spüren in der Regel tiefe Scham. Sie glauben, dass sie nichts Gutes zu geben haben. Ihr Rückzug ist ihr Versuch ihre extreme Angst vor Versagen unter Kontrolle zu bringen.
Empathie zu üben kann uns helfen unser abgetrennt sein zu überwinden. Sie hilft uns zuerst einmal, uns mit der Scham und der Angst vor Versagen in Anderen zu identifizieren, sodass wir erleben können, dass wir mit unserer Verletzlichkeit nicht alleine sind. Wir können kleine Schritte wagen wieder Kontakt mit uns selbst aufzunehmen, unseren Gefühlen, und das als Brücke benutzen, als eine Verbindung zu den Gefühlen anderer. Eine sichere emotionale Verbindung kann uns den Mut geben, etwas mehr von uns selbst zu teilen. Wir werden erstaunt sein, dass es das Leben anderer wirklich bereichert, wenn wir uns selbst mehr teilen.
Wir zeigen selten nur eine Art von Grenzproblemen. Manchmal haben wir auch eine Sorte mit unserem Partner, eine andere mit unserer Arbeit und wieder eine andere in unseren Freundschaften. Es ist wichtig, dass wir uns bewusst werden, wie wir uns im Bezug auf Grenzen verhalten, um unsere Erfahrungen und Beziehungen verbessern zu können. Unser Leben wird viel reicher sein, wenn wir es mir Zäunen leben statt hinter Mauern und wenn es Türen gibt für einen gesunden Austausch mit anderen Menschen. Es braucht Zeit und Geduld, aber wir können unsere Grenzen so verändern, dass sie tatsächlich das Gute rein lassen und das Schlechte draußen halten, während wir unsere Verantwortung bei uns behalten und unsere Schätze teilen mit den Menschen, die wir erwählt haben.
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Melanie says
War sehr hilfreich für mich, vielen Dank!