Kontaktabbruch

Auch wenn ein Kontaktabbruch eine schwierige Entscheidung ist, ist er oft notwendig für unsere eigenen Heilung und unser inneres Wachstum. Wenn eine Blume nicht gedeiht, ändern wir das Umfeld. Wenn wir in unseren engen Beziehungen nicht aufblühen können, sollten wir sie neu definieren. „Kein Kontakt“ ist eine veränderte Definition für eine Beziehung, nicht ihr Ende.

 

Kein Kontakt mit Tätern

Den Kontakt zu Tätern abzubrechen ist eine Bedingung für Trauma Bearbeitung. Du musst vor weiterer Misshandlung sicher sein, sonst schadet es dir, deinen dissoziativen Schutz abzubauen: Du brauchst ihn noch. Die Beziehung zu unseren Tätern ist in der Regel schwierig, umso mehr, wenn es sich um Familienangehörige handelt. Wir brauchen Abstand, um uns sicher fühlen zu können, über ihren Einfluss hinaus zu wachsen, unsere Erinnerungen und Gefühle durch zu arbeiten und eine von ihnen unabhängige Identität zu entwickeln und zu festigen. Das geht nicht, wenn wir noch mit ihnen in einem Haus wohnen. Es handelt sich um einen schweren Behandlungsfehler, mit der Trauma Bearbeitung zu beginnen, ohne vorher zu klären, ob es Täterkontakt gibt.

Wenn du in einer abhängigen Situation fest steckst, helfen deine T oder eine spezialisierte Organisation dir dabei, einen Weg raus zu finden, unterstützen dich, sind da und begleiten dich. Du bist nicht alleine.

 

Kontaktabbruch mit Personen, die Heilung & Weiterentwicklung im Weg stehen

Wir wachsen oft in Familiensystemen auf, die Missbrauch ermöglichen. Unsere Familien haben ihre eigene Kultur: Beziehungsschemata, Kommunikation, Gedankenmuster, akzeptierte Arten von toxischem Coping oder Gewalt und was für normal gehalten wird. Manchmal hilft es, das zu konfrontieren. Aber oft sind unsere Verwandten nicht in der Lage ihre eigenen kaputten Muster zu erkennen.

In so einem Umfeld zu bleiben schränkt unsere Möglichkeiten ein darüber hinaus zu wachsen. Schlimmer noch, es unterstützt diese Familienkultur und die verdrehten Ansichten darüber, was normal ist.

Ein Kontaktabbruch dient als schmerzhafte und klare Erinnerung, dass etwas furchtbar schief läuft. Du erbaust eine Mauer wie ein Denkmal, das lauter spricht, als du es mit Worten tun konntest: Es muss sich etwas ändern!

 

Zweifel

Mit komplexer PTBS ist es normal ein geteiltes Bild von missbräuchlichen Menschen zu haben. Manchmal erinnern wir uns an all die schlimmen Sachen, die passiert sind und wissen ganz sicher, dass wir den Kontakt abbrechen müssen. Und manchmal erinnern wir uns nur an die guten Momente, wo wir uns verbunden und geliebt gefühlt haben. Auf diese Art versuchen wir als Kinder uns die Welt zu erklären, wir denken in Kategorien wie gut oder böse, schwarz oder weiß. Wenn wir reifer werden, können wir verschiedene Arten von Erfahrungen zu einem komplexen Bild integrieren, ohne die eine oder die andere verleugnen zu müssen. Mit DIS müssen dafür manchmal verschiedene Anteile ihre Erlebnisse teilen, weil wir uns an unterschiedliche Dinge erinnern, um ein besser integriertes Bild von einer Person zu bekommen.

Ein Kontaktabbruch ist nicht respektlos den Eltern gegenüber. Du nimmst sie sehr ernst, wenn du, nachdem du sie konfrontiert hast, ihre Entscheidung ehrst weiterhin in toxischen Mustern zu bleiben. Du respektierst ihre Entscheidung so sehr, dass du nicht mehr versuchst sie zu beeinflussen. Was du tust ist eine Konsequenz daraus, dass du sie ehrst, kein Verstoß gegen Ehre.

Manchmal wird uns gesagt, wir würden unseren Eltern etwas schulden dafür, dass sie uns aufgezogen haben. Das sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Deine Eltern schulden es dir, dich gut aufzuziehen, indem sie dich vor Übergriffen schützen. Wenn sie das nicht getan haben, bist du nicht verpflichtet ihnen irgendetwas zurück zu geben. Eine Seelsorgerin sagte mir einmal: „Schau auf deine Geburtsurkunde. Was steht da? Dein Name und Geburtsdatum. Kein Kleingedrucktes, was besagt, dass du zu ihren Geburtstagen da sein musst oder sie im Alter pflegen. Geboren zu werden kommt ohne Verpflichtungen.“

 

 

Wie den Kontakt abbrechen

Du tust es, wie auch immer es für dich machbar ist. Manchmal ist es wichtiger, dass es irgendwie gemacht wird, hauptsache gemacht, egal ob das elegant aussieht. Du entscheidest, ob du es persönlich sagen willst, einen Brief schreibst oder gar nichts sagst und sie einfach blockierst.

Ich habe zu einigen Menschen den Kontakt abgebrochen und es wird niemals einfach sein. Meiner Erfahrung nach ist es am schwersten es persönlich zu machen, weil es sofort eine Diskussion einleitet, in der die neue Grenze in Frage gestellt wird. Menschen, die wir aus unserem Leben verbannen, respektieren unsere Grenzen für gewöhnlich ohnehin nicht und so müssen wir auf Angriffe und Manipulation gefasst sein.

Ein Brief gibt dir Zeit alles zu durchdenken. Du kannst ihn deiner T zeigen zum gegenlesen und auch eine mögliche Antwort mit in die Therapie bringen, für zusätzliche emotionale Unterstützung.

Einfach nur blockieren führt erst mal zu allen möglichen Versuchen Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden was los ist. Das ist eine Möglichkeit, wenn du völlig überfordert bist, aber es wäre einfacher eine Grenze zu formulieren, um dem monatelangen Stress nach einer stillen Grenze zu vermeiden.

Manche ziehen es vor eine Beziehung einschlafen zu lassen, indem sie Kommunikation vermeiden. Wenn du das tust, musst du immer damit rechnen zu unvorhersehbaren Zeitpunkten doch kontaktiert zu werden. Es scheint eine schonende Lösung zu sein, aber man bezahlt damit, dass man eigentlich gar keine richtige Grenze gesteckt hat. Das kannst du dir mit einer entfernten Tante vielleicht leisten, aber definitiv nicht, wenn es um Täter geht.

 

Es ist deine freie Entscheidung, ob du Gründe angeben möchtest. Vielleicht ist das nicht nötig, weil ihr dieses Gespräch schon hattet. Du schuldest niemandem eine Erklärung. Täter wissen selbst sehr gut, was sie falsch gemacht haben.

Wenn du willst, könntest du Bedingungen nennen, unter denen du deine Grenze noch einmal überdenken würdest (nicht mit Tätern).

Und manchmal kannst du sie auch einfach wissen lassen, dass du dich bei ihnen meldest, wenn du so weit bist und es dabei belassen.

 

Wenn (nicht falls) deine Grenze in Frage gestellt wird, bereite eine ‘broken record’ Nachricht vor. Das ist eine Technik, bei der du immer den selben Text, eine schlichte Wiederholung deiner Grenze, als Antwort rein kopierst, egal wie du in Frage gestellt wurdest. Die Zeit von One-Linern ist vorbei.

 

Hoffnungsschimmer Kontaktabbruch

Noch lange nachdem du aus ihrem Leben verschwunden bist, erinnert deine Grenze die Menschen daran, dass sie sich ändern müssen. Kontaktabbruch schafft zwischenmenschlichen Schmerz, nicht nur bei dir, sondern auch in den Mensch, von denen du dich trennst. Schmerz ist eine starke Motivation für Veränderung. Wenn sie ihr Leben bis dahin nicht kritisch betrachtet haben, tun sie es jetzt vielleicht. Die Zeit arbeitet für uns.

Ohne deine Grenze und gefangen in ihrem ‘normalen’ toxischem Umfeld, könnten sie niemals auch nur anfangen sich zu wundern, ob es ein Problem gibt. Indem du den Kontakt abbrichst, tust du ihnen einen letzten Gefallen und erschaffst damit die einzige Hoffnung für Versöhnung.

 

Kontaktaufnahme

Kontaktabbruch ist eine tägliche Entscheidung. Du wirst verunsichert sein, besonders zu Geburtstagen und Feiertagen, und dich fragen, ob du nicht doch etwas schicken solltest. Tu es nicht. Sonst reduzierst du den Druck auf sie und kommunizierst, dass Veränderung gar nicht notwendig ist, um an deinem Leben teilzuhaben. Wenn ihr Viele seid braucht ihr jetzt gute Zusammenarbeit. Bemüht euch bewusst euch gegenseitig zu trösten und diejenigen zu unterstützen, die innerlich kämpfen.

Das erste Zeichen von Hoffnung ist, wenn sie aufhören deine Grenze in Frage zu stellen, indem sie trotzdem versuchen Kontakt aufzunehmen. Danach kannst du dich darauf konzentrieren deine Arbeit zu tun, das Heilen und das Wachsen und das Werden. Wenn du genug davon getan hast, kannst du dir überlegen, ob du sie zu deinen Bedingungen wieder kontaktierst, wenn das dein Wunsch ist.