Beziehungen sind nicht alle gleich. Es ist ein Irrglaube, dass wir jede Person in unserem Leben gleich behandeln könnten (oder sollten!) und nicht jeder sollte freien Zugang zu uns und unseren Ressourcen haben. Wir haben nicht genug Zeit, Energie, Aufmerksamkeit, Geld usw um in jede Beziehung auf die gleiche Art zu investieren.
Die Kreise von Beziehungen können uns dabei helfen, eine klarere Vorstellung davon zu bekommen, wie wir zu Menschen stehen, wie unser Umgang aussehen kann und wo wir mit Priorität investieren sollten.
Im Idealfall sieht das etwa so aus:
Wir stehen im Zentrum. Die engste und intimste Verbindung, die wir haben, ist mit uns selbst. Bei DIS ist damit automatisch das System gemeint. Das wird auch der God Spot genannt, weil es der Ort ist, wo wir unsere Spiritualität (oder Philosophie) praktizieren. Wenn irgendetwas anderes diesen Stellenwert in deinem Leben hat, wird das Probleme bereiten. Weder dein Partner noch deine Kinder sollten hier stehen. Das ist kein Zeichen von Liebe, sondern emotional missbräuchlich.
Als nächstes kommt unsere engste Beziehung. Das ist normalerweise ein Partner, in manchen Fällen ein Elternteil oder eine nahe Freundin oder Geschwister. Es gibt in deinem Leben nur eine wichtigste Person. Wenn du verheiratet bist und das ist nicht dein Ehepartner, bist du vielleicht in Schwierigkeiten.
Danach kommen unsere eigenen Kinder und Familie und enge Freunde.
Manche Menschen glauben, dass sie eine große Anzahl enger Freunde haben sollten, aber realistisch gesehen haben wir nur die Ressourcen, um in 2-5 solcher Freundschaften zu investieren. Die bilden unseren innersten Kreis.
Danach kommen allgemeine Freunde, Kollegen, Helfer, Bekannte, Fremde mit denen wir öfter zu tun haben und zum Schluss völlig unbekannte Menschen. Je weiter weg der Kreis, desto mehr Menschen passen hinein.
Übung: Versuche dich an alle Menschen zu erinnern, mit denen du gestern zu tun hattest und sortiere sie in die passenden Kreise.
Um uns und unsere Beziehungen zu beschützen, ist es wichtig unsere Ressourcen gemäß den Prioritäten zu investieren, die durch die Kreise dargestellt werden. Ich bin immer bereit mir Zeit zu nehmen, um einem meiner Anteile zuzuhören. Ich bin oft bereit engen Freunden zuzuhören. Aber ich bin geizig mit meiner Zeit und Aufmerksamkeit, wenn es um völlig Fremde geht. Die kriegen was übrig ist, wenn ich mich um alles gekümmert habe, was mir wichtig ist, und auch nur wenn ich Lust habe. Wenn du ein großes Ungleichgewicht feststellst zwischen der Art, wie du Ressourcen investierst und den Beziehungskreisen, ist es vielleicht an der Zeit etwas zu ändern und Grenzen anders zu stecken.
Die Menschen mit denen wir umgehen haben ein anderes Leben und ihre Kreise unterscheiden sich von unseren. Es könnte wichtig sein, sich darüber zu unterhalten. Wenn jemand, die du als enge Freundin einstufen würdest, von dir nur als Kollegin denkt, sagt dir das, was du von der Beziehung erwarten kannst. Sie ist immer nur so eng, wie die am weitesten entfernte Person das definiert. Das kann weh tun, aber wir müssen es akzeptieren. Wenn jemand sich dir näher fühlt, als du dich ihm, ist es Zeit eine Grenze zu kommunizieren. Schrecke nicht davor zurück jemanden zu friend-zonen. Heute entscheidest du, was du willst.
Mit komplexer PTBS kann es sein, dass du überhaupt kein Gespür dafür hast, was eine angemessene Interaktion mit jemandem ist, weil es immer normal gewesen ist, dass jeder dir zu nah kommen durfte; es gab keine Kreise. Wenn du ein bisschen Englisch kannst, würde ich die Circles App empfehlen, um darin sicherer zu werden. Die wurde zwar für Autismus entworfen, bietet aber genau das richtige Werkzeug, um dich zu unterstützen.
Das Modell, was ich oben beschrieben habe, ist ein Ideal für eine gesunde Person. Das unterscheidet sich oft drastisch von der Realität von jemandem, der mit komplexer PTBS oder DIS lebt. Nicht selten gab es einen Kontaktabbruch mit (Teilen) der Familie, wir kommen mit einer intimen Beziehung nicht zurecht, können keine Kinder kriegen und unsere Symptome machen es schwierig enge Freundschaften zu halten. Kommen noch Arbeitsunfähigkeit, soziale Ängste oder Agoraphobie dazu, ist von den ursprünglichen Kreisen nicht mehr viel übrig. Wenn das dich beschreibt, hilft dir vielleicht diese Version von Kreisen:
Intimität beinhaltet dich, dein System, eine mögliche Partnerschaft und den God Spot.
Beziehungen meinen jeden, mit dem du eine engere Verbindung hast, Freunde oder Familie.
Teilhaben steht für Menschen, die du in bestimmten Gruppen oder Situationen triffst. Das könnten Kollegen sein, Leute aus dem Yogakurs, der Kirche, dem Fußballteam oder der Gruppentherapie.
Austausch passiert mit Fremden, mit denen wir aktiven Kontakt haben, wie dem Kassierer, der Friseurin, der Frau im Park mit dem süßen Hund, einer Person im Zug usw.
Wenn da ein schmerzhafter Mangel in einem Bereich ist, können wir das Leid reduzieren, indem wir mehr in andere Kreise investieren. Es ist nicht das selbe und wird es nie sein, aber es ist eine Erleichterung von der Einsamkeit. Es bedeutet, dass solide Beziehungen uns über dem Kummer einer fehlenden Partnerschaft hinweg helfen können. Ein Mangel an Freunden kann gelindert werden durch Bemühungen um Teilhabe und positiven Austausch. Es ist immer eine gute Idee in eine reiche Beziehung zu sich selbst und den God Spot zu investieren.
Es ist wichtig zu betrauern, was wir nicht haben können und es zu akzeptieren, um unnötiges Leid zu vermeiden. Dann können wir uns darauf konzentrieren in andere Kreise zu investieren, um unsere Lebensqualität zu erhöhen. Mit der Zeit werden aus Fremden vielleicht Freunde.
Desiree says
Vor einigen Wochen bin ich auf eure Seite hier gestoßen und arbeite mich seitdem durch die umfassenden Informationen.
Ich bin sehr beeindruckt von der Fülle und Vielfältigkeit und möchte mich herzlich bedanken.
Hier wird ein unglaublicher Wissensschatz geteilt, in dem richtig viel Arbeit steckt.
Vielen Dank dafür.
Theresa says
Von Herzen gerne. Wir tun was wir können. <3