IFS bei DIS anzuwenden ist immer so eine Sache. Inzwischen gibt es da zusätzliches Training, das auch zu DIS passt, aber die meisten Leute mit DIS, die mit dem Basis-Vorgehen in Kontakt kommen, haben dabei ein komisches Gefühl, dass es eben nicht so richtig passt. Bei der Entwicklung ging es nie um dissoziative Barrieren, deswegen werden die nicht berücksichtigt. Es gibt trotzdem eine Grunddynamik, die in IFS gelehrt wird, die uns am Anfang unseres Wege helfen kann, unser Leben stabiler zu machen und impulsives Verhalten zu reduzieren.
Die Schlüssel-Dynamik
IFS arbeitet mit 3 Rollen, die Anteile einnehmen können. In der Rolle des ‘Managers’ versucht ein Anteil, bedürftige Anteile zu vermeiden und konzentriert sich darauf, im Alltag zu funktionieren. Intrusionen von anderen Anteilen werden aus dem Bewusstsein verdrängt, weil die Angst machen.
In der Rolle des ‘Exile’, versucht ein Anteil, der leidet, seine Bedürfnisse befriedigt zu bekommen und Erleichterung zu finden. Vielleicht versuchen sie die Aufmerksamkeit anderer Anteile zu bekommen, manchmal wissen sie nicht wohin mit sich und fluten andere mit ihren Erinnerungen. Es gibt in der Regel eine Verbindung zu Trauma oder Stress, die ihre Bedürfnisse fürs System sehr unangenehm machen. Werden Exiles zu lange unterdrückt, finden sie irgendwann einen Weg, um sich auszudrücken. Das können Ausbrüche, schädliches Coping Verhalten, gebrochene Regeln oder Fehlverhalten sein.
Dieses unkontrollierte Verhalten führt zur Aktivierung der dritten Rolle, des Firefighters. In dieser Rolle versuchen Anteile, die Feuer zu löschen, die Exiles in unserem Leben verursacht haben. In der Regel bedeutet das, dass unliebsame Anteile wieder sorgfältig unterdrückt werden. Es beinhaltet auch Handlungen, die versuchen, die Situation irgendwie zu regeln.
Hosts sind meistens in der Rolle des Managers, weil sie für diesen Job am geeignetsten sind. Verletzte Kindanteile sind meistens in der Rolle der Exiles, weil sie Trauma und Bedürfnisse für uns halten. Die Rolle des Firefighters kommt manchmal Hosts zu und manchmal sehen wir da auch kontrollierende oder beschwichtigende Anteile.
Für gewöhnlich ist dieses Muster in Systemen sichtbar, die das mit der Kommunikation und Kooperation noch nicht gut hinbekommen. Es gibt eine Phase, in der sich der Druck davon, vermieden zu werden, aufbaut, dann entlädt sich das und am Ende muss es wieder überdeckt werden. Solange sich innerhalb dieses Musters nichts ändert, wiederholt es sich endlos und es ist niemand recht Schuld. So funktioniert das einfach. Also, wo fangen wir mit der Veränderung an?
Dynamik auflösen
Wir beginnen damit, dass wir aus dem engen Profil der Manager Rolle heraustreten. Vermeidung muss nicht sein, Druck muss sich nicht aufbauen und verletzte Anteile müssen gar nicht in der Rolle der Exiles landen. Das ist nicht in Stein gemeißelt. In IFS würde man an dieser Stelle lernen, in eine Rolle zu treten, die die verwirrenderweise ‘Self’ nennen, um aus der Manager Energie raus zu kommen. Gemeint ist eine innere Haltung, in der wir Mitgefühl, Neugier, Kreativität, Fürsorge und noch ein paar andere hilfreiche Dinge zur Verfügung haben.Mitgefühl und Neugier sind die Hauptfaktoren, die uns mit der Angst vor bedürftigen Anteilen helfen. Sie machen es möglich, dass wir uns fragen, wie sie die Situation wahrnehmen und was wir tun können, um zu helfen. Es ist unmöglich, gleichzeitig Mitgefühl und Ablehnung zu spüren. Kreativität hilft uns, neue Ideen zu entwickeln, wie wir Anteilen beistehen. Indem wir aus dem Vermeidungs-Muster der Manager-Rolle heraustreten, beschützen wir Anteile davor, Exiles sein zu müssen. Denn Exiles will be Exiles. Der Druck davon, ignoriert zu werden, während man leidet, ist einfach zu groß. Ohne Exiles braucht es auch kein Firefighting. Anteile, die sonst immer in der Rolle von Firefightern landen, sollten ein ganz eigenes Interesse daran haben, verletzte Anteile zu unterstützen, damit sie nicht verstoßen werden.
In gewisser Weise verlangen wir von den Erwachsenen, dass sie sich moralisch vorbildlich verhalten und sich ihren Ängsten stellen, um der verletzten Anteile Willen. Wir sind das Managen gewöhnt, weil das bei DIS die Überlebensstrategie ist, solange das Trauma anhält. Irgendwann wird es dysfunktional. Exil ist nicht mehr die beste Strategie fürs Leben. Impulsives Verhalten und Kontrollverluste können dramatisch reduziert werden, wenn wir uns um verletzte Anteile kümmern und etwas Platz machen für ihre Bedürfnisse.
Rollen werden nicht ausschließlich von Anteilen übernommen, die da klassisch landen. Hosts, die ihre eigenen Bedürfnisse immer hinten anstellen und sich nie Zeit für sich nehmen, können in einer Exile Rolle landen. Jetzt sind sie diejenigen, die leiden und bedürftig sind und vielleicht nehmen sie sich am Ende auch was sie brauchen, ohne die anderen zu fragen, ob das ok ist. Man muss da ein bisschen vorsichtig sein, die Rolle nicht zu sehr mit einer Sorte Anteil zu identifizieren. Alle können in Positionen kommen, wo ihre Bedürfnisse ignoriert werden und es anfängt weh zu tun. Vermiedene Bedürfnisse gehen irgendwann in die Luft. Wir können niemanden lange ignorieren, ohne dabei eine Exile Situation in uns zu erschaffen.
Uns Worte für diese Dynamik zu geben ist wahrscheinlich das hilfreichste, was wir bei DIS aus IFS herausziehen können. Die spezialisierte Variante sind auch nur klassische DIS Therapie Werkzeuge. Zu eng an diesen Rollen haften zu bleiben, nachdem das Muster größtenteils aufgelöst ist, kann eher auch verwirren. Es ist vor allem ein Werkzeug für den Anfang der Therapie, das an Wirksamkeit verliert, wenn Vermeidung kein so großes Problem mehr ist. Wir behalten im Hinterkopf, dass es für dissoziative Anteile noch andere gute Gründe gibt zu leiden, wie nicht orientiert oder dysreguliert zu sein. Während Vermeidung großes Leid erzeugt, ist es nicht das einzige, was das tut. Die IFS Rollen passen nicht auf jedes Problem in unserer Therapie. Die Wirkung von Vermeidung im Hinterkopf zu behalten als eine mögliche Ursache, ist trotzdem hilfreich, um impulsives Verhalten aufzulösen. Was uns zuerst wie eine Lösung erscheint, kann der Auslöser für das Problem sein.