Wenn wir in einem Umfeld aufwachsen, das die Entwicklung von gesunden Grenzen nicht fördert, lernen wir allerhand Irrtümer über ihr Wesen, die uns davon abhalten richtige Grenzen zu setzen. Wir müssen solche Fehlannahmen aufklären, damit sie uns nicht weiterhin zurück halten.
Grenzen setzen ist egoistisch
Jemandem „nein“ zu sagen beraubt ihn nicht einer Sache, auf die er irgendein Anrecht gehabt hätte. Du bist nicht verantwortlich für sein Bedürfnis. Wenn du bis in weite Zukunft fähig sein möchtest Bedürfnissen anderer zu begegnen, musst du lernen deine Ressourcen gut zu verwalten, sodass es etwas zu geben gibt. Langfristig gesehen ist Grenzen setzen das Gegenteil von egoistisch. So wie mit den Sauerstoffmasken im Flugzeug ist es wichtig, sich erst darum zu kümmern, dass wir versorgt sind, bevor wir versuchen anderen zu helfen.
Grenzen sind eine Form der Missachtung oder Rebellion
Wir sind oft in Familien groß geworden, wo Gehorsam erzwungen wurde und sind daran gewöhnt Strafe zu erwarten, wenn wir widersprechen. Als Erwachsene wird von uns erwartet an einer Beziehung teilzuhaben, nicht zu gehorchen. Das Machtgefälle, was wir als Kinder erlebt haben, ist fort. Selbst wenn wir unserer Chefin „nein“ sagen, wenn es um Überstunden geht, zeigt das eigentlich auf, dass sie ein Problem hat mit der Arbeitsorganisation. Niemand kann von dir erwarten, dass du mehr gibst als vereinbart. Wenn jemand blinden Gehorsam verlangt, wäre es eine gute Idee zu gehen. Es gibt keinen Platz für deinen freien Menschen in dieser Beziehung.
Wenn ich eine Grenze setze, wird mein Partner mich verletzen
Wenn dein Partner kein „nein“ hören kann, ist das keine Liebe. Es ist Kontrolle. Jemand, der will, dass du allem immer nur zustimmst, will gar keinen Partner in der Beziehung, er will nur einen Spiegel seiner selbst. Wenn wer du bist, was du willst und denkst und fühlst, nicht wertgeschätzt wird, warum bleiben? Manche Leute werden nicht nur wütend sondern sogar aggressiv, wenn wir ihnen eine Grenze setzen. Das ist der Grund, warum es immer ein Team von Unterstützern geben sollte, bevor wir anfangen solche schwierigen Grenzen durchzusetzen. Wir brauchen Menschen, die uns den Rücken frei halten, falls wir aus einer Situation raus müssen.
Meine Grenze verletzt andere
Menschen kommen vielleicht mit ihren Bedürfnissen zu uns, aber sie sind nicht abhängig von unseren Ressourcen. Wir müssen aufhören zu denken, dass wir das Zentrum der Welt sind und die einzige Person, die einem Bedürfnis begegnen kann. Da sind tatsächlich Milliarden andere da draußen, an die man sich wenden kann, damit Bedürfnisse befriedigt werden. Deine Freundin ist vielleicht nur halb so geknickt wie du meinst, wenn du eine Einladung ausschlägst. Wir neigen dazu uns zu erinnern, wie wir uns als Kinder gefühlt haben, wenn wir vernachlässigt oder alleine gelassen wurden, aber das ist ja gar nicht, was unsere erwachsenen Freunde erleben. Sie können mit einem „Nein“ umgehen.
Die Grenzen anderer verletzen mich
Wir haben kein Anrecht auf etwas, was jemand anderem gehört. Ein „nein“ zu empfangen kann weh tun und wir müssen einen Weg finden mit der Enttäuschung, der Trauer und der Wut darüber umzugehen und sie auszudrücken, ohne Manipulation oder Versuche am „nein“ zu rütteln. Wir erleben nur Gefühle und die können reguliert werden. Es ist dabei wichtig zu bemerken, wann Gefühle nicht mehr im direkten Bezug zur Situation stehen, sondern ein emotionaler Flashback getriggert wurde. Wenn wir tiefe Verzweiflung, Einsamkeit, Ablehnung oder Hilflosigkeit erleben, sind wir in TraumaZeit stecken geblieben. Dann ist es nicht diese Situation, die Schmerz erzeugt, sondern alte Verletzungen. Wir müssen dann aktiv werden und unsere Gefühle managen und es vermeiden die Verantwortung dafür auf unsere Freunde abzuladen. Die haben gar nichts zu tun mit dem, was wir da erleben.
Wenn wir machtvolle Beziehungen wollen, müssen Menschen auch die Freiheit haben uns „nein“ zu sagen. Ansonsten bekommen wir von ihnen nur ein widerwilliges Nachgeben, was die Beziehung mit der Zeit vergiftet. Es ist nicht ihre Grenze, die weh tut, es ist unser Bedürfnis. Und dafür sind wir selber verantwortlich.
Grenzen zu interpretieren führt zu Geschichten, die wir uns selbst über die Beziehung erzählen, oft Geschichten von Scham, die nicht mehr viel zu tun haben mit den wahren Gründen für ein „nein“ und zu großem emotionalen Leid führen. Wenn wir uns unsicher sind über die Gründe, können wir fragen.
Wenn ich eine Grenze setze, bin ich gemein
Menschen, die es nicht gewöhnt sind, Grenzen zu respektieren oder ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu regulieren, reagieren oft wütend, wenn sie mir einem „nein“ konfrontiert werden. Ihre Wut kommt aus ihnen selbst, sie ist nichts, was wir irgendwie erzeugt haben. Es hat alles mit ihnen zu tun, nichts mit uns.
Wenn wir beginnen gesündere Grenzen zu erkennen, erleben wir vielleicht selbst Ärger und neigen dazu, etwas zu hart auszuteilen. Wir bemerken, wie unsere Grenzen überschritten wurden und manchmal kommt auch eine große Menge Wut auf, über die Grenzüberschreitungen während der TraumaZeit. Wir können unsere Wut nutzen, um unseren neuen Grenzen Kraft zu geben und unsere Tendenz das zu heftig zu tun wird sich legen, wenn wir mehr Sicherheit gewinnen mit unserem Nein.
Grenzen lösen in mir Schuldgefühle aus, also müssen sie falsch sein
Weil wir es nicht gewöhnt sind überhaupt Grenzen zu setzen, wird sich am Anfang alles, was wir probieren, fremd und irgendwie falsch anfühlen. Wir müssen unser gesundes Gespür, wo eine Grenze hingehört, erst entwickeln und bis dahin wird es sich anfühlen, als würden wir etwas falsch machen, was die Definition ist von Schuldgefühlen. Das ist normal.
Andere Menschen, die es gewöhnt sind, dass wir keine Grenzen haben, reagieren vielleicht mit Ärger, was schwer erträglich sein kann. Wir machen nichts falsch, sie sind es nur nicht gewöhnt, dass wir etwas richtig machen.
Wir schulden es niemandem, ihren Bedürfnissen zu begegnen. Und wenn wir es tun, schulden sie uns nichts als Dankbarkeit. Wenn Geben und Nehmen mit einer unsichtbaren Liste verbunden sind, wer wem was schuldet, macht ihr es verkehrt. Auch Hilfe annehmen bringt uns nicht in die Position, anderen später ein „ja“ zu schulden.
Grenzen sind für die Ewigkeit
Einmal „nein“ sagen bedeutet nicht, dass sich das nie ändern wird. Umstände ändern sich und wir uns auch. Wenn wir über die Situation im Gespräch bleiben, können wir unsere Antwort anpassen. Es ist oft möglich ein Nein zu einem Ja zu machen. Es ist oft schwieriger ein Ja zu einem Nein zu machen. Wenn wir unsicher sind, ist es vielleicht das gesündeste erst einmal „nein“ zu sagen, mit der Option unsere Meinung später noch zu ändern.
Was sind die Überzeugungen, die dich davon abhalten Grenzen zu setzen? Lass uns das gerne in den Kommentaren diskutieren.
selina says
ich liebe diese website und bin so dankbar für jeden Artikel,den ich lese.
es ist soo hilfreich und soo gut beschrieben.
danke von Herzen ❤