So wie Zeit und Geld ist auch unsere Energie eine begrenzte Ressource. Das bedeutet, dass wir darauf achten müssen, wie wir sie verwenden, sonst bleibt uns nicht genug, um unser Leben zu managen. PTBS und Dissoziation verbrauchen sehr viel Energie, sodass unsere Vorräte schmaler sind, als bei anderen Menschen. Damit sind auch unsere Möglichkeiten geringer, inklusive unserer Fähigkeit in der Therapie hart zu arbeiten, während wir ein einigermaßen stabiles Leben aufrecht erhalten.
Ich bin hier über das Konzept der Verwaltung mentaler Energie gestoßen und obwohl ich weit davon entfernt bin, das wirklich zu können, wollte ich es mit euch teilen. Vielleicht kann es euch zeigen, was der nächste Schritt auf eurer Reise ist.
Mentale Energie zu verwalten ist nicht viel anders, als Geld zu verwalten. Wir haben so etwas wie ein Einkommen, die Energie, die unser Körper für uns erschafft,
wir haben Ausgaben, manche fix, andere flexibel und unsere Bemühung muss sein, innerhalb unseres Energie-Budgets zu bleiben.
Unseren Trauma Hintergrund können wir als Schulden ansehen, die wir abbezahlen müssen, um uns von der Last von Zinszahlungen in Form von Flashbacks und anderen Symptomen zu befreien.
Einkommen erhöhen
Bevor wir auch nur daran denken können Schulden abzubezahlen, brauchen wir etwas, was wir ihnen entgegen setzen können. Wir müssen etwas Kraft und mentale Energie aufbauen, bevor wir größere Tilgungen vornehmen können. Wir erhöhen unser Einkommen durch Selbstfürsorge. Das ist auch einer der Gründe, warum Ts das in der Stabilisierungsphase immer predigen. Das ist nicht nur, damit wir uns dumm fühlen, weil das bei uns noch nicht läuft. Da steckt Methode dahinter. Lasst mich erklären.
- Ernährung: unser Körper braucht Brennstoff. Das heißt eine angemessene Menge Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette, genug Kalorien zum verbrennen. Er braucht auch alle möglichen Mineralstoffe, Vitamine usw damit unser Körper, und dazu gehört unser Gehirn, funktioniert. Gute Ernährung reduziert Ängstlichkeit und Depression. Regelmäßige Mahlzeiten reduzieren Stress. Wir geben unserem Körper alles, um fit und stark zu sein. Mit einem starken Nervensystem gewinnen wir auch mentale Energie. Hydriert bleiben sichert ein gut funktionierendes Gehirn.
- Schlaf: Während wir schlafen, erholen wir uns und verarbeiten den Tag. Unser Körper wechselt von Aktivität zu Wiederherstellung. Wir verschwenden keine Zeit, wenn wir schlafen, der Körper ist aktiv dabei unsere Energiereserven aufzuladen.
- Bewegung: Wenn wir Ausdauer und Kraft aufbauen, fühlen wir uns fitter und kraftvoller. Es braucht physische Energie, aber während des Sports werden auch Substanzen im Körper frei gesetzt, die wirksam sind gegen Angst, Depression und Hyperarousal und die Stress bekämpfen und unsere mentale Energie erhöhen.
- Ruhe: man verliert sich leicht im Funktionieren und ignoriert den Körper über lange Zeiträume. Und Entspannung kann sich erst mal unangenehm anfühlen. Aber wir brauchen Pausen, um wieder etwas Energie aufzubauen. Zu viel Entspannung hilft nicht, aber sich überarbeiten eben noch weniger. Nimm es dir als Ziel einen Tag in der Woche wirklich frei zu haben, manchmal ein verlängertes Wochenende zu genießen und Urlaubstage auch wirklich zu nehmen (und dann nicht Großputz zu veranstalten!). Wenn wir erschöpft sind, sind wir anfälliger für Flashbacks und Dysregulation, die in Dissoziation oder Selbstverletzung führen kann, alles Sachen, die uns nur noch mehr Energie kosten, wo wir schon keine zum verschenken haben.
- Gesundheit: kümmere dich um gesundheitliche Probleme. Das kostet uns empfindlich, wenn das nicht behandelt wird. Geh zum Zahnarzt (Hilfe hier). Lass Bluttests machen. Kümmere sich um Schmerzen, bevor das ein überwältigendes Problem wird. Wenn wir gesund sind, vermeiden wir es nicht nur Energie zu verschwenden, wir erhöhen sie auch.
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Ich gehe nicht für alles ins Detail. Kümmere dich um deine körperlichen Bedürfnisse. Wenn die nicht befriedigt sind, kostet uns das immer Energie, die wir woanders gebrauchen könnten.
Das selbe gilt für alle unsere emotionalen, zwischenmenschlichen, sozialen, spirituellen und alle anderen Bedürfnisse:
- Sicherheit: sich nicht sicher fühlen/nicht sicher sein ist ein Bereich wo wir leicht Energie verlieren. Es verbraucht eine Menge mentale Kraft ständig wachsam zu sein für mögliche Gefahren und immer die Schutzschilde oben zu haben. Wenn wir Sicherheit verbessern, hilft uns das Energie zu sparen und fördert Entspannung, ein Schlüssel um mehr Energie zu gewinnen.
- Struktur: Ein chaotischer Lebensstil ohne Rhythmus oder Struktur bedeutet viel Energie darauf zu verwenden Sachen im Blick zu behalten und alles zu managen, was plötzlich dazwischen kommt und wo man hinterher ist. Das ist sehr stressig. Struktur und Organisation helfen uns, unseren Kopf und Körper zu entspannen, weil wir alles unter Kontrolle haben und wissen, was als nächstes dran ist.
- Beziehungen: Unterstützende Beziehungen können eine Quelle von Hoffnung, Liebe und Zugehörigkeit sein. Wir brauchen das. Isolation ist einer der Hauptgründe für Suizide. Zeit mit sicheren Menschen verbringen lädt unsere Batterien auf.
- Positive Erlebnisse: etwas Schönes machen oder sichere und soziale Erfahrungen schaffen, kann unser Leben leichter und glücklicher machen. Es muss nichts Großes sein. Etwas Kleines und achtsam erlebtes hilft genauso.
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Für Fortgeschrittene
Es gibt noch einiges, was wir lernen können, was uns langfristig hilft. Das braucht mehr mentale Fähigkeiten und Konzentration, deswegen ist das am Anfang vielleicht noch nicht erreichbar und kann später ergänzt werden:
- Prioritäten setzen, die uns dienen und sicher stellen, dass wir unsere Energie auf die bestmögliche Art investieren
- Bedürfnissen begegnen und bei unseren Entscheidungen die langfristigen Auswirkungen im Hinterkopf haben
- flexible, wertgeschätzte Ziele, die, wo nötig, angepasst werden können, aber uns auch etwas geben, worauf wir unsere Energie konzentrieren können
- Planung, die uns effizienter darin macht, unsere Ziele zu erreichen
- Zeit-Management, damit nicht noch zusätzlicher Druck entsteht
- Kooperation im inneren System, sodass wir uns allgemein mit mehr Einheit bewegen und Streit sowie Alleingänge reduziert werden
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(Mehr Artikel zu fortgeschrittenen Fertigkeiten kommen bald)
All das und jede unserer Bemühungen unseren Bedürfnissen zu begegnen erhöht unsere Energie-Level ein wenig. Selbstfürsorge folgt den Regeln von Saat und Ernte. Wir müssen etwas sähen/Energie investieren, damit etwas passiert, was dann zu mehr Energie führt. Das bedeutet, dass das für manche Menschen nur in ganz kleinen Schritten passieren kann, weil sie nicht viel haben zum investieren. Es macht gar keinen Sinn uns zu überfordern in unseren Bemühungen, uns um uns zu kümmern und uns dabei auszulaugen. Such dir ein Gebiet aus und frage dich: Was ist eine kleine Sache, die ich jetzt gerade tun kann, um es ein kleines bisschen besser zu machen? Dann tu das.
Kosten reduzieren
Wir müssen außerdem einen kritischen Blick auf unsere Energie-Ausgabe-Gewohnheiten werfen, um die richtigen Stellen zu finden Kosten zu reduzieren, ohne uns dabei von zu vielen wichtigen Ressourcen zu trennen. Manches muss gar nicht ganz gestoppt werden, nur umgestellt auf ein Energiespar-Programm.
- Arbeit: wenn du arbeiten kannst, verbraucht das sicher viel deiner Energie. Wenn es sinnhafte Arbeit ist, kann das eine Quelle von Selbstwert sein und Stabilität erhöhen, also bringt es etwas ein. Es ist auch ein Ort, wo man über Abstriche nachdenken muss. Das könnten reduzierte Stunden sein, in eine Position mit weniger Verantwortung oder Aufwand wechseln, bessere Grenzen setzen was Überstunden oder Wochenendarbeit angeht, anders Stress bei der Arbeit reduzieren und für manche bedeutet es vielleicht, eine Pause machen zu müssen. Denk immer an deine finanzielle Lage bei solchen Entscheidungen. Armut ist ein schmerzhafter Energiefresser, der einen in ständiger Angst und in Stress festhält. Das sollte man so gut es geht vermeiden.
- Haushalt und Erwachsenenkram: wir alle müssen das machen. Aber manchmal stellen wir uns dabei unnötig kompliziert an. Vereinfache dein Leben und die Art, wie du Dinge tust. Niemand wird dich bestrafen, wenn du nicht alles perfekt machst. Lass es los. Wir empfinden es als sehr hilfreich, uns mit unseren gesünderen Freundinnen über solche Aufgaben zu unterhalten. Es stellt sich heraus, dass die ihre Toilette nicht jeden Tag schrubben. Es kann auch unterstützen, wenn du Aufgaben delegierst an einen Partner oder ältere Kinder oder jemanden bezahlst, bestimmte Sachen zu übernehmen.
- Familie: der schwierigste Ort um Grenzen zu setzen, ist die eigene Familie, aber dort ist es wohl auch am wichtigsten. Deine T wird dir helfen das Schritt für Schritt zu lernen. Du musst deinen missbräuchlichen Elternteil nicht pflegen, lass das jemand Professionelles machen. Du musst nicht auf Familienfeste gehen, das schuldest du niemandem. Du musst auch deiner Schwester nicht beim Umzug helfen, weil die niemanden dafür anheuern will und dabei über deine mentalen und physischen Grenzen gehen. Wenn sie dich lieben, würden sie das gar nicht wollen. Wenn nicht, warum machst du das überhaupt für sie?
- Drama: Wenn es Drama in einem Leben gibt, finde einen Weg das zu stoppen. Vielleicht sind deine Beziehungs-Fähigkeiten nicht besonders, weil du nie ein gutes Vorbild für sowas hattest und du schaffst dir immer wieder sein eigenes Drama. Deine T kann dir helfen, das bald besser zu machen. Vielleicht sind andere die Quelle von Drama und du kannst Grenzen setzen üben und von der Bühne steigen. Oft ist das eine Dynamik, die alle Beteiligen viel Energie kostet. Arbeite daran, da raus zu kommen.
- Leben: Vielleicht machst du etwas ehrenamtlich, versuchst andere Betroffene in einer Selbsthilfegruppe zu unterstützen, hast ein Haustier, was viel Aufmerksamkeit braucht, dienst in einer Kirchengemeinde oder spielst in einer Band usw. Das können alles wundervolle Ressourcen sein, aber auch sie kosten Energie. Wenn es sein muss, reduziere, vereinfache, verändere. Sage öfter ‘Nein’. Das schmerzt, aber wenn wir gerade kurzfristig versuchen etwas Energie zusammen zu kriegen, müssen wir vielleicht etwas weg lassen. Berate dich mit deiner T, wo das am meisten Sinn ergeben würde. Oft hilft es auch, sich einfach mal eine Pause zu gönnen und später wieder einzusteigen.
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Wenn es darum geht Kosten zu reduzieren, müssen wir immer Balance im Hinterkopf behalten. Manchmal müssen wir mit Sachen aufhören, die manche Bedürfnisse befriedigen, aber insgesamt einfach zu viel Energie kosten. Und nicht selten müssen wir die Fertigkeiten erst mal lernen, die es uns ermöglichen, kostspielige Energiefresser zu entfernen. Wir müssen unsere Durchsetzungs- und Abgrenzungsfähigkeiten erst einmal entwickeln, weil wir als Kinder nie die Chance dazu hatten.
Wann immer wir etwas verändern, verlieren wir ein wenig Stabilität, bis das zu unser neuen Normalität wird. Wir können nicht zu viel auf einmal verändern. Diese Veränderungen müssen langsam passieren, um sicher zu stellen, dass wir auch die Energie haben, die wir investieren müssen, während wir alles lernen,was wir brauchen, damit wir noch mehr Energie einsparen können. Auch deswegen nimmt die Stabilisierungsphase für komplexe PTBS so viel Zeit in Anspruch.
Versteckte Kosten
Wir sind uns dessen selten bewusst, aber unsere PTBS frisst eine Menge Energie.
- Vermeidung: um gut zu vermeiden, müssen wir immer wachsam sein und vorbewusst Ausschau halten nach Anzeichen von Problemen und möglichen Triggern. Dann braucht es eine große Anstrengung das NICHT zu bemerken und uns selbst in Unwissenheit zu halten, was das Problem angeht. Es verbraucht eine Unmenge mentaler Energie das den ganzen Tag über in jeder Situation aufrecht zu erhalten.
- Verleugnung: als klassischer Abwehrmechanismus unseres Verstandes und häufige Begleiterscheinung von Trauma und insbesondere DIS, verursacht Verleugnung oft krisenhafte Situationen, in denen wir glauben verrückt zu werden und wir verzweifelt gegen unseren eigenen Verstand ankämpfen. Man könnte sagen, wir verbrennen einen Hunderter aus unserem Energie-Budget.
- Hypervigilanz: Das ist ein physiologischer Zustand von ständigem Stress. Wir sind uns unseres Umfelds hyper-bewusst, nehmen dabei viel mehr Informationen auf, als gesunde Menschen das tun würden und prüfen dabei andauernd alles auf sein Gefahrenpotential, immer bereit aufzuspringen. Das laugt aus!
- Dissoziation: auch das ist ein physiologischer Zustand; der mit der höchsten Anspannung in unserem Nervensystem. Das verbrennt Energie wie blöd. Wir merken das kaum, weil wir so runter gefahren sind, aber es braucht eine enorme Anstrengung, uns so taub und unempfindlich zu machen.
- Strukturelle Dissoziation: Spaltungen aufrecht zu erhalten ist eine ständige Gehirnleistung. Auch nur Anteile zu haben und ganz besonders Anteile, die alle gleichzeitig etwas anderes in unserem Verstand machen, bedeutet dass wir quasi Energie für mehrere Personen verbrauchen. Unser Nervensystem und Gehirn sind hoch ausgelastet. Je mehr wir auseinander driften, desto mehr kostet es, und desto weniger Energie bleibt, um das Leben zu managen. Je unabhängiger Anteile handeln, desto härter ist es für unseren Körper. Deswegen üben wir Synchronisieren.
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Der chronische Stress, den wir durch unsere PTBS erleben, muss thematisiert werden, wenn wir ein Leben mit mehr Energie haben wollen. Wenn es ums Energiebudget und DIS geht, ist ein integrierteres Leben die einzige Option.
Wir brauchen eine Balance dazwischen in kleinen Schritten immer mehr Energie frei zu setzen und es sie dann wieder neu zu investieren, um noch mehr Energie frei zu machen.
Schulden abbezahlen
Damit wir dem Vorgang aufhalten können, immer wieder Zinsen drauf zu zahlen (sensorische, emotionale und andere Flashbacks), müssen wir integrieren, was sich vorher nicht integrieren ließ.
Wir können mit ‘offenen Rechnungen’ anfangen, Szenen aus unserem Leben, die uns immer wieder heimsuchen. Vielleicht haben wir einen Fehler gemacht, vielleicht etwas beschämendes, was wir nicht vergessen können, eine Beziehung, die nicht richtig definiert ist oder ein Versprechen, was wir nie gehalten haben…. Die meisten Menschen haben unabgeschlossene Situationen in ihrem Leben. Die stehlen uns Energie, weil wir sie mental immer vermeiden müssen oder Kraft aufwenden, um uns zu regulieren.
Dann arbeiten wir daran Trauma Schritt für Schritt zu integrieren. Wir können immer nur Schulden abbezahlen, wenn wir einen Überschuss an Energie haben, die wir dem hinterher werfen können. Therapie muss dem entsprechend in der Geschwindigkeit angepasst sein. Wenn wir mitten drin sind Trauma zu prozessieren, ist es normal, dass unsere Funktionsfähigkeit in anderen Bereichen einknickt. Das braucht wirklich viel mentale Energie. Es wäre also klug, sich darauf vorzubereiten und nicht zu viel zu schnell zu bearbeiten.
Wir können das System ein bisschen überlisten, wenn wir einen Klinikaufenthalt nutzen, um unsere Verpflichtungen stark zu verringern, sodass wir uns darauf konzentrieren können, unsere Energie für größere Arbeiten zu verwenden, die dazu führen, dass unser Grundbudget erhöht ist, wenn wir wieder nach Hause gehen. Ich muss nicht dazu sagen, dass es dazu notwendig ist, ein Behandlungsprogramm zu nutzen, was auf komplexe PTBS ausgelegt ist und nicht noch zusätzlichen Stress bereitet.
Der Prozess unser Energiebudget auszubalancieren braucht Zeit und Geduld. Wir müssen lernen, was gerade geht und beginnen innerhalb unserer Möglichkeiten zu leben. Es hilft vielleicht, sich den Gedanken von Spoons von den chronisch Kranken auszuleihen und die Löffel für jeden Tag zu zählen. Plane so, dass Energie übrig bleibt. Ich weiß, das klingt merkwürdig, wenn man gewöhnt ist abends immer völlig erschöpft zu sein, aber man muss an einem Tag nicht alle Energie verwenden, die man hat. Ihr habt die Erlaubnis ins Bett zu gehen, selbst wenn noch Energie übrig wäre.
Zuerst kommt unser Alltag, mit einer Balance zwischen Energie gewinnen und unnötige Ausgaben kürzen. Wir lernen in dieser Phase wichtige Dinge, die uns später helfen unser Leben besser zu gestalten, wenn die Trauma Arbeit vorbei ist. Das ist kein Scherz, wir brauchen einen Überschuss, den wir dem Trauma entgegenwerfen können. Dafür müssen wir in unserem Leben erst graben, als würden wir nach Gold suchen, um für den Prozess Erinnerungen zu integrieren bezahlen zu können.
Mit jeder verarbeiteten Erinnerung wird unser Gesamtbudget größer und wir verlieren nicht mehr so viel an Flashbacks und Dysregulation. Es wird einfacher. Das ist die Mühe wert.
Ich weiß, dass das keine befriedigende Antwort ist. Es gibt kein Wundermittel, keinen schnellen Weg Energie zu kriegen und los zu legen. Es ist alles nur noch mehr Arbeit auf unserer Liste, von Dingen, die wir lernen müssen.
Ein persönliches Wort zum Schluss
Unser Körper erträgt chronischen Stress nicht endlos lange. Wir sind Anfang 30 und ringen schon mit mehreren nicht heilbaren auto-immun und chronischen Schmerzerkrankungen und das wird ab jetzt nur noch schlimmer. Wenn du eine Chance hast, den Prozess früh anzufangen, Energie zu sammeln und neu zu investieren, sodass du den Stress früh im Leben erleichtern kannst, dann bitte ich dich, dich da vorne an zu stellen. Der Rest deines Lebens wartet auf dich. Du kannst vielleicht die chronischen Erkrankungen, die komplexe PTBS langfristig mit sich bringt, vermeiden.
Wenn ihr Viele seid, macht euch bitte bewusst, wie hoch die Kosten sind, strukturelle Dissoziation aufrecht zu erhalten. Traumatisierte Körper halten das nicht ewig durch ohne körperliche Krankheiten zu entwickeln. Es ist nicht gesund, dissoziiert zu leben. Das ist keine langfristige Lösung. Nicht, wenn wir ein schmerzfreies Leben haben wollen, was wir genießen können. Für uns ist es schon zu spät, aber ihr habt vielleicht noch eine Chance.
Marleen says
Guter Artikel, aber ich finde es auch etwas beunruhigend. Ich bin 25 und habe grade erst rausgefunden, dass wir viele sind. Nun suchen wir mühsam einen Therapeuten (der uns das auch erstmal diagnostizieren kann) und das dauert ja dann auch noch lange bis man halbwegs integriert ist, wir müssen uns erstmal alle kennen lernen…(Und es sind bestimmt nicht alle bereit sich zu integrieren) Ich versuche jetzt mal nicht in Stress zu verfallen 🙈
Theresa says
Es ist eine wirklich knifflige Situation. Sich Stress wegen Gesundheit zu machen ist auch wieder nur Stress, der dazu beiträgt, Gesundheit zu untergraben. Ich kenne persönlich niemanden mit DIS ohne chronische Erkrankung. Vieles lässt sich aber gut behandeln und fällt dann kaum auf. Ich habe nach einigen Jahren von chronischen Schmerzen das erste Mal erlebt, dass so etwas wie eine Fibromyalgie auch wieder besser werden kann, wenn der Stress reduziert wird. Der Körper heilt manchmal auch langsam wieder von der Überbelastung. Ich halte es für eine gute Haltung, sich keine Sorgen zu machen, schneller wird man davon auch nicht, UND das Thema Entspannung, Pausen und Stressregulation richtig ernst zu nehmen und wirklich daran zu arbeiten und das zu üben. Ein Gegengewicht zum Stress macht schon sehr viel aus, auch wenn noch lange nicht alle Probleme gelöst sind.