„Ich bin zu nichts zu gebrauchen.“
Viele Traumatisierte haben solche oder ähnliche Gedanken.
In den meisten Fällen ist das eine Fehlannahme. Wenn du es versuchen würdest, dann könntest du zumindest irgendwas finden, was du einigermaßen kannst.
Es gibt allerdings eine Situation, in der es wahr ist.
Und das ist, wenn du dich außerhalb deines Lernfensters befindet.
Dann bist du tatsächlich zu nichts zu gebrauchen.
Lass mich das erklären.
Hyperarousal und Hypoarousal, beides Zustände außerhalb deines Lernfensters, haben nicht nur einen Einfluss auf deine Gefühle und deinen Körper, sondern auch auf dein Denken.
Bei Hyperarousal wirst du kopflos. Gedanken jagen sich, aber sie bewegen sich dabei im Kreis. Du hast immer wieder die gleichen Gedanken. Das führt zu gar nichts.
Bei Hypoarousal verlangsamt sich dein Denken oder hört ganz auf. Dein Gehirn friert ein. So kommt man nicht weiter.
Psychologen haben herausgefunden, dass Problemlösefähigkeit stark von Kreativität abhängt. Du musst auf dein Wissen und deine Erinnerungen, sowie aktuelle Beobachtungen zurück greifen können, um daraus eine neue Lösung für deine stressige Situation zu kreieren. Der mentale Zugriff klappt am besten bei mittlerer Anspannung. Bei Hyper- oder Hypoarousal hört er auf zu funktionieren.
Wenn du mit einer stressigen Situation konfrontiert bist, vielleicht hast du schlechte Nachrichten bekommen und musst so schnell wie möglich handeln um eine Katastrophe zu verhindern, dann ist das Erste, was du tun solltest, einen Schritt zurück treten und dich beruhigen.
Es ist irrelevant, wie dringend die Situation ist, wie möglicherweise lebensbedrohlich oder verheerend die Auswirkungen sein könnten.Außerhalb deines Lernfensters bist du in keinem Zustand um gute Entscheidungen zu treffen oder dir eine Lösung auszudenken. Dein Hirn funktioniert nicht richtig.
Wenn du eine schnelle Lösung möchtest, solltest du zusehen, das du schnell wieder innerhalb deines Lernfensters bist! Jede Minute, die du am Rädchen drehst ist eine verlorene Minute. Du wirst so keine Lösung finden. Problemlösen ist blockiert.
Das geht gegen die Intuition, die uns sagt, dass wir schnell etwas TUN müssen. Nein. Jetzt gerade musst du dich beruhigen. So kannst du sicher stellen, dass dein Handeln Sinn ergibt.
Was du tust, wenn du gerade abdrehst, kann Probleme vergrößern oder dich sogar in Gefahr bringen. Dein Gehirn ist in diesem Zustand zu nichts zu gebrauchen.
Kürzlich hat eine Situation einen unserer Beschützer aus dem Lernfenster geworfen. Ihre erhöhte Wachsamkeit hat all ihre Aufmerksamkeit verbraucht. Das Körper hat stark gezittert. Sie hat hektisch versucht einen Weg zu finden einem anderen Anteil zu helfen und ist dabei immer und immer wieder in eine mentale Wand gelaufen, eingenommen vom inneren Kreisen. Sie spürte die Dringlichkeit das regeln zu müssen, war aber so außer sich, dass wir nicht mehr fähig waren zu funktionieren.
Ihre Fähigkeit uns zu beschützen war bei genau Null.
Erst als sie sich beruhigen konnte, haben wir uns daran erinnert, dass wir sogar wissen wie man mit der Situation umgehen muss. Wir hatten dieses Wissen nur länger nicht benötigt. Zu angespannt hatten wir uns nicht erinnern können.
Wir haben einen ganzen Tag damit verloren hektisch zu sein. Einen ganzen Tag, den ein Anteil innen auf Hilfe gewartet hat, die nicht kam.
Mach du nicht den selben Fehler. Wenn du schwierige Nachrichten bekommst und schnell eine Lösung brauchst, zwing dich, dich erst mal zu beruhigen. Keine Ausnahmen. Gerade, wenn es etwas Großes und Ernstes ist, musst du dich zuerst beruhigen. Es gibt so was wie „zu wichtig um sich Zeit zum runterkommen zu nehmen“ nicht. Das ist als würdest du sagen „Ich möchte lieber stundenlang im Kreis rum rennen, emotional instabil, gestresst und überfordert und unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn eine Lösung zu finden“.
Komm grundsätzlich erst mal runter und arbeite dann von innerhalb deines Lernfensters. Alles andere ist zu nichts zu gebrauchen.
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