PEP steht für Prozess- und Embodiment- fokussierte Psychologie. Wie bei EFT liegen die Wurzeln in der Energetischen Psychologie, sie hat sich aber deutlich davon weg entwickelt und lehnt unwissenschaftliches oder esoterisches Vorgehen ab. ‘Klopfen’ ist immer noch ein wichtiger Bestandteil der Technik, wird aber durch kognitive Interventionen ergänzt und ist dadurch für mehr zu gebrauchen als nur Emotionsregulation. PEP ist noch nicht breit erforscht, aber die Berichte, die wir haben, weisen darauf hin, dass es eine sichere und sanfte Technik ist, um auch Komplextrauma mit schwerer Dissoziation bis hin zu DIS zu behandeln. Wir brauchen mehr Techniken, die auch bei Schwerst-Traumatisierten angewendet werden können, deswegen stellen wir PEP hier vor. Das ist keine eigenständige Therapieform sondern eine Zusatztechnik, die ein ein größeres Therapiekonzept eingebettet werden muss.
Die Bausteine
PEP ist prozessorientiert, es gibt keine festgelegte Reihenfolge, in der Werkzeuge angewendet werden. Das hängt ganz davon ab, was Patient:innen erleben und wie sich der Prozess entwickelt. Bausteine werden eingesetzt, wo sie passen.
Grounding
Als Rahmen für den Prozess gibt es kleine Übungen am Anfang und am Ende. Begonnen wird mit Fingerübungen für die bilaterale Stimulation und Koordination, die helfen, im Augenblick und auch bei sich selbst anzukommen.
Selbst-Akzeptanz Übung
Wie auch bei EFT werden wir angeleitet, Aussagen zur Selbstakzeptanz zu finden, die zu der Situation oder der Emotion passen, an der wir arbeiten wollen. Aufgebaut sind diese Aussagen so:
Auch wenn + problematische Gefühle/Gedanken/Erfahrungen + Selbstakzeptanz.
Dabei ist es ok, sich von dem engen Gedanken weg zu bewegen, dass nur ‘liebe und akzeptiere ich mich wie ich bin’ eine richtige Selbst-Akzeptanz Aussage ist. Andere Möglichkeiten können andere Bedürfnisse ansprechen. So kann eine PEP Affirmation genauso gut heißen ‘bin ich immer noch frei meine eigenen Entscheidungen zu treffen und habe Kontrolle über mein Leben’, eine wichtige Ergänzung zum Vorgehen bei EFT.
Unsere Ts werden immer wieder Vorschläge machen, die wir nutzen können, wenn sie passen, selber anpassen können, wenn es so ähnlich gut wäre, oder wir verwerfen sie völlig und schlagen selber was besseres vor. Dieser Prozess, verschiedene Optionen durch zu gehen und uns dabei immer weiter vor zu arbeiten, hilft uns, wichtige Erkenntnisse zu erlangen. Selbst-Akzeptanz Sätze werden gesprochen, während eine Stelle am Körper gerieben oder beklopft wird. Dieser Baustein spricht mehr die kognitive Seite unseres Problems an.
Klopfen
Wenn wir sehr emotional sind oder schon in einer Stressreaktion, wird klopfen verwendet, um die Anspannung abzubauen. Das folgt den traditionellen Akupressurpunkten wie bei EFT, es ist aber nicht nötig dabei zu sprechen. Wir achten einfach auf unser Stresserleben oder das Gefühl, das hoch gekommen ist und klopfen, wo unsere Ts uns das zeigen. Einen gemeinsamen Rhythmus zu haben und eine andere Person zu spiegeln, ist in sich schon regulierend, genau wie die sensorische Stimulation, die wir schaffen, wenn wir unseren Körper an verschiedenen Stellen an tippen. Diese geteilte Aufmerksamkeit, auf unser Gefühl und auf den Körper in der Gegenwart, hilft bei der Verarbeitung.
Big 5 Lösungsblockaden
Menschen bleiben in dem Prozess regelmäßig stecken. Klopfen alleine macht das Problem nicht ganz weg oder die Selbst-Akzeptanz Aussagen kommen nicht recht an. Dann checken unsere Ts 5 verschiedene Bereiche ab, wo wir vielleicht fest stecken und arbeiten die mit uns durch, bevor es mit dem Hauptthema weiter geht.
Selbstvorwürfe:
Wenn wir uns alte Entscheidungen oder Handlungen immer noch vorhalten, werden wir angeleitet, uns das zu vergeben und es los zu lassen. Die Frage ‘Konntest du nicht anders oder wolltest du nicht anders?’ kann dabei sehr helfen und zu mehr Akzeptanz führen. Beispiel Affirmation: ‘Auch wenn ich mir immer noch Vorwürfe mache wegen ____ nehme ich mich an wie ich bin. Und jetzt vergebe ich mir vollständig dafür, weil mir klar geworden ist, dass es in der Situation wirklich nicht besser ging und das ist die Wahrheit.’
Fremdvorwürfe:
Die halten uns in einer Opfermentalität gefangen und schieben die Verantwortung von uns weg. Die dazu gehörige Intervention hilft uns auseinander zu halten, was unsere Verantwortung ist und was zu anderen Menschen gehört, sodass wir bei uns bleiben können. Beispiel Affirmation: ‘Auch wenn ich ___ immer noch vorwerfe dass ___ bin ich immer noch sicher und habe Kontrolle über ein Leben. Auch wenn ___ mich nicht besser behandeln wollte/konnte, respektiere ich mich selbst und lasse die Verantwortung für ihr/sein Handeln bei ____.’
Erwartungshaltung:
Manchmal warten wir darauf, dass andere etwas tun, damit wir uns besser fühlen können. So machen wir uns von ihren Handlungen abhängig. Das sind oft Wünsche, dass Eltern uns doch noch Liebe zeigen oder Täter den Missbrauch zugeben. Wir werden dann angeleitet, unrealistische Erwartungen los zu lassen. Beispiel Affirmation: ‘Auch wenn ich immer noch hoffe und erwarte dass ___, kann ich selbst entscheiden, was gut für mich ist. Auch wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, das nicht in meiner Macht steht zu erfüllen, weil es an anderen Menschen hängt und ich denen damit ziemlich viel Macht über mein Leben gegeben habe, stehe ich fest in meinem Leben und entscheide, wo es für mich lang geht. Ich lasse alle Erwartungen los, die mich gefangen halten und kümmere mich selbst um mein Glück.’
Altersregression:
Unsere Ts fragen vielleicht, wie alt wir uns fühlen, wenn wir diese Emotionen erleben, an denen wir gerade arbeiten. Oft rutschen Menschen in jüngere Ego States. Bei dissoziativen Störungen wäre hier ein Punkt, wo näher nach dissoziierten Anteilen geschaut wird, die vielleicht überfluten oder passiven Einfluss ausüben, um Integration zu fördern. Die neue Selbst-Akzeptanz Aussage beinhaltet dann das Erleben von beiden, jungen und erwachsenen, Anteilen. Beispiel Affirmation: ‘Auch wenn ich mich in dieser Situation immer plötzlich viel jünger fühle, bin ich in Sicherheit und fähig das zu meistern. Auch wenn ich spüre, wie ein jüngerer Anteil aktiv und ängstlich ist, bin ich gleichzeitig eine erwachsene Frau, die genau weiß, was zu tun ist. Ich kann in dieser Situation in meiner Erwachsenen-Perspektive bleiben, sodass jüngere Anteile sich keinen Stress machen müssen.’
Ungesunde Loyalitäten:
Vielleicht haben wir das Gefühl, wir schulden es jemandem, in einer leidvollen Situation zu bleiben; vielleicht ist es sogar als würden wir einen geliebten Menschen verraten, wenn es uns besser ginge und wir unser Leben neu gestalten. Das passiert oft in Familien, wo Kinder wegen der Misshandlungen besonderen Zusammenhalt entwickelt haben. Eine neue Affirmation kann das Leiden der Anderen ehren und trotzdem eine Linie ziehen, um die beiden Leben voneinander abzugrenzen. Beispiel Affirmation: ‘Auch wenn ich mich meinen Geschwistern tief verpflichtet fühle wegen des Leides, das wir geteilt haben, erlaube ich mir zu heilen und ein glücklicheres Leben zu führen. Auch wenn ich das Trauma hinter mir lasse, bin ich immer noch mit meinen Geschwistern in Liebe verbunden. Meine Lebensfreude heute entwertet oder schmälert nicht die Erfahrungen, die wir früher geteilt haben.’
Zwischenentspannung
Nachdem wir eine Weile an einem Thema gearbeitet haben, kann es eine kleine Unterbrechung geben, die das Gehirn mal anders stimuliert und uns kurz neu orientiert. Diese Übung besteht aus verschiedenen Augenbewegungen, zählen und summen. Sie ist kurz, wechselt schnell zwischen verschiedenen Handlungen und ist sehr effektiv darin, uns eine thematische Pause zu verschaffen.
Kognitiver Kongruenz Test
Gegen Ende hin helfen unsere Ts uns einen Satz zu formulieren, der unser neues Verständnis in einer Handlung zusammen fasst. Diese Aussage kann zu Hause wiederholt werden, um den Erfolg zu stabilisieren. Diese Sätze sind hoch individuell und unsere Ts achten darauf, dass auch unsere Körpersprache zeigt, dass da eine Entlastung ist und es eine Kongruenz von Verstand und Körper gibt. Dieser Test hilft zu sehen, ob es noch etwas gibt, was uns davon abhalten könnte, von dem Prozess richtig zu profitieren. Wenn das nicht völlig stimmig ist, gibt es noch Arbeit. Beispiel: Wenn unser Körper immer noch ruhelos und angespannt ist bei einem Satz wie ‘Ich kann jetzt frei von Angst vor Übergriffen leben’, weil wir unterbewusst fühlen, dass es irgendwo in unserem Leben noch einen Bereich gibt, der eine Bedrohung darstellt, dann müssen wir da noch mal ran. Wenn alles stimmig ist, wird die Stunde mit einer Entspannung beendet.
Humor
Wenn man mit PEP-Ts arbeitet, fällt einem sehr schnell die Leichtigkeit und der Humor bei dieser Technik auf. Sie nutzt viele freundlich-scherzhafte bis leicht ironische Provokationen auf der Suche nach passenden Selbst-Akzeptanz Sätzen und gute PEP-Ts nutzen die Kombination von Humor und purer Akzeptanz, um auf problematische Muster aufmerksam zu machen. Daraus entsteht eine Atmosphäre, die ein sicherer Ort ist, um auch einfach nur ein Mensch zu sein und die zutiefst einladend ist, alte Probleme hinter sich zu lassen. Das ist für Patient:innen wie für Ts leichter. Therapie muss gar nicht immer bitter ernst sein.
Man kann diese Bausteine als Selbsthilfe bei Angst oder Stress anwenden. Die komplette Anleitung dazu gibt es in ‘Bitte Klopfen’ von Michael Bohne.
PEP für die Trauma Verarbeitung
Wenn PEP bei der Trauma Verarbeitung genutzt wird, muss das in eine normale Traumatherapie und das 3-Phasen Modell integriert werden. Ihr könnt keine Bearbeitung machen ohne Stabilisierung und PEP alleine reicht nicht aus, um alles abzudecken, was es da braucht.
Man kann PEP mit anderen multi-sensorischen bifokalen Techniken wie EMDR oder EMI vergleichen. Der grundlegende Gedanke, sich zu erinnern während sensorische Stimulation/bilaterale Bewegung beim Verarbeiten hilft, ist der gleiche. PEP könnte in manchen Bereichen sogar etwas besser sein, weil es uns besser erdet, wenn wir Stimulation selber in der Hand haben, wir ständig in Bewegung sind und so mehr Aufmerksamkeit in der Gegenwart bleibt und weil wir immer auch unsere Ts anschauen, die uns zeigen, was zu tun ist, sodass es auch bessere Co-Regulation gibt. Eine Pilotstudie zeigt außerdem einen unerwartet hohen Anstieg der Selbstwirksamkeit, was der weiteren Therapie nutzt. der Selbsthilfe Teil der Technik kann schon in der Stabilisierung weiter helfen.
PEP unterscheidet sich von reiner Exposition durch den aktiven Fokus auf das Überwinden von Blockaden, die uns noch zurück halten. Wir arbeiten uns auch durch Glaubenssätze durch, während wir auf Resonanz von unserem Körper achten. Das nimmt den Fokus weg davon, nur zur Desensibilisierung die Erinnerung anzuschauen, das Ziel ist viel mehr den Weg über die Erinnerung hinaus zu finden.
Menschen können sich durch das Klopfen besser geerdet fühlen, Dissoziation passiert nicht so schnell und fällt auch eher auf, was diese Technik auf für Hoch-Dissoziative zugänglich macht. Auch Ts berichten von mehr Leichtigkeit und weniger Stress, wo die ja die ganze Zeit mit-klopfen, und das könnte das Risiko von Traumatisierung bei der Arbeit verringern.
Wenn wir die Bausteine zusammen fügen, um das für die Trauma Arbeit zu nutzen, könnte das so aussehen:
In Zusammenarbeit mit unseren Ts suchen wir uns eine heutige Situation aus, wo wir auf ein Problem mit Trauma-Bezug gestoßen sind und holen die Erinnerung kurz hoch, um den Belastungsgrad zu bewerten. Das kann man mit SUDs machen, wie bei EMDR auch.
Während wir im Gespräch die Sitzung vorbereiten, können unsere Ts schon mal Ausschau halten nach einer oder mehreren Lösungsblockaden und Gedanken- oder Beziehungsmustern, die wohl geändert werden müssten. Dann schlagen sie vor, wo wir anfangen könnten.
Nehmen wir an, wir erleben schon ziemlich viel Stress und Anspannung. Dann würden wir erst mal damit anfangen die 16 Punkte zu klopfen, die unsere Ts uns zeigen und danach noch mal die SUDs bewerten. Nach einer kurzen Zwischenentspannung könnten wir bei immer noch hohen SUDs dann noch ein Intervall klopfen.
Wenn sich nichts mehr verändert und der Stress noch nicht völlig weg ist, würden unsere Ts dazu übergehen an Selbst-Akzeptanz oder Blockaden zu arbeiten und Aussagen vorschlagen, die zu einem neuen Verständnis führen können. Wenn wir die haben, könnten wir noch eine Runde klopfen zur Verarbeitung oder schon mit der nächsten Blockade weiter machen. Selbst-Affirmationen können mit Klopfen anschließend gefestigt werden.
Wenn wir am Anfang gar nicht so gestresst sind, fangen unsere Ts vielleicht direkt mit den Selbst-Akzeptanz Sätzen an und bewegen den Prozess dann immer zwischen kognitiven Intervallen und Klopfen hin und her, mit kleinen Entspannungen dazwischen.
Der Kognitive Kongruenztest wird gemacht, wenn wir das Gefühl haben, so gut es nur geht durch zu sein. Wenn der noch ein Problem aufzeigt, gehen wir zurück zu Lösungsblockaden, Selbstakzeptanz und Klopfen und prüfen dann noch mal die kognitive Kongruenz. Der Prozess endet, wenn wir mit unserem ganzen Wesen hinter unserer neuen Aussage stehen können. Das bedeutet, das auch im Körper zu spüren und mit positiven emotionalen und körperlichen Gefühlen aus der Stunde raus zu gehen.
Eine unverfängliche Demo (Auftrittsangst) könnt ihr euch hier anschauen. Da erkennt ihr auch gut die Bausteine wieder.
PEP bei struktureller Dissoziation
Es gibt noch nicht so viele Studien zu PEP in der Traumatherapie. Das ist noch recht neu und Forschung ist immer auch eine Frage der Finanzierung. Eine erfolgreiche Pilotstudie schließt allerdings auch Menschen mit DSNNS und DIS mit ein, wir haben also zumindest Fallberichte dazu. Für die Anwendung bei DIS wird die Stunde vorbereitet wie jede andere DIS Therapie Stunde, in der es um Trauma Verarbeitung gehen soll. Es braucht solides Co-Bewusstsein, Kommunikation und Kooperation. Die Stresszustände, Gefühle und Lösungsblockaden von inneren Anteilen werden mit berücksichtigt und in den Prozess eingeschlossen. Das braucht mehr Zeit als bei Menschen ohne strukturelle Dissoziation um das durch zu arbeiten, weil es schlicht viel komplexer ist, aber es ist möglich an einem Punkt anzukommen, wo alle teilnehmenden Anteile sich auf eine Abschluss Aussage einigen können. Patient:innen berichten im Anschluss an die Behandlung sowohl von einer Integration der Erinnerung als auch von einzelnen Anteilen. Wenn ihr das versuchen wolltet, bräuchtet ihr nur jemanden, die sich mit Trauma Therapie, DIS Therapie und PEP auskennt. Ganz einfach also… Schaut euch die Arbeit von Dr C. Wilhelm-Gößling an, wenn euch die Berichte dazu interessieren.
Ich persönlich halte PEP für einen interessanten Ansatz eben gerade für Schwerst-Traumatisierte, für die andere Methoden nicht in Frage kommen. Das ist auch erfolgreich in einem Gruppen-Setting verwendet worden, um sehr allgemeine Trauma Themen abzudecken. Die Technik verträgt sich sehr gut mit anderen Werkzeugen für die Exposition, sodass man das auch gut mischen kann und anwenden, was gerade am besten passt. Klopfen erdet manchmal besser als Augenbewegungen und die Co-Regulation durch das Spiegeln eines Gegenübers sollte nicht unterschätzt werden. Der Humor und die Leichtigkeit machen den Prozess einfacher und wenige Scham-belastet. Weil es keine festen Abläufe gibt, ist PEP recht flexibel und nah dran an dem persönlichen Erleben der Einzelnen. Wenn es um Trauma geht, ist PEP der EFT überlegen, weil es auch Lösungen für kognitive und zwischenmenschliche Probleme bietet, wenn die emotionale Verarbeitung stecken bleibt.
Wie immer ist dieser Artikel nur ein grober Überblick, der euch nicht befähigt, damit irgendwie euer eigenes Trauma zu bearbeiten. Ihr könnt euren Ts aber vorschlagen, sich in diese Richtung weiter zu bilden. Mehr zu PEP findet ihr hier.
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