Die Welt um uns herum verstehen passiert nicht einfach, es ist eine Kette von mentalen Aktionen. Wir müssen Dinge mit unseren Sinnen wahrnehmen. Unser Gehirn filtert das, sodass nur was wichtig erscheint unser Bewusstsein erreicht. Wir vergleichen dann unsere Wahrnehmung mit unseren Erinnerungen und Erfahrungen und fügen die zusätzlichen Informationen hinzu, die die Situation uns liefert, um ein Bild davon zusammen zu stellen und eine Erwartung zu entwickeln, was als nächstes passieren wird. Diese bringt in uns Emotionen hervor, die uns in unserer Reaktion/Handlung unterstützen.
Wenn wir in ständiger Angst aufwachsen, beeinflusst das diesen mentalen Prozess nachhaltig. Wir sind hypervigilant (=extrem wachsam) und halten nach potenziellen Bedrohungen Ausschau. Unser Gehirn filtert so, dass wir uns möglicher Gefahren bewusster sind und zieht unsere Aufmerksamkeit auf Details, die ein Problem andeuten könnten. Der Pool von Erinnerungen, mit dem wir die Situation vergleichen, ist dominiert von traumatischen Erinnerungen und so werden wir öfter Verbindungen mit diesen herstellen und zusätzliche Informationen, die die Gegenwart von einer Traumasituation unterscheiden, ignorieren. Da unsere Erwartungen für die Zukunft auf unseren Erfahrungen aus der Vergangenheit beruhen, werden auch sie durch Trauma verfärbt. Die Emotionen, die daraus resultieren, entspringen in TraumaZeit. Das bedeutet, dass unsere Reaktionen manchmal sehr wenig mit der Realität um uns herum zu tun haben. Dieser mentale Mechanismus und die starken Gefühle, die ihn begleiten, sind eine normale Folge von Traumatisierung.
Stell dir vor du gehst du durch deinen Garten und dein Gehirn entdeckt etwas grünes, langes, Schlangen-förmiges im Gras. Du erinnerst dich an eine Situation im Urlaub, wo du von einer Schlange gebissen wurdest. Du erwartest einen Angriff, Angst schießt in dir auf und du läufst weg. Dabei ist dir völlig entfallen, dass es da, wo du wohnst, gar keine Schlangen gibt und dass du letzten Abend deine Blumen mit dem Gartenschlauch bewässert hast und ihn dort gelassen hast, falls du ihn noch brauchst.
So etwas ähnliches passiert uns im Kontakt mit anderen Menschen oder der Umwelt, wenn wir getriggert werden. Wir werden uns der Dinge mit Trauma-Bezug besonders bewusst. Das könnten Einzelheiten von Gegenständen sein, aber auch wie jemand sich bewegt oder spricht und sogar eine bestimmte Konstellation, wo wer sich im Raum befindet.
Überlebende entwickeln außerdem oft einen siebten Sinn für die emotionalen Zustände anderer. Wir bemerken kleine Veränderungen in der Mimik oder Körperhaltung und manche können sogar so etwas wie eine Aura um Personen herum wahrnehmen, die uns vielleicht bedrohlich erscheint.
Unsere sensible Wahrnehmung war früher hilfreich, um unser Überleben zu sichern. Sie hat uns Anhaltspunkte geliefert, wann wir uns verstecken oder dissoziieren mussten, weil etwas Schlimmes passieren würde. Heute steht sie uns eher im Weg, weil unsere Interpretationen davon, was vor sich geht, veraltet sind.
Wir können lernen die Traumaschleife in unserem Verstand zu unterbrechen, indem wir Achtsamkeit und einen Realitätscheck verwenden. Weil unser Gehirn so darauf trainiert ist Bedrohungen wahrzunehmen, wird es etwas dauern das umzulernen. Was wir aber gleich machen können ist einen Schritt zurück zu treten, wenn wir merken, dass starke Gefühle hoch kommen, die uns dazu bringen könnten wie in TraumaZeit zu reagieren und zu dem gedanklichen Schritt davor zurück kehren: Der Interpretation der Situation aufgrund von Erinnerungen und Erwartungen.
Nutze deine Grounding Techniken und frage dich dann:
Welche Geschichte erzähle ich mir in meinem Kopf? Dafür muss man sich nicht schämen, das macht unser Gehirn automatisch, wenn ihm Informationen fehlen: es füllt die Lücken in der Geschichte.
Was ist in der Situation passiert? Wie würde ein Zeuge es beschreiben? Dein Zeuge ist nur ein Beobachter, der nichts beurteilt.
Wer hatte damit zu tun? Nenne die tatsächlichen Personen heute, nicht an wen sie dich erinnert haben. Achte darauf zu sehen, was real da ist. Vielleicht ist es sogar sie selbe Person, aber 30 Jahre älter und schon klapprig.
Was weiß ich über diese Person? Wenn du sichere Erfahrungen hast, bemerke das. Wenn du sie gar nicht kennst, bemerke das auch. Du nimmst etwas an, ohne richtige Informationen zu haben.
Welche zusätzliche Information zur Situation habe ich übersehen? Frage deinen Beobachter, der weiß vielleicht mehr. Vielleicht solltest du auch auf zusätzliche Informationen zu dir selbst achten, die Heute von TraumaZeit unterscheiden.
Was war der Auslöser? Das muss kein Gegenstand sein. Manchmal findet man keinen Trigger und das ist auch ok.
Welche Stressreaktion erlebe ich gerade? Bemerke, dass es genau das ist: eine Trauma Reaktion auf einen Trigger.
Was sind 3 alternative Erklärungen zu meiner Interpretation der Situation? Werde flexibler in deinem Denken. Ein Stirnrunzeln bedeutet nicht immer, dass jemand über dich verärgert ist. Vielleicht haben sie Zahnschmerzen. Vielleicht ist ihnen gerade eingefallen, dass sie vergessen haben Toilettenpapier zu kaufen. Vielleicht ist hinter dir gerade jemand in einem T-Rex Kostüm vorbei gestampft.
Selbst wenn wir die Gefühle um eine Person herum richtig wahrnehmen, bedeutet das nicht, dass wir Gedanken lesen können. Vielleicht sind sie sauer, aber gar nicht auf dich.
Ist die Situation gefährlich oder schädlich? Frag das deinen Beobachter, nicht den emotionalen Teil deines Gehirns. Du solltest eine objektive Bedrohung ausschließen können. Wenn du wirklich in Gefahr bist, halte hier an und bring dich in Sicherheit.
Was sind 3 Gründe warum ich gerade sicher bin? Sich sicher fühlen reduziert die Stressreaktion schnell.
Was sind 3 harmlose alternative Möglichkeiten, wie die Situation weiter gehen könnte? Du kannst flexibler werden in deinen Erwartungen und vielleicht sogar heraus finden, was du als nächstes tun willst; eine bewusste Antwort statt einer getriggerten Reaktion.
Wenn ihr Viele seid, stellt sicher, dass ihr die Fragen zusammen mit den Anteilen durchgeht, die in TraumaZeit feststecken, damit die im Hier und Heute orientiert werden.
Es braucht etwas Übung Realitätschecks durchzuführen, während man gestresst ist. Du kannst dir die Fragen auf einen Zettel schreiben und ihn bei dir tragen, für den Fall, dass du ihn brauchst.
Mehr dazu wie man Flashbacks stoppt
und eine Diskriminationsübung
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