Etwa 7% der gesunden Menschen und mehr als 30% der Traumatisierten erleben Schlaflähmung, eine Situation, in der man zwar aus dem Schlaf aufwacht, seinen Körper aber nicht bewegen kann. Es gibt verschiedene Theorien warum das passiert, die gängigste ist wohl, dass die Schlafphasen durcheinander gekommen sind und etwas im REM Schlaf schief gelaufen ist. Es besteht auch eine Verbindung zu chronischem Stress und Hyperarousal. Schlaflähmung dauert in der Regel einige Minuten an, aber selten mehr als 20.
Angst und Panik
Die meisten Menschen erleben ein Gefühl von Druck auf dem Brustkorb, der sie nach unten zu pressen scheint. Dieses Empfinden wird schlimmer, je mehr man versucht sich aufzurichten oder gegen die Schlaflähmung anzukämpfen.
Oft hat man keine aktive Kontrolle über den Atemrhythmus. Er bleibt so, wie er während des Schlafes war, was sich vielleicht nicht tief genug anfühlt. Wenn man versucht schneller oder tiefer zu atmen, wird man feststellen, dass es nicht geht und Panik bekommen. Die Angst ist eine natürliche Reaktion unseres Gehirns, was in einen Stressmodus geht und Flight/Fight Verhalten aktiviert, wenn unser Atem eingeschränkt wird.
Wegen der erhöhten Wachsamkeit werden Geräusche intensiver wahrgenommen und öfter als Bedrohung interpretiert. Das kann das Gefühl von Angst und Panik zusätzlich verstärken.
Halluzinationen
Schlaflähmung kann auch in Verbindung mit Halluzinationen auftreten. Dein Wachzustand überlappt sich im Gehirn quasi mit dem Traumzustand. Typische Halluzinationen sind das hören von Stimmen, Schritten oder Bewegung sowie das sehen von Schatten oder Figuren im Raum. Manche sehen Menschen oder Monster. In Verbindung mit der Lähmung kann das Todesangst auslösen.
Manche Traumatisierte erleben auch Halluzinationen von Tätern und rutschen in ein Flashback Erleben. Das kann eine intensive Erfahrung sein, die sich schwer unterbrechen lässt, selbst nachdem die Schlaflähmung sich aufgelöst hat.
Außerkörperliche Erfahrungen
Weniger Menschen haben zwar keine Halluzinationen, aber sie fühlen sich als würden sie sich bewegen, manchmal als würden sie aus dem Körper heraus gezogen oder im Raum schweben. Es gibt Hinweise darauf, dass diese Wahrnehmung von Aktivität in Gehirnbereichen herrührt, die für Bewegung zuständig sind.
Wenn du Schlaflähmung erlebst, ist es wichtig zu verstehen, dass du nicht verrückt bist. Du hast keine Psychose und du wirst auch nicht von Dämonen angegriffen, deine Gehirn spielt dir einen Streich aufgrund von Unregelmäßigkeiten in den Schlafphasen. Das zu verstehen ist der Schlüssel, um das mit weniger Panik und hoffentlich ohne Todesangst durchzustehen.
Was du tun kannst:
Man kann Schlaflähmung nicht unterbrechen. Man kann nur sicher stellen, dass man die Angst gut managed.
Erkläre dir selbst, dass du eine Schlafparalyse erlebst, dass es eine Form von Schlafstörung ist, dass sie von Angst begleitet wird und es deswegen normal ist, dass dein Körper Angst erlebt und dass diese Erfahrung in ein paar Minuten aufhören wird.
Versuche nicht dich zu bewegen, das macht es schlimmer. Normalerweise löst sich die Schlaflähmung zuerst in Fingern und Zehen, wenn du also unbedingt versuchen willst etwas zu bewegen, fange dort an.
Versuche dich zu orientieren. In der Regel kann man die Augen bewegen und du kannst dich zum Teil im Raum umschauen und dir selbst sagen, wo du bist.
Erinnere dich daran welcher Tag und welches Jahr es ist.
Vielleicht hilft es auch einen Anker in Bettnähe zu haben.
Das Gehirn funktioniert, selbst wenn du gerade Halluzinationen erlebst.
Wenn du Dinge siehst oder hörst, die nicht real sein können, sage dir selbst, dass du eine Halluzination hast und das nicht real ist.
Finde Gründe, warum das nicht real sein kann.
Versuche auf deine eigenen Gedanken zu hören statt der Halluzination Beachtung zu schenken.
Lenke deine Gedanken davon ab, vielleicht mit solchen Übungen.
Du kannst die Halluzination auch mit Hilfe von Imagination begrenzen. Stell dir vor, das Geräusch kommt von einem Radio oder Fernseher, ganz besonders, sollte es sich um Halluzinationen von Tätern handeln. Die sind nicht wirklich da, sind nur ein Abbild auf einem Bildschirm.
Du wirst immer noch Angst erleben, das liegt in der physiologischen Natur der Sache, aber hoffentlich wird es keine Todesangst sein.
Nach der Schlafparalyse
Schlaflähmung in Verbindung mit Halluzinationen von Tätern und Flashbacks gehören zu den schlimmsten Erfahrungen von Wiedererleben, die wir kennen. Es ist normal danach einen schlechten Tag zu haben und verwundbarer zu sein. Investiere in Selbstfürsorge und sei nicht so hart mit dir selbst. Vermeide weitere Trigger und Stress. Tu etwas entspannendes. Bring dich selbst zum lachen. Du solltest ganz besonders darauf achten orientiert und geerdet zu bleiben, weil du vielleicht mehr zu Dissoziation neigen könntest.
Prävention
Es ist schwer mit Schlaflähmung umzugehen, wenn sie gerade passiert. Es wäre besser Wege zu finden sie ganz zu vermeiden.
Achte ganz besonders auf Schlafhygiene und darauf, in deinem Leben Rhythmus zu entwickeln. Das kann helfen die Schlafphasen wieder zu sortieren.
Manche Antidepressiva (wie SSRIs) beeinflussen Schlafphasen. Frage deinen Arzt nach einem Präparat, das den REM Schlaf verkürzt. Das reduziert auch das Risiko von Schlaflähmung.
Entspanne dich vor dem Schlafen gehen. Mach das zu einem Teil deiner Abendroutine. Schlaflähmung steht in Verbindung zu erhöhter Wachsamkeit im Gehirn. Chronischen Stress abzubauen reduziert auch die Wahrscheinlichkeit Schlafparalyse zu erleben.
Hast du schon mal Schlaflähmung erlebt? Und hast du eine Strategie gefunden, die dir geholfen hat? Schreib das gerne unten in die Kommentare.
Jenia says
Ich erlebe seit meiner Kindheit Schlafparalyse. Besonders häufig tritt sie auf, wenn ich bei großer Müdigkeit in einem geräuschvollen/beleuchteten Raum einschlafe. (Daher ist eine gute Schlafhygiene ein gutes vorbeugendes Mittel.)
Glücklicherweise scheine ich zu den Personen zu gehören, die trotz Schlafparalyse ihren Atem kontrollieren können. Und daher habe ich zumindest in dieser Hinsicht zwei Tipps:
1. Möglichkeit: ich habe meinem Partner von der Schlafparalyse erzählt. Wenn ich von ihr befallen werde, fange ich an zu hyperventilieren und er weiß, dass er mich dann wachschütteln muss. Das klappt sehr gut.
2. Möglichkeit: Wenn ich allein bin, halte ich den Atem an. Der Atemreflex ist so stark, dass ich dadurch nach einigen Augenblicken wach werde.
Möglichkeit 2 erfordert etwas Überwindung, hat aber bisher immer gut funktioniert.
Ich hoffe, jemand fand meine Tipps hilfreich.
Lieben Gruß, Jenia
Nina says
Ich hab das auch ab und zu, wasmir hilft ist folgender Handlungsablauf:
– Augen bewegen, umhersehen, ggf. 5-4-3-2-1 Übung mit visuellen Dingen, z.B mit Formen oder Farben
– Mir klarmachen das ich in meinem eigenem, abgeschlossenem Zimmer bin und da niemand reinkommt
– Sobald ich mich halbwegs sicher fühle, stelle ich mir vor wie sich meine Zehen bewegen, und schwups ist die Erstarrung gelöst
– Nach und nach grössere Bewegungen machen, bis ich mich im Bett hin und her wälze
– Ich nutze den Schwung dann meist gerade, um an die Bettkante zu sitzen. Dannach geht es in der Regel.
Ich hoffe ich konnte etwas helfen, vielen vielen Dank für all deine wertvollen Artikel.