Wir denken übers Funktionieren oft in vereinfachter Form: entweder wir funktionieren oder eben nicht. Die Realität ist komplexer. Verschiedene Aufgaben benötigen eine andere Art von Energie. Das bedeutet, dass wir in bestimmten Bereichen gut funktionieren können und in anderen weniger. Körperliche Arbeit ist nicht das gleiche wie kreatives Schaffen, soziale Interaktionen, Zahlentabellen, Fürsorge oder Papiere shreddern. Es ist weise, das im Hinterkopf zu behalten.
Wenn wir Viele sind, erleben wir eine spezielle Situation, neben den normalen Schwankungen in der Leistungsfähigkeit, die alle Menschen haben. Verschiedene Anteile haben unterschiedliche Fähigkeiten und Bereiche, in denen wir gut funktionieren. Das bedeutet, dass wir Switchen müssen, um Situationen gerecht zu werden. Wenn ein Anteil zu lange Vorne ist, kann uns das Stabilität kosten, weil bestimmte Bereiche konsequent vernachlässigt werden. Außerdem profitieren wir davon, uns nicht zu sehr zu pushen Dinge zu tun, in denen wir nicht gut sind, sondern statt dessen mit dem Flow zu gehen und das zu tun, wofür gerade die Energie da ist. Sonst verschwenden wir viel Kraft. Wenn unser Kopf nun mal keinen kreativen Gedanken zusammen kriegt, können wir auch das Bad schrubben gehen. Ein kleiner Shift darin, worauf wir uns konzentrieren, kann uns innerhalb kürzester Zeit von kaum funktionsfähig zu hoch funktional machen.
Es kommt oft vor, dass Traumatisierte auf der Arbeit gut funktionieren, wir aber völlig in uns zusammen fallen, sobald wir zu Hause sind. Dann klappt plötzlich weder Essen machen noch Wäsche waschen, die Post stapelt sich ungeöffnet und es geht einfach nicht. Wir funktionieren selektiv. Je mehr Stress wir haben, umso intensiver kann das werden. Wir verlieren unsere Fähigkeiten in den Bereichen, die uns viel kosten, während wir uns in die Bereiche stürzen, die uns helfen, uns zu regulieren. Arbeit ist da oft der Bereich der Wahl, weil wir uns da auskennen, uns das im Kopf hält und wir nicht so viele Gefühle wahrnehmen, wir beschäftigt bleiben und weit weg von zu Hause, wo die Probleme warten. Menschen verlieren sich aber auch beim stricken oder schreiben oder sie putzen wie wild.
Wir müssen da ein bisschen drauf acht geben, wenn unsere funktionalen Bereiche so eng werden. Das kann hoch-funktional aussehen und wir können uns auch selbst überzeugen, dass wir exzellente Arbeit leisten und das tun wir auch. Gleichzeitig werden wir auch instabil und wichtige Lebensbereiche werden vernachlässigt. Es ist ok, das mal für ein paar Tage zu machen, um eine emotionale Krise abzufangen, aber wir können so nicht unser Leben leben, ohne an Stabilität zu verlieren. Selektives Funktionieren kann so schlimm werden, dass wir genug versäumen, dass selbst unser hoch-funktionaler Bereich dadurch leidet und eingeschränkt wird. Und dann crashen wir.
Es ist in Ordnung und auch völlig normal selektiv zu funktionieren. Wir müssen das nur im Auge behalten. Indem wir die verschiedenen Bereiche in unserem Leben regelmäßig checken, bekommen wir ein besseres Bild der Lage, als wenn wir immer nur schauen, ob Arbeiten noch geht. Je breiter unser Fundament von Funktionsbereichen ist, desto stabiler und sicherer stehen wir im Leben da. Für die Bereiche, die wir nicht alleine schaffen, können wir uns Hilfe holen, damit das Fundament so solide steht, wie es nur geht.
Was sind die Bereiche, in denen ihr als Anteil gut funktioniert? Wie ist das bei den anderen? In welchen Bereichen verschwindet die Funktionalität bei schwierigen Situationen? Wo steigt sie? Wie hilft euch dieser Anstieg beim Coping? Was sind die Grundlagen, auf die ihr acht geben müsst, um sicher zu stellen, dass ihr nicht zu viel Stabilität verliert?
Redet mit eurem Helferteam über verschiedene Funktionsbereiche. Manchmal werden Helfende wütend, weil sie sehen, wie wir in einem Bereich gut funktionieren, weil sie annehmen, dass wir das dann automatisch in anderen Bereichen auch können müssten. Tun wir nicht, wirklich. Die Aufgaben sind sicher deutlich anders und oft machen es Trigger noch besonders schwer für uns. Erklärt ihnen, welche hoch-funktionalen Verhaltensweisen bei euch ein Zeichen sind, dass etwas schrecklich schief läuft, damit sie eine Chance haben das zu erkennen, wenn es passiert. Anscheinende Funktionalität kann sehr trügerisch sein, wenn man weder Coping Strategien noch strukturelle Dissoziation versteht.
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