Ich habe schon angefangen Antworten zu geben, wie man eine sichere Person ist. Jetzt gehen wir ein Stück wir weiter und reden über Situationen. Manches davon basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, manches sind Erfahrungswerte, die wir mit anderen Betroffenen gesammelt haben, einiges ist unsere eigenen Erfahrung.
Wir werden auch Trigger ansprechen, die Helfermenschen vermeiden sollten, wenn ihr also selber Überlebende seid, achtet bitte darauf, dass wir Sachen erwähnen werden, die vielleicht dazu führen könnten, dass ihr euch unwohl fühlt. Achtet da gut auf euch und macht euch immer bewusst, es sind nur getippte Worte, es passiert gerade nichts schlimmes.
Sichere Situationen schaffen
Sich an öffentlichen Orten treffen kann für uns echt stressig sein. Nur wenige von uns können mitten in einer Menschenmenge stehen und das angenehm finden. Eine Wand im Rücken, ein Fensterplatz, eine Ecke oder auch nur eine große Pflanze, alles was uns zumindest an einer Seite etwas Schutz bietet, kann eine Erleichterung bedeuten. Menschenmengen sind kein guter Ort, um sich mit uns zu treffen.
Wenn möglich, triff uns auch nicht in einem sehr kleinen oder engen Raum. Wir fühlen uns schnell wie in der Falle. Wenn sich ein kleiner Raum nicht vermeiden lässt, biete uns den Platz an der Tür an oder lass uns einen Platz wählen und lade uns ein auch mal kurz raus zu gehen, um etwas Luft zu schnappen, falls nötig.
Manche fühlen sich auch nicht wohl, wenn ein Raum sehr leer ist, das erinnert schnell an eine Zelle. Vielleicht gibt es da einen Mittelweg.
Blockiere niemals den Weg zur Tür. Manche fühlen sich am wohlsten, wenn sie die Tür sehen können, andere wenn die am nähsten an der Tür sind, die Tür ist wichtig. Stell uns kein Hindernis in dem Fluchtweg. Schließe niemals ab. Häng meinetwegen ein Schild vor die Tür, dass du 1000€ von jedem kassierst, der stört, aber egal warum dir das vielleicht sinnvoll erscheint, schließe niemals die Tür ab.
Sorge für angenehmes Licht. Viele von uns sind sensibel für grelle Lampen oder haben Angst, wenn es dunkler wird; warmes, indirektes Licht wäre optimal. Frag nach, ob das Licht so ok ist, lade uns ein es zu verändern, falls nötig und erlaube uns zur Not auch eine Sonnenbrille zu tragen, wenn wir es anders nicht aushalten. Ja, selbst drinnen. Das ist auch so eine Trauma Sache. Wir fühlen uns auch blöd dabei, aber es kann helfen.
Wenn möglich, wähle einen ruhigen Ort ohne intensive Hintergrundgeräusche, insbesondere Baugeräusche, Kinderkreischen (wie zB neben einem Spielplatz) oder vibrierende Bässe. Das lenkt nicht nur ab, wo wir eh schon Probleme haben uns zu konzentrieren, das stresst auch völlig unnötig unser Nervensystem und wirkt dysregulierend.
Manchen hilft es, alle sensorische Stimulation runter zu fahren, auch intensive Farben oder bewegte Bilder. Lass im Hintergrund nicht den Fernseher laufen.
Achte darauf, dass der Raum eine angenehme Temperatur hat, wir sind viel leichter gestresst, wenn es zu kalt oder zu warm ist. Klimaanlage oder Lüften für genug Sauerstoff kann helfen und auch wenn der Raum wenigstens neutral und vielleicht gut riecht. Man hat da nicht immer Kontrolle drüber und dann wäre es gut sich vorher schon drauf einzustellen, dass wir gestresster sein werden und danach zu planen.
Warne uns immer vor, wenn noch jemand anderes zu unserer gemeinsamen Zeit dazu kommt und beantworte unsere Fragen zu dieser Person, sodass wir uns ein Bild machen können, ob sie für uns sicher ist.
Wenn wir planen in irgendeiner Art Intimität zu teilen, und das beginnt bei verletzlicher Kommunikation!, stelle sicher, dass wir nicht von anderen Menschen beobachtet werden können zB durchs Fenster. Wenn wir dir genug trauen, um uns verletzlich zu zeigen, heißt das nicht, dass das alle Welt sehen darf.
Versuche nichts hinter unserem Rücken zu tun. Also ich meine wortwörtlich, nicht stehen, laufen oder sonst etwas tun, wo wir das nicht sehen können. Wenn du unbedingt was hinter uns machen musst, sprich dazu und beschreibe, was du tust, sodass wir orientiert sind. Du wirst merken, dass wir ganz natürlich einen halben Schritt hinter dir laufen, dann zwing uns nicht vor zu gehen, das tun sie im Gefängnis und in Horrorfilmen.
Wenn du Kinder hast, stelle immer sicher, dass sie komplett angezogen sind, wenn wir da sind. Nackte oder halb-bekleidete Kinder können für uns extrem schwer sein. (Und Himmel noch mal, poste solche Fotos nicht auf Social Media. Das wird früher oder später missbraucht und weiter verbreitet, es ist das Internet!)
Die meisten von uns sind super mit Kindern und mögen deren Gesellschaft. Aber manche sind auch getriggert oder switchen unkontrolliert. Wegen dem Trauma kann es sein, dass wir einfach erstarren, wenn ein Kind, was es nicht besser weiß, unsere physischen Grenzen überschreitet, was bedeutet, dass es uns gegenüber missbräuchlich werden kann und wir können das gar nicht verhindern. Vielleicht musst du uns vor deinen kleineren Kindern schützen.
Also bitte rede mit uns, um heraus zu finden, ob Kinder eine Situation für uns zum Minenfeld machen. Wenn wir mit Kindern nicht zurecht kommen, heißt das nicht, dass wir deine Kinder oder dich ablehnen, wir haben selbst als Kind nur Sachen erlebt und alle Kinder sind schwierig für uns.
Das selbe kann auf deinen Partner, Hund, ein Hobby oder was weiß ich zutreffen. Wir brauchen es vielleicht vorerst, dass du ein paar Sachen von uns fern hältst.
Lass keine offensichtlich triggernden Sachen rumliegen. Weder deine eigene Erotiksammlung jedweder Art noch Kitschromane noch das blutige Handtuch, wo der Hund sich gebissen hatte noch die Unterwäsche vom Freund noch… Du wirst nie vermeiden könne, dass irgendwas absurdes unvorhersehbares wie deine Teppichfransen oder sowas triggern, aber man muss auch nicht ganz blöd sein damit.
Wenn wir dir sagen, dass etwas triggert, zB Stativ und Kamera, die in der Ecke stehen, deck das ab oder stell es weg. Erkläre uns nicht, dass wir uns da schon dran gewöhnen, das ist nicht wie es funktioniert.
Biete was zu trinken oder zum knabbern an. Das signalisiert, dass es keine bedrohliche Situation ist und hilft unserem Nervensystem sich zu beruhigen und besser bei der Sache zu sein.
Leg dein Handy weg. Das weckt bei uns den Gedanken, dass alles wichtiger ist als unsere Unterhaltung und du nur auf eine Nachricht wartest, um dich von uns abwenden zu können. Das kann unnötige Störungen in der Beziehung verursachen.
Mache Pläne für unsere gemeinsame Zeit. Mach sie zusammen mit uns, wo immer möglich, lass uns wählen. Informiere uns zumindest über Pläne und frage uns, was wir davon halten. Frag uns nicht einfach nur ob wir dem zustimmen. Wir sind oft zu schüchtern oder haben zu viel Angst vor Ablehnung um für unsere eigenen Bedürfnisse einzustehen. Stelle also immer offene Fragen und lass und die Möglichkeit an der finalen Entscheidung teilzuhaben oder zu widersprechen.
Das sollte uns schon mal ein Fundament geben, um sicher Zeit miteinander verbringen zu können.
Wenn ihr selbst Überlebende seid, was braucht ihr in einer Situation, um euch sicher fühlen zu können? Schreibt mir das gerne in die Kommentare!
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