Synchronisieren ist eine Übung für Fortgeschrittene in der DIS SystemArbeit. Wir brauchen ein gewisses Maß an Kommunikation und Zusammenarbeit im System, die wir am Anfang meist noch nicht haben. Wir werden auch Probleme kriegen, wenn wir noch in chronischer Dissoziation feststecken, weil wir hierfür eine Art Achtsamkeit verwenden. Wenn ihr ein integrierteres Leben auf jeden Fall vermeiden wollt, ist diese Übung nichts für euch.
Strukturelle Dissoziation
Bei struktureller Dissoziation machen wir die spannende Erfahrung, dass Anteile von uns Innen gleichzeitig vollkommen unterschiedliche Dinge tun können. Der Moment, wo man das vielleicht am meisten merkt, ist wenn eine versucht zu schlafen, während jemand anderes Innen einen Ball gegen die Wand wirft, die nächste auf eine Party gehen will und die dritte weint und nach Hause will. Auch wenn wir das nicht immer merken, ist das der ständige Zustand unseres Verstandes, wenn wir uns keine bewusste Mühe geben, es anders zu machen.
Wie man synchronisiert
Wenn wir synchronisieren, nimmt jeder Anteil seine bewusste Aufmerksamkeit und wir richten sie gleichzeitig auf die selbe Aktivität. Im Idealfall treten wir dabei in Verbindung mit dem Körper, während der irgendwas macht.
Die simpelste Art das zu tun, ist zusammen zu atmen.
Das kann sich für manche Anteile leicht unangenehm anfühlen, weil sie noch nicht wissen, dass der Körper jetzt sicher ist. So gibt es vielleicht welche, die darauf achten können wie der Bauch sich bewegt oder der Brustkorb sich weitet, andere bemerken vielleicht, wie die Schultern sich heben oder welche Temperatur die Luft an der Nase hat. Manche wollen mit ihrer Aufmerksamkeit vielleicht gar nicht beim Körper sein, aber sie können die Übung trotzdem mitmachen, indem sie im Verstand dabei sind und vielleicht mitzählen oder Anleitung geben wie „einatmen – ausatmen“ oder sie benutzen eine Imagination wie die Feder oder einen Ballon, die sich im selben Rhythmus bewegen, wie das gesamte System atmet. Das sind alles zulässige Arten mit zu machen.
Wenn atmen furchtbar ist
Atmen ist das grundlegendste, was wir mit unserem Körper tun können und wenn wir das verwenden, kann das auch Entspannungsübungen unterstützen, aber für manche bringt es echte Probleme mit sich, den Körper länger still zu halten, weil das an Immobilisierung bei Übergriffen erinnert. In dem Fall können wir unseren Körper gar nicht davon abhalten in Hyperarousal zu gehen, wenn wir versuchen still zu sitzen und zu atmen. Dann ist es das Beste, sich eine andere Aktivität zu suchen, und sich nicht dazu zu zwingen was zu machen, wozu man klar noch nicht bereit ist. Laufen kann gut funktionieren, oder Kartoffeln schälen, stricken oder Fliesen putzen. Versucht eine einfache Handlung zu finden, die ein Element von Rhythmus hat, das macht es für alle einfacher mit einzusteigen. Wir versuchen hier einen gemeinsamen Rhythmus. Fast als würden alle zur selben Musik tanzen und sich wie eine Einheit bewegen.
Ziel ist es nicht irgendwas perfekt zu machen, sondern so gut wir können das selbe zusammen zu tun. Das braucht Übung. Und jeder Tag ist anders, es ist also nicht so, dass man das lernt und dann richtig ‘kann’. Besonders an schwierigen Tagen klappt es vielleicht gar nicht. Wir behandeln das wie auch Meditation oder Yoga. Es zählt, wenn man da war und es versucht hat. Das Üben an sich ist das Ziel. Das tut in dem Moment schon, was es soll, wenn wir es einfach nur probieren.
Synchronisation verhandeln
Manche Anteile haben vielleicht gar keine Motivation die Übung mit zu machen oder Angst davor. Dann würde es Sinn machen, ein Minimum an Mitarbeit zu verhandeln. Wir halten alle unsere Sync Übungen unter 5 Minuten. Manche Anteile haben sich bereit erklärt, für einen Atemzyklus mit zu machen. Aber das ist schon etwas und gibt ihnen die Möglichkeit eine sichere Erfahrung zu machen und irgendwann verhandeln wir das vielleicht nach. Wir stellen immer einen Wecker, um sicher zu stellen, dass wir uns an die Abmachungen halten.
Weil wir dann schon die Aufmerksamkeit von allen haben, schließen wir meist einen Roll Call an und dann darf jeder wieder seiner Wege gehen. Das zu einem Teil einer Morgen/Selbstfürsorge-Routine zu machen, hilft es nicht zu vergessen.
[Wenn ihr ein programmiertes System (RA/MC) habt, stoßt ihr vielleicht auf echte Probleme, wenn ihr auch nur probiert, dass Anteile was anderes machen, als wofür sie da sind und bitte versucht da nichts zu pushen und euch damit in Gefahr zu bringen. Wie so oft sieht euer Weg wahrscheinlich etwas anders aus, als bei anderen mit DIS ]
Warum synchronisieren
Energie
Wir haben bereits über das wirtschaften mit Energie gesprochen und wie man Energie spart, um sie in größere Sachen wie Trauma Arbeit zu investieren. Strukturelle Dissoziation kostet viel Energie. Wir müssen nicht komplett integriert sein, um etwas Entlastung zu spüren von dem ständigen Energieverlust. Wenn wir alle gleichzeitig auf das selbe achten und uns im Einklang bewegen, spart das eine unerwartet große Menge Energie. Schon unsere 5 Minuten am Tag machen einen spürbaren Unterschied in unserem täglichen Energiebudget.
Das ist auch der Grund, warum ich euch raten würde, wirklich mit dem Körper und einer geerdeten Erfahrung in der realen Welt zu arbeiten. Vielleicht denkt ihr es reicht, wenn man sich in der Inneren Welt zusammen bewegt, aber die Innere Welt ist praktisch aus Dissoziation gemacht. Alleine ihre Existenz verbraucht Energie. Je mehr wir Sachen nur Innen machen, desto mehr Energie wird verbrannt. Wenn wir energiesparend leben wollen, sollten wir uns daran gewöhnen, mehr zusammen und in Verbindung mit dem Körper in der realen Welt zu machen und mehr Vorne (co-bewusst) zu leben und weniger Hinten.
Das ist ein Grundprinzip für den Idealfall. Die Angst vor dem Körper und dem Gegenwärtig-Sein zu überwinden, ist Teil der Heilung. In der Realität tun wir alle unser bestes und jedes System muss selbst raus finden, wie es klappen kann. Nicht jeder muss Energie einsparen.
Entspannung
Der eigentliche Grund, warum wir überhaupt mit Synchronisieren angefangen haben, war um Entspannung zu unterstützen. Selbst wenn die Host Entspannungsübungen mit dem Körper gemacht hat, hat sich unser Nervensystem nicht beruhigt.
Es wurden einfache Werte (RSA) erhoben, die gezeigt haben, dass wir nicht wirklich in die erholsame Aktivierung des PNS-VVC (aka ‘Bob’ – lest die Polyvagal Theorie, um herauszufinden, warum das wichtig ist) kommen, selbst wenn die Host sich so gut entspannt, wie es nur geht. Wir haben es dann noch mal probiert, während so viele Anteile wie möglich mit synchronisiert haben und die Werte wurden deutlich besser. Sobald Innen wieder jemand aus der Reihe getanzt ist, wurde sie wieder schlechter. Das ist tatsächlich der wissenschaftliche Grund, warum Synchronisieren sich so erholsam anfühlt. Wir geben unserem Körper eine Pause von Hochstress, weil wir unserem Nervensystem erlauben sich zu beruhigen. Das macht einen messbaren Unterschied. Alle unsere Bemühungen zur Entspannung können unterstützt werden, wenn wir ein Element von Synchronisation hinzufügen.
Wenn ihr autogenes Training benutzt, könnten alle Anteile die Sätze zusammen wiederholen. Mit PMR könntet ihr euch zusammen auf Körperpartien konzentrieren. Ihr versteht das Konzept.
Unsere Innenkinder haben Sync Übungen vom ersten Moment an geliebt, weil es sich soso gut anfühlt, mit dem Körper zusammen zu entspannen.
Integration
Synchronisieren führt nicht zu einer spontanen Fusion, aber es kann uns helfen auf unserem Weg integrierter zu leben. Wenn wir regelmäßig üben, Dinge zusammen zu tun, sickert das mit der Zeit auch in unseren Alltag. Vielleicht entwickeln wir die Gewohnheit näher zusammen zu bleiben oder der Frontperson mit Co-Bewusstsein Gesellschaft zu leisten. Die dissoziativen Barrieren gehen mit der Zeit runter. Das ist ein Nebeneffekt, auf den wir vorbereite sein sollten. Wenn ihr nicht integrierter sein wollt, macht diese Übung nicht.
Wir können mit Synchronisation auch einen Schritt weiter gehen und das als Brücke zu ersten Blending Übungen verwenden. Dazu nehmen wir alle teil an einer Handlung, während jeder auf etwas anderes daran achtet und versuchen dann unsere Erfahrung mit den anderen zu teilen, um eine große vollständige Erfahrung des Moments zusammen zu setzen und zu erleben.
Das braucht Übung, aber das Ergebnis kann unheimlich kraftvoll sein. Es kann uns einen Moment geben, in dem wir eine ganzheitliche, nicht-dissoziierte Erfahrung haben in unserem Körper und lebendig zu sein. Das lässt sich nicht beschreiben, aber für uns ist es, als wären wir endlich völlig real in einer realen Welt und das ist so ziemlich das beste Gefühl, was wir kennen und noch nie vorher hatten.
Blending ist schon sehr fortgeschritten, besonders wenn mehrere Anteile es gleichzeitig probieren. Das ist also vielleicht etwas, was man im Sinn behalten kann für später. Ihr könnt eure T bitten euch da zu helfen.
Kontrolliert dissoziieren
Regelmäßig synchronisieren zu üben, bringt uns näher zusammen. Wenn wir unsere Traumageschichte noch nicht aufgearbeitet haben, ist es noch zu früh weiter in Richtung Integration zu gehen. Es gibt einen Grund warum das Phase 3 nach der Trauma Arbeit ist. Wir werden nur von den Erinnerungen anderer Anteile geflutet, wenn wir uns zu nah kommen. Deswegen sollten wir immer auch üben dissoziative Barrieren zu erhöhen, wenn wir Synchronisation üben, die sie verringert. Das Ziel für diesen Zeitabschnitt der Therapie ist Kontrolle über die dissoziativen Schutzmauern zu gewinnen, sie so zu bewegen, wie es in der Situation gerade angemessen ist, nicht sie völlig abzuschaffen. Es gibt Momente, wo es nicht hilfreich ist, immer Innenkinder co-bewusst dabei zu haben.
In der Regel braucht es eine Weile, bis Synchronisieren uns näher zusammen bringt und wenn wir diese Veränderungen innen bemerken, ist es Zeit zu beginnen auch unsere Mauern zu üben. Das macht uns flexibel darin auf jede Situation in der bestmöglichen Weise zu reagieren, solange wir die strukturelle Dissoziation noch brauchen.
Synchronisieren ist eine der wenigen echten ‘Übungen’ die in der DIS Therapie beigebracht werden können. So viel hängt von der Interaktion mit der T ab oder es sind Standardwerkzeuge für die Trauma Behandlung. Das hier ist anders. Es ist wirkungsvoll. Und verändert Dinge langfristig. Es ist auch ziemlich schwierig. Wir üben das jeden Tag, weil es für uns die Übung ist, die den größten Unterschied macht seit der Tresorübung. Ich hoffe euch hilft das auch.
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