Es ist nicht leicht in Deutschland einen ambulanten Traumatherapeuten zu finden. Ich hoffe ich kann dich ein wenig bei der Suche unterstützen.
Die innere Einstellung
Schnelle ambulante Hilfe gibt es nicht. Wenn du dir solche Hoffnungen machst, wirst du enttäuscht werden. Eine emotional distanzierte Grundhaltung verhindert, zu sehr in Verzweiflung und Hilflosigkeit zu geraten. Was auf dich zukommt ähnelt einer Wohnungssuche. Anzeigen durchforsten, passendes markieren, Anrufen, Besichtigen, weiter suchen. Begrenze die Zeit, die du mit Therapeutensuche und Gedanken daran verbringst. Wir stellen uns gerne vor, wir wären unser eigenes Sekretariat, was solche Dinge organisiert und bestimmte Arbeitszeiten hat.
Wo findet man Traumatherapeuten?
Hier sind ein paar Ideen:
DeGPT: die deutsch-sprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie: www.degpt.de/therapeutinnen-suche
Emdria: den Verband von EMDR Therapeuten findet ihr hier: http://www.emdria.de/therapeuteninnen
Eine EMDR Ausbildung bedeutet nicht, dass diese Ts automatisch Ahnung von komplexer PTBS oder Dissoziation haben.
Wir würden persönlich eher von Seiten wie therapie.de abraten. Dort finden sich vor allem Therapeuten, die keine Kassenzulassung haben und gerne auch mal angeben etwas behandeln zu können, wozu sie nicht ausgebildet sind.
Die Suche kann außerhalb des Internets weiter gehen.
Frauennotruf/Wildwasser e.V.: das gibt es in jeder größeren Stadt und die Mitarbeiterinnen dort haben in der Regel eine Liste und Kontakt mit den ansässigen Traumatherapeuten. Dort finden sich auch Adressen von Ts die nicht unbedingt eine Trauma-Therapie Ausbildung haben, aber oft Traumatisierte aufnehmen und Erfahrungen mit Stabilisierungsarbeit haben. Mit einer Beratungsstelle als Vermittler kriegt man manchmal auch schneller einen Termin. www.wildwasser.de/info-und-hilfe/beratungsstellen-vor-ort
Für männliche Betroffene gibt es übrigens Tauwetter e.V. www.tauwetter.de/de/anlaufstelle/adressen.html
Weißer Ring oder anderer lokaler Opferverein/kirchliche Beratungsstellen oder gemeinnützige Vereine: auch hier findet sich oft Insider Wissen darüber, wer es in deiner Stadt und der Umgebung regelmäßig Traumatisierte aufnimmt. www.weisser-ring.de/hilfe/hilfe-vor-ort
Traumatherapeuten: Die kennen sich untereinander, gehen zu den selben Fortbildungen und Seminaren usw. Wenn man es denn geschafft hat, mal zu einer durchzukommen, kann es helfen, die nach ihren Kollegen und Kontakten zu fragen.
Psychiatrische Ambulanzen/Tageskliniken: in größeren Städten gibt es oft so ein Angebot, manchmal sogar eine Trauma-Ambulanz. Auch die können meistens Adressen nennen, an die man sich wenden kann.
Wenn ihr Viele seid, könnt ihr bei www.vielfalt-info.de eine Therapeutenliste erfragen. Therapeutinnen, die DIS behandeln, gehen damit nicht hausieren. Kontakte laufen meistens unter der Hand.
Beratung und Hilfe für Viele ist oft lokal organisiert. Schickt uns doch eure besten Adressen und wir beginnen das zu sammeln um irgendwann einen besseren Überblick bieten zu können.
Die Suche organisieren
Wir empfehlen große Karteikarten oder ein Therapie-Suche-Begleitheft anzulegen.
Darin kannst du Namen, Adresse, Telefonnummer, email, therapeutischen Ansatz, Kassenzulassung oder keine und was dir sonst noch wichtig erscheint, festhalten.
Nimm nur Ts in die Suche mit auf, die nicht zu weit weg sind (eine Stunde Fahrtweg scheint die Regel zu sein, du entscheidest wie belastbar du da bist)
Benutze diese Karten auch für alle Informationen diese T betreffend, die im Kontakt vielleicht dazu kommen (Datum von Kontakten, Wartelistenzeiten, Ablehnung, Termin für persönliche Sprechstunde usw)
Im nächsten Schritt rufst du überall mal an. Keine Angst, da geht keiner ran. Aber ein Tonband wird dir sagen, wann die Telefonsprechstunde statt findet. Notiere dir die Zeiten und tragen sie dir in einen Stundenplan ein. Der sollte dir einen Überblick geben, an welchen Tagen du zu welchen Zeiten welche T erreichen kannst.
Stell dir einen Wecker und rufe entsprechend deines Stundenplans an. Mit etwas Glück und viel Überwindung hast du innerhalb von 3 Wochen jeden mal gesprochen.
Kontaktaufnahme
Wenn es die Möglichkeit gibt, Therapeuten per email zu erreichen, mach das, statt das am Telefon zu probieren. Setze ein Schreiben auf, indem du dich kurz vorstellst und sagst worum es geht und schicke das einfach an alle. Das spart sehr viel Zeit und Nerven.
Wenn du telefonierst, setz dich an einen Tisch, entsprechende Karteikarte oder Heft und einen Stift vor dir, daneben ein Zettel auf dem du notiert hast, was du sagen willst (wenn man nervös ist vergisst man das schnell mal, wenn man das zum 20sten Mal macht, hat man vielleicht schon Routine). Profi-Tipp: Zieh dich ordentlich an, inklusive Straßenschuhe. Mach die Haare ordentlich und vielleicht schminkst du dich sogar. Das klingt absurd, aber es macht einen Unterschied. Atmen nicht vergessen.
Das ist oft ein kurzes Gespräch. Du schilderst deine Probleme kurz und knapp, ohne ins Detail zu gehen und äußerst deinen Wunsch nach (Trauma) Therapie.
Dann ist die T dran. Die wird dir sagen, ob sie dich überhaupt behandelt (mit schwerer Dissoziation oder DIS nicht selbstverständlich, auch bei ausgewiesenen Trauma-Ts) und wie lang die Warteliste ist. Lass dich auf die Warteliste setzen.
Notiere dir das Datum deines Anrufs und alle Informationen, die du erhalten hast.
Auch klare Absagen sind wertvoll und sollten dokumentiert werden. Das gibt einem Antrag auf Sonderregelung Gewicht. Egal was passiert, du hast etwas gewonnen.
Ein paar Worte zur Warteliste
Manche Ts haben ihre Warteliste geschlossen. Das ist oft der Fall, wenn diese über 18 Monate lang ist.
Manche Ts haben eine Warteliste für ihre Warteliste. Wer sich nicht regelmäßig zurück meldet, schafft es nicht auf die eigentliche Warteliste. Frag nach, in welchen Abständen es der T recht wäre, dass du dich zurück meldest. Trag dir das Datum auf deiner Karte und im Kalender ein. Für solche Rückmeldungen reicht es aufs Band zu sprechen, du musst dafür nicht unbedingt eine Telefonsprechstunde nutzen.
Wartezeiten unter 6 Monaten sind selten, aber manchmal geht es doch schneller als erwartet. Die meisten Suchenden lassen sich überall auf die Warteliste setzen, nehmen dann ja aber nur einen T und fallen so aus allen anderen Wartelisten raus.
Wir haben mit Ts gesprochen, die keine Warteliste haben, sondern den Zufall entscheiden lassen, oder die ihre Patienten aus einem Pool von Anfragen losen. Wir halten das für einen verantwortungslosen Umgang mit Traumatisierten, denen ohnehin schon oft das Gefühl fehlt, irgendetwas beeinflussen zu können.
Bei den meisten Ts kommt man mit Geduld doch irgendwann ans Ziel.
Mit dem neuen Therapeutengesetz ist es theoretisch möglich eine persönliche Sprechstunde zu nutzen, in der die T die Notwendigkeit einer akuten Behandlung feststellen kann.
Seit 2017 gibt es dann Notfallsprechstunden, begrenzt auf 10 Sitzungen. Das führt in der Regel aber nicht dazu, dass du damit eine Warteliste umgehen kannst. Nach 10 Sitzungen steht man oft wieder auf der Straße. Es ist nicht einmal gegeben, dass man die Stunden beim selben Therapeuten hat. In der Praxis winken Ts schon ab, bevor man „Notfallstunden“ zu Ende gesagt hat.
Es lohnt sich trotzdem eine persönliche Sprechstunde wahrzunehmen, sollte man die Gelegenheit haben. Dann kann man sich schon einmal ein Bild machen und weiß im Zweifelsfall, worauf man so lange wartet. Und das hilft beim Durchhalten.
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Sortieren und Neuorganisieren
Therapeuten, deren Wartelisten geschlossen sind kannst du jetzt aussortieren. Vielleicht fragst du nach einem größeren Zeitraum noch mal dort nach. Schmeiß deine Karteikarten nicht weg.
Dir bleiben Ts, auf deren Warteliste du stehst. Mach dir eine Kalenderübersicht, wann du dich dort zurückmelden willst um den Wartelistenplatz zu bestätigen oder zu fragen, auf welchem Platz du inzwischen bist und wie lange die aktuelle Wartezeit etwa beträgt.
Dann heißt es warten.
Schau immer mal wieder nach, ob es in deiner Stadt einen neuen T gibt. Wenn die gerade erst anfangen, haben sie oft noch keine Warteliste.
Kostenübernahmeverfahren oder: Durchbeißen
Die Krankenkasse ist dazu verpflichtet dir in einem sinnvollen Zeitrahmen Therapie zu ermöglichen.
Eigentlich besteht die Regelung, dass die Krankenkasse, sollte kein T mit Kassenzulassung verfügbar sein, auch die Kosten für einen ebenso qualifizierten anderen T übernimmt.
Hier kommen deine Karteikarten und genaue Dokumentation ins Spiel. Kannst du nachweisen, dass du von mindestens 5 Therapeuten abgelehnt wurdest oder deren Wartelistenzeiten unzumutbar sind (das hat man mit etwas „Glück“ in 2 Wochen zusammen) greift die Sonderregelung. Besprich das mit deiner Krankenkasse. Je genauer du dokumentierst, desto mehr hast du in der Hand.
Das neue Therapeutengesetz mit den vorgesehenen Notfallsprechstunden wird von einigen Krankenkassen dafür missbraucht, Sonderregelungen abzulehnen (es sei ja eine Versorgung vorhanden). Sollte es dir passieren, dass du von deiner Krankenkasse mehrfach in Notfallsprechstunden geschickt wirst, obwohl du eine nicht-kassenzugelassene T hast, die bereit wäre dich zu behandeln, dokumentiere auch das. Das wird dann ein Kampf, aber wenn man alles notiert, kann man nachweisen, wie unzumutbar das gesamte Verfahren ist. (Nicht alle Krankenkassen sperren sich in diesem Bereich, aber einige große tun es.) Sollte es dazu kommen, können oben genannte Beratungsstellen dich in deinem Kampf um Therapie unterstützen.
Ich will dir nicht alle Hoffnung nehmen, sondern dir ein realistisches Bild der Lage geben, damit du weißt, was auf dich zukommt.
Der Weg zu richtiger Traumatherapie ist oft lang und schwierig. Für manche ist es einfacher ihre Therapie aus eigener Tasche zu zahlen. Manche können das nicht. Die Unterversorgung besteht und ist gerade im Bereich Trauma enorm. Mit Geduld und Beharrlichkeit kommt man aber meistens doch ans Ziel.
Fragen fürs Erstgespräch (cPTBS)
Fragen fürs Erstgespräch (DIS)
Anna says
Kennt ihr die Klinik Hohe Mark (Oberursel). Die bieten auch Traumatherapie an. Wenn ihr sie kennt, ist sie zu empfehlen?
Theresa says
Ich finde es ist schwierig eine Klinik zu empfehlen, weil man nie weiß an wen man da kommt. Bei der Hohe Mark muss man wissen, dass die christlich geprägt sind. Von der Trauma Therapie hab ich bis jetzt nur gutes gehört. Die bieten ego-state Ansätze an, wie das mit DIS ist weiß ich nicht. Ich glaube es gibt schlimmere Kliniken, aber mit dem christlichen muss man irgendwie klar kommen.
Anna says
Ich hatte dort ein Vorgespräch. ich finde die Regeln sehr strikt – bei der ersten selbstverletzung wird man entlassen. Ich kenne das so nicht. Ist das die Regel? Ich weiß klinik Empfehlungen sind schwer auszusprechen…könntest du trotzdem ein paar Kliniken nennen, die sich mit der DIS ganz gut auskennen?
Theresa says
Ich kann keine Kliniken empfehlen. Es hängt zu viel davon ab, an wen man da kommt und das ändert sich zusätzlich auch noch ständig, weil die so einen großen Durchlauf haben. Wer soll denn da immer auf dem laufenden bleiben? Du findest hier eine Liste von Kliniken mit Traumastationen oder Traumaprogrammen. Aussortieren kannst du von vorne herein alles, was DBT-PTBS anbietet oder ‘intensive’ Kurzzeittherapie. Das sind Hinweise, dass dort für DIS ungeeignete Verfahren verwendet werden. Den Rest muss jede*r selbst entscheiden. Das kann von außen einfach niemand sagen. Selbst die Klinik, in die wir gehen, kann ich nicht vorbehaltlos empfehlen, weil es mehr an unseren Eigenheiten liegt, dass das passt und an Mitarbeitenden, die sich an einer Hand abzählen lassen. Besser als eine Liste anzubieten und Menschen selber wählen zu lassen wird es nicht, wenn man verantwortungsvoll sein will.