Wer traurig ist, braucht Trost. Es kann sein, dass wir das Konzept von Trost nicht kennen, weil wir das nie hatten oder uns hinter einem dicken Panzer verstecken mussten, weil Trauer zu groß gewesen wäre, um sie alleine auszuhalten. Sich auf Trost einzulassen, benötigt dann Mut. Der emotionale Schmerz kommt manchmal sehr plötzlich über einen, wenn jemand uns ein nettes Wort oder eine Geste anbietet und das erinnert an einen gebrochenen Staudamm. Die Grundlage für alles was wir in solchen Situationen tun ist ein sanfter Umgang mit uns selbst, weicher werden und uns nicht gegen Gefühle wehren. Je sanfter wir werden, desto weniger stehen wir uns selbst im Weg. Wir drücken die Trauer nicht weg, sondern wickeln uns vorsichtig um sie herum, um diesen Ort in uns zu schützen.
Trost in Gemeinschaft
Trost findet wie Co-Regulation ganz natürlich innerhalb einer sicheren Beziehung statt. Jemand anderes sitzt mit uns mit der Trauer und hält das aus, gibt uns dabei ein Gefühl von Halt und damit eine größere Fähigkeit, die Schwere der Trauer zu tragen. Mitgefühl, freundliche Worte, räumliche Gegenwart, möglicherweise sanfte Berührung und ein allgemeines Kümmern durch eine andere Person, kann uns in unserem Prozess unterstützen. Leider ist Trauern gesellschaftlich nicht mehr so anerkannt und Menschen neigen dazu, den Prozess künstlich abkürzen zu wollen. Solchen Menschen müssen wir aus dem Weg gehen oder Grenzen setzen. Die Menge an blöden Sprüchen, die man da hört, ist unverschämt und auch Zeichen dieser Zeit. Wir nehmen uns trotzdem so viel Raum dafür, wie nötig und suchen uns gezielt Menschen, die Trauer selbst kennen und das aushalten. In Therapie gibt es manchmal die Unart, zu behaupten, wir müssten alles alleine schaffen, was unsere Emotionsregulation angeht. Bullshit! Es ist der natürlichste Umgang mit Trauer den es gibt, die in Beziehung zu teilen und sich gegenseitig zu trösten. Pflege in Kliniken hat dafür nur selten Zeit und grundsätzlich manchmal jedes Verständnis von Co-Regulation verloren. Es ist normal und gesund, Trost bei Menschen zu suchen. Nur wenn das nicht geht, wählen wir andere Mittel.
Innerlich zusammenstehen
Wir können uns innerlich auch gegenseitig trösten und damit unsere Verbundenheit stärken. Wir stellen uns dafür gerne vor, zusammen im Kreis am Lagerfeuer zu sitzen. Dann dürfen alle die wollen erzählen, was weh tut und worüber sie traurig sind. Sprechen hilft. Wenn wir traurig sind, weil eine Person unser Leben verlassen hat, tauschen wir Geschichten über die Person aus und erinnern uns zusammen. Bei der Menge an Ts, die wir schon hinter uns gelassen haben, war es sinnvoll, eine Art Gedenkritual zu entwerfen. Wenn wir innen zusammen stehen, dann sind wir nicht alleine. Niemand muss mit Trauer alleine bleiben. Zusammen trägt es sich ein wenig leichter. Wir können uns von Personen Außen abschauen, wie trösten geht und das Innen selbst anwenden.
Gemeinsame symbolische Handlungen
Das anzünden einer Kerze hat sich für uns langfristig als ein gutes Ritual hervorgetan. Dann sitze ich mit der Kerze, wie ich mit der Trauer sitze, so als hätte ich diese sichtbar gemacht. Jede Form von kreativem Ausdruck hilft und eröffnet einen neuen Umgang. Dazu hab ich nur nicht immer die Kraft. Trauer kann bleiern schwer sein und lähmen und es ist ok, dann nicht viel zu tun. Zum Gedenken an etwas oder jemanden zünde ich eine spezielle Kerze an und daran, wie sie runter brennt, erkenne ich auch, wie viel ich schon gedacht und getrauert habe. Das kann Innenkindern zeigen, dass sie nicht vergessen oder übergangen sind in ihrem ertragenen Leid und gibt dem, was wir an Trauer leisten, sowas wie ein Volumen. Wir wiegen die Ungerechtigkeit mit unserem Gedenken auf.
Sensorische Unterstützung
Ich halte es für wirklich wichtig, Trauer aktiv zu gestalten und es uns so gut wir können einfacher zu machen. Wenn wir schon in einer dunklen Höhle sind, darf die mit Decken und Kissen ausgestattet sein. Wir erreichen Erleichterung, indem wir über die Sinne Einfluss nehmen und dafür können wir in unserem Büchlein für Genuss spicken. Es sind interessanterweise oft die selben Dinge, die wir unter normalen Umständen genießen, die auch tröstend wirken. Wenn wir trauern, nehmen wir sie nur völlig anders wahr. Dann werden sie zu einem kleinen Pflaster auf einer großen inneren Wunde, gerade ausreichend, um uns etwas Erleichterung zu schenken. Ohne wäre es aber noch schwieriger. Wer trauert, darf sich auch Dinge leisten, die als was besonderes gelten oder sonst nur als Belohnung dienen.
Lebensmittel als Trost?
Essen tröstet. Das ist immer wieder ein umstrittenes Thema, weil man das falsch einsetzen kann, aber erst einmal ist das eine Realität. Lieblingsessen ist erlaubt, wenn es gerade sehr traurig ist. Über-essen führt nur zu Taubheit und das ist nicht sinnvoll und passiert schnell. Essen sollte also sehr gezielt und begrenzt eingesetzt werden. Dann kann uns das unterstützen und einen Moment von Ruhe und etwas Licht im Dunkeln geben. Ich habe inzwischen eine kleine heiße-Schokolade-Bar mit allen möglichen Schokoladen, weil warme, süße Getränke im Körper nun mal dafür sorgen, dass schwere Gefühle weniger schwer werden. Das gibt es nicht oft, aber wenn, dann richtig. Es geht hier ums Maß, um zu verhindern, dass es zur Routine wird und nicht mehr bewusst wahrgenommen wird.
Tastsinn
Neben Lebensmitteln wäre es gut, auch andere Wege zu haben, um sich zu trösten. Es sind noch andere Sinne übrig. Bei uns haben alle Kindanteile ihr eigenes Kuscheltier, weil kuscheln hilft und weil man nie zu alt ist für Kuscheltiere. Das zählt als notwendige Anschaffung. Wir mögen die von Jellycat am liebsten. Eins unserer Kuscheltiere ist das allgemein anerkannte Trauma-Trost Kuscheltier und wird von allen verwendet, wenn es besonders schwer ist. Das hat sich ohne Absicht so entwickelt.
Neben Kuscheltieren helfen auch Kuscheldecken, Lieblingskissen, Decken und insbesondere Gewichtsdecken. Das gibt uns schon einmal etwas angenehmes zum tasten. Meine Trostdecke hat eine speziell dafür ausgesuchte Oberfläche, die wir angenehm finden. Menschliche Berührung ist sehr wirksam, nur nicht allen zugänglich. Falls das möglich ist, kann man Massagen buchen, und das hat auch einen Effekt. In sehr vertrauensvollen Beziehungen sind manchmal Formen von Berührung wie Umarmungen, kuscheln oder ähnliches möglich und wenn das geht, ist es mit Gold nicht aufzuwiegen. Haustiere werden dabei oft als ausreichend sicher wahrgenommen.
Andere Sinne
Ansonsten können wir schauen, was es tröstendes für die anderen Sinne gibt. Bestimmte Musik, Hörspiele oder Hörbücher oder eigene Aufnahmen könnten helfen. Ich hab uns die Lieblingsgeschichten, die wir seit vielen Jahren lesen, wenn es uns nicht gut geht, als Hörbücher aufgenommen. An Tagen, an denen lesen nicht geht, können die Kleinen sich das trotzdem anhören und es ist fast so, als würde ich es ihnen live vorlesen. Summen und singen von erwachsenen Anteilen kann zeigen, dass wir da sind und trösten. Das ist noch etwas wirksamer als die Spieluhr, die wir für bestimmte Anteile laufen lassen. Andere Menschen können uns auch etwas aufnehmen und ihre Stimme zu hören, so als wäre sie gerade da, kann einen starken positiven Effekt haben. Zusätzlich spiele ich gerne mit Düften herum und an Tagen, an denen alles etwas empfindlicher ist, packe ich Vanilleduft aus.
Bei euch werden Dinge, die trösten, sicher etwas andere sein. Nehmt euch Zeit, um zu sammeln, was euch hilft und beachtet dabei, was den Kleinen und was den Großen gefällt. Wir brauchen alle Trost. Macht euch speziell eine Liste von non-food Tröstern, um Problemen mit dem Essverhalten vorzubeugen.
Trauer ist physiologisch gesehen recht nah dran an einer Shutdown Reaktion. Der Körper verlangsamt. Manchmal landet man in der Taubheit. Das ist nicht ungewöhnlich und auch nicht verboten. Wir tun, was wir können und darüber hinaus brauchen wir keinen Druck auf uns auszuüben. Es ist schon schwer genug.
Eine sinnvolle Übung, wie man Trauer innerlich sicher halten kann, findet ihr am Ende dieses Artikels